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Börsenbeben Dax schließt mit größtem Verlust seit 09/11

Die Kurse der Aktienmärkte stürzen wegen der Corona- und Ölpreiskrise ab. Der Dow Jones Industrial in den USA verlor wie seit der Finanzkrise 2008 nicht mehr, der Dax sogar so viele Punkte wie zuletzt 2001.
Börsenhändler in Frankfurt haben eine Fülle an Hiobsbotschaften zu verarbeiten

Börsenhändler in Frankfurt haben eine Fülle an Hiobsbotschaften zu verarbeiten

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TORSTEN SILZ/ AFP

Der Ölpreiskonflikt zwischen Saudi-Arabien und Russland und die Coronavirus-Krise haben am Montag Börsenkurse in aller Welt einbrechen lassen. Der Deutsche Aktienindex (Dax) schloss um 7,94 Prozent tiefer bei 10.625 Punkten - der größte prozentuale Tagesverlust seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Zwischenzeitlich hatte der Dax fast 1000 Punkte eingebüßt. Der MDax der mittelgroßen Börsentitel ging am Ende um 6,70 Prozent tiefer aus dem Handel und stand damit bei 23.091 Punkten.

Auch in den USA stürzten die Aktienkurse ab. Der Dow Jones Industrial büßte 7,8 Prozent ein, das ist der größte Verlust seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Mit 23.851 Punkten fiel er auf den tiefsten Stand seit Anfang des vergangenen Jahres. Angesichts starker Kursverluste wurde der Handel vorübergehend sogar ausgesetzt. Damit griff eine Regelung, die zur Finanzkrise 2008 eingeführt wurde, um allzu große Kursausschläge zu verhindern. In den vergangenen zwei Wochen hatte der Dow bereits fast elf Prozent verloren, belastet vor allem von den drohenden Folgen des Coronavirus für die weltweite Wirtschaft.

Der Leitindex der Eurozone, der EuroStoxx 50, sackte um 8,45 Prozent auf 2959,07 Punkte ab. Ähnlich deutlich ging es auch in Paris und London nach unten. Der italienische Leitindex FTSE MIB krachte um mehr als 11 Prozent in die Tiefe.

Die Aktienmärkte in Asien schlossen ebenfalls mit hohen Verlusten. An der Leitbörse in Tokio stürzte der Nikkei-Index 225 um mehr als 1000 Punkte unter die Marke von 20.000 Punkten. Am Ende ging er rund 5 Prozent tiefer aus dem Handel.

Wegen wachsender Sorgen durch das Coronavirus und die zusätzliche Gefahr eines Ölpreiskrieges flohen Investoren aus dem Aktienmarkt und flüchteten in sichere Häfen. Börsianer befürchten, dass der weltweite Ausbruch des Coronavirus eine Rezession auslöst, weil zur Eindämmung der Krankheit Fabriken geschlossen, Reisen abgesagt und Käufe verschoben werden. "Italien, Frankreich und Deutschland stehen voraussichtlich bereits in der Rezession", sagte Ulrich Stephan, Chefstratege bei der Deutschen Bank.

Der nächste schwarze Schwan

Am Wochenende hatte Saudi-Arabien als Reaktion auf die russische Blockade einer weiteren Drosselung der Ölförderung Preise gesenkt und eine Ausweitung der Produktion angekündigt. Daraufhin brach der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee um bis zu 31,5 Prozent auf 31,02 Dollar je Barrel  ein und steuerte auf den größten Tagesverlust seit dem Golfkrieg 1991 zu.

Dem Terminkontrakt auf die US-Sorte WTI drohte mit einem Rückgang von bis zu 33,8 Prozent das größte Minus seiner fast 40-jährigen Geschichte. Der Ölpreiskrieg sei zum nächsten "schwarzen Schwan" an der Börse geworden, sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. Der Begriff bezeichnet ein seltenes, unvorhersehbares Ereignis mit großen Auswirkungen.

Die Börsianer könnten die Fülle der Hiobsbotschaften nicht mehr angemessen verarbeiten, sagte Portfoliomanager Thomas Böckelmann vom Vermögensverwalter Euroswitch. "Vielmehr wird der Ur-Fluchtinstinkt geweckt, der mittlerweile skurrile Züge annimmt, ob vor dem Supermarktregal oder an den Börsen."

Der MSCI-Weltindex fiel zeitweise um mehr als fünf Prozent. "Gegenwärtig bestimmt die blanke Angst die Entwicklung an den Märkten", sagte Etsy Dwek, Chef-Anlagestrategin beim Vermögensverwalter Natixis. Der März dürfte schwierig bleiben. "Allerdings erwarten wir weitere geld- und fiskalpolitische Stimuli in den USA und Europa." Dies werde die Märkte mittelfristig stabilisieren.

Flucht in Anleihen und Gold

Zuflucht suchten Anleger in Staatsanleihen und bestimmten Währungen. So stiegen am deutschen Rentenmarkt die Kurse der Bundeswertpapiere deutlich, während die Renditen entsprechend heftig in den Keller rauschten: Die Umlaufrendite sackte auf ein Rekordtief von minus 0,82 Prozent. Der Euro legte ebenfalls stark zu und notierte zuletzt bei 1,1467 US-Dollar.

Die "Antikrisen-Währung" Gold war mit 1702,56 Dollar je Feinunze zeitweise so teuer wie zuletzt vor gut sieben Jahren. Allerdings gab der Kurs später nach. Viele Anleger mussten Gold verkaufen, um Verluste an anderen Märkten auszugleichen.

Anleger befürchten, dass Zahlungsausfälle bei Firmenanleihen Banken in Bedrängnis bringen. Die Papiere der Deutschen Bank brachen um mehr als 13 Prozent ein und waren damit größter Verlierer im Dax, die Commerzbank-Titel kamen auf ein Minus von gut 15 Prozent. In den USA gehörten die Titel von JPMorgan oder Goldman Sachs zu den schwächsten Werten. "Die Institute müssen jetzt um ihre Kredite fürchten, die sie an die Ölindustrie vergeben haben", sagte CMC-Experte Stanzl.

dab/dpa/Reuters