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Aus in der Champions League Bayerns Alptraum ist Real

0:4 gegen Real Madrid: So eine Niederlage hat es für den FC Bayern noch nie gegeben. Guardiola verlor das Trainerduell gegen Ancelotti, der frustrierte Ribéry ohrfeigte einen Gegenspieler. Was war los? Alles Wichtige zur Münchner Blamage.
Aus in der Champions League: Bayerns Alptraum ist Real

Aus in der Champions League: Bayerns Alptraum ist Real

Foto: JOHN MACDOUGALL/ AFP

Die Ausgangslage: Das Hinspiel in Madrid hatte Real vergangene Woche noch 1:0 gewonnen, durch einen Treffer von Karim Benzema. Ähnlich wie zuvor Manchester United hatten sich auch die Spanier eingeigelt und auf gelegentliche Spitzen durch Konter gesetzt. Die Bayern konnten die dichte Abwehr nicht durchdringen. Soweit das Sportliche.

Die gefühlte Ausgangslage: Ein Aus im Halbfinale gegen Real Madrid und diese Saison wäre eine Enttäuschung. Trotz Rekord-Meisterschaft. Trotz Finaleinzug im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund am 17. Mai. So souverän und rauschhaft haben die Münchner große Teile dieser Spielzeit absolviert, so gestärkt wirkten sie unter ihrem Star-Trainer Josep Guardiola, dass das erneute Triple schon als ausgemacht galt. Doch dann kamen Niederlagen gegen Augsburg (!), Dortmund und eben Madrid. Und das Selbstvertrauen schwand. "Die Sicherheit und die absolute Kontrolle" waren weg, so Thomas Müller. Es gab bessere Stimmungslagen, um in ein CL-Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid zu gehen.

Das Ergebnis: 0:4 (0:3). Ja: Nullzuvier.

Die Startaufstellungen im Überblick:


Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Schweinsteiger, Kroos - Robben, Müller, Ribéry - Mandzukic
Madrid: Casillas - Carvajal, Pepe, Sergio Ramos, Coentrao - Xabi Alonso, Modric, Di María - Bale, Cristiano Ronaldo, Benzema

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Bayerns Halbfinal-Aus: Null Tore, null Chance

Foto: Adam Pretty/ Bongarts/Getty Images

Vor dem Anpfiff: Das Münchner Publikum hatte eine riesige Choreografie aufgeführt. Zentrale Aussage: "Immer weiter". Doch zunächst wurde zweier gestorbener Trainer gedacht und eine Schweigeminute für Tito Vilanova und Vujadin Boškov eingelegt.

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Bayern vs. Real: Zwei Doppelpacks ins Bayern-Herz

Foto: Adam Pretty/ Bongarts/Getty Images

Die erste Hälfte: Wer eine Fortsetzung des Hinspiels erwartet hatte, also Defensivfußball der Spanier, der sah sich schnell eines Besseren belehrt. Real spielte offensiv, mutig. Die Kurzform für die ersten beiden Treffer lautete: Standardsituation für Madrid, Flanke, Kopfballtor von Sergio Ramos. In der 16. Minute und in der 20. Minute wuchtete der spanische Innenverteidiger den Ball ins Münchner Tor. Danach waren die Bayern, die nun vier Tore hätten schießen müssen, offensiver. Die Folge war das 3:0 durch den "BBC"-Sturm: Cristiano Ronaldo verwandelte einen Konter, Karim Benzema und Gareth Bale hatten vorbereitet.

Sergio Ramos: Erst geköpft, dann gebrüllt

Sergio Ramos: Erst geköpft, dann gebrüllt

Foto: Bongarts/Getty Images

Halbzeitanalyse des Spiels: "Jetzt gibt es nicht mehr viel zu tun", sagte Joachim Löw bei Sky. Der Bundestrainer wird gut zu tun haben, um seine Münchner Nationalspieler rechtzeitig zur WM wieder aufzumuntern.

Die zweite Hälfte: Probiert haben sie es, die Bayern, doch noch ein Tor zu schießen in diesen 180 Minuten gegen Real Madrid. Aber entweder wurden die ungezählten Flankenversuche geblockt oder die Real-Abwehr war zur Stelle. Das Team von Trainer Carlo Ancelotti spielte nur noch die wirklich einladenden Kontersituationen zu Ende. Der eingewechselte Mario Götze hatte die beste Bayern-Chance (75. Minute), schoss aber über das Tor. In der 90. Minute traf Ronaldo mit einem unter der Mauer durchgeschossenen (!) Freistoß zum 4:0-Endstand.

Trainer-Fuchs des Spiels: Das war ganz klar Carlo Ancelotti. Der Italiener bewies in München genau das, was Dortmunds Jürgen Klopp von seinen Spielern vor dem Viertelfinale des BVB in Madrid gefordert hatte: Cojones. In der deutschen U-16-Übersetzung: Mumm. Ancelotti ließ sein Team - anders als von vielen erwartet - nicht wie im Hinspiel tief verteidigen und nur kontern. Real Madrid stand diesmal hoch, setzte die Münchner viel früher unter Druck. Und die Mannschaft von Josep Guardiola wusste keine Antwort darauf. Und ihr Trainer offensichtlich auch nicht. "Wir wollten es besser machen als im Hinspiel: mehr Druck ausüben, mehr Ballkontrolle, und natürlich kontern. Das ist uns ganz gut gelungen", sagte Ancelotti nach der Partie.

Real-Trainer Ancelotti: Mutig gegen die Münchner

Real-Trainer Ancelotti: Mutig gegen die Münchner

Foto: CHRISTOF STACHE/ AFP

Hashtag des Spiels: Dieser Begriff während der Partie der Bayern bei Twitter sprach Bände - #verkackmas

Der Freigänger des Spiels: Nein, nicht Uli Hoeneß. Der verurteilte Ex-Bayern-Präsident saß zwar auf der Tribüne, doch deutlich mehr Bein- und vor allem Kopffreiheit genoss Sergio Ramos. Dass der Doppeltorschütze ein überragender Kopfballspieler ist, ist nicht neu. Dennoch ließen David Alaba und Dante dem Spanier vor dem 1:0 reichlich Platz für Anlauf und Absprung. Beim 2:0 hatte Mario Mandzukic seinen Gegenspieler aus den Augen verloren. Ganz nebenbei räumte Ramos übrigens in der Defensive gemeinsam mit Nebenmann Pepe auch noch alle Flanken ab.

Der Spieler des Spiels: Er hat nicht dieses Supermann-artige eines Cristiano Ronaldo oder eines Gareth Bale an sich. Zu sagen, Luka Modric sei ein schöner Mann, wäre gelogen. Zu sagen, Luka Modric sei ein sehr guter Fußballer, wäre untertrieben. Während den Münchnern fast ausnahmslos der Mut im Angesicht dieser Aufgabe abhanden gekommen schien, wurde der Kroate immer lockerer und lässiger. Als neutraler Zuschauer muss man sagen: Danke, Luka Modric, für einen tollen Fußball-Abend. Aus Bayern-Sicht: Hätte dieser Modric nicht zu Hause bleiben können?

Der Aussetzer des Spiels: Wollte man nun alle sportlichen Verfehlungen der Bayern aufzählen, ginge der Platz aus (selbst im Internet). Daher soll hier nur eine Szene erwähnt werden, die auf keinem Fußball-Feld der Welt etwas zu suchen hat. Kurz vor der Halbzeit verpasste der sichtlich genervte Franck Ribéry dem Madrilenen Daniel Carvajal eine Ohrfeige. Schiedsrichter Pedro Proença aber hatte die Tätlichkeit nicht gesehen, so blieb Ribéry der verdiente Platzverweis erspart.

Reals Carvajal, Bayerns Ribéry: Ohrfeige kurz vor der Halbzeit

Reals Carvajal, Bayerns Ribéry: Ohrfeige kurz vor der Halbzeit

Foto: Martin Rose/ Bongarts/Getty Images

Mitläufer des Spiels: Toni Kroos ist ein überragender Kicker, an guten Tagen gehört der 24-Jährige zu den elegantesten Mittelfeldspielern Europas. So ein Tag war der Dienstag nicht. Kroos verlor viele Bälle unter dem Druck der Pressingmaschinen Xabi Alonso und Modric. Vor dem 0:3 wirkte das Kroos'sche Umschaltspiel etwa so zügig wie der Flughafenbau in Berlin. Im Joggingtempo zuckelte Kroos hinter den Sprintern Bale und Ronaldo her. Erst in der zweiten Hälfte wagte Kroos mal ein, zwei Torschüsse. Leidenschaft sieht irgendwie anders aus.

Der Rekord des Spiels: Lediglich 16 Ballkontakte hatte Ronaldo im Hinspiel gehabt, ein Minusrekord für den Weltfußballer. Doch Ronaldo wäre nicht Ronaldo, wenn er nicht eine Woche später wieder groß auftrumpfen würde (nachdem er am Wochenende in der Liga bereits zwei Tore erzielt hatte): Sein Treffer zum 3:0 war sein 15. im laufenden Champions-League-Wettbewerb - Rekord! Lionel Messi hatte in der Saison 2011/2012 14-mal getroffen. In der letzten Minute setzte Ronaldo noch einen drauf und ließ Nummer 16 folgen.