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Senkung des Rentenbeitrags Mini-Ersparnis für Arbeitnehmer

Die Regierung will den Rentenbeitrag zum 1. Januar 2013 auf 19 Prozent senken. Doch Arbeitnehmer profitieren kaum. Durchschnittsverdiener werden um gerade einmal neun Euro entlastet.
Senioren mit Gehstöcken: Streit um drei Tassen Cappuccino

Senioren mit Gehstöcken: Streit um drei Tassen Cappuccino

Foto: Oliver Berg/ dpa

Berlin - Die von der Bundesregierung geplante Senkung des Rentenbeitrags von 19,6 auf 19,0 Prozent zum 1. Januar 2013 entlastet die Arbeitnehmer kaum. Wie aus Berechnungen des Ökonomen Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin hervorgeht, können die Steuerzahler nur mit einem monatlichen Plus von maximal 13 Euro rechnen. Der Höchstbetrag greift allerdings erst ab einem Bruttolohn von mehr als 5000 Euro pro Monat. Für einen Durchschnittsverdiener mit einem Monatseinkommen von 3300 Euro liegt die Entlastung dagegen gerade einmal bei knapp neun Euro - dem Gegenwert von drei Tassen Cappuccino.

Dass die Entlastung vergleichsweise gering ausfällt, hat mit einer komplizierten Regel im Steuerrecht zu tun: Die Bundesbürger können jedes Jahr einen höheren Teil ihres Beitrags zur Rentenversicherung von der Steuer absetzen. 2013 steigt der Anteil von 48 auf 52 Prozent. Weil aber der Rentenbeitrag sinkt, reduziert sich auch der absetzbare Betrag. Entsprechend vermindert sich der Einspareffekt für den Steuerzahler.

Wie stark der Beitragssatz zur Rentenversicherung tatsächlich sinkt, wird erst im Herbst definitiv feststehen. Geplant ist, dass das Kabinett am 29. August über die Vorschläge entscheidet. Jüngsten Berichten zufolge ist sogar eine Absenkung auf 18,9 Prozent denkbar.

Streit um die Zuschussrente

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen begründet ihre Pläne mit der aktuell sehr positiven Finanzentwicklung der Rentenversicherung. Die CDU-Politikerin stößt mit ihrem Vorhaben, die Entlastung der Beitragszahler mit ihrer umstrittenen Zuschussrente zu verknüpfen, allerdings auf großen Widerstand bei Koalitionspolitikern, der Opposition und Gewerkschaften. So legte das Wirtschaftsministerium unter Führung von Philipp Rösler (FDP) am Donnerstag, kurz nachdem die Ministerin den Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben hatte, Einspruch ein.

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums bestätigte einen Bericht der "Welt", wonach das Wirtschaftsressort die Koppelung beider Vorhaben für nicht akzeptabel hält. Die Senkung des Beitrages zur Rentenversicherung 2013 könne isoliert erfolgen. Auch hält Rösler die Beratungszeit für zu knapp.

Schon seit Monaten sperren sich insbesondere FDP und Arbeitgeber gegen von der Leyens Pläne für eine Zuschussrente bis zu 850 Euro, die ab 2013 langjährige Beitragszahler der Rentenversicherung mit geringen Einkommen vor dem Gang zum Sozialamt bewahren soll. Aber auch die Mittelstandsunion der CSU kritisierte, den Beitragszahlern würden "mit der künstlichen Aufstockung von Renten" die Kosten staatlicher Sozialausgaben aufgebürdet. Ein geplanter Vorsorgezwang für Selbständige sei unnötig, sagte der Vorsitzende der Organisation, Hans Michelbach.

Die SPD-Arbeitsmarktexpertin Anette Kramme forderte eine Überarbeitung des Rentenpakets. Kramme hält auch die nach geltender Gesetzeslage vorgeschriebene Beitragssenkung für falsch. Es sei sinnvoller, stattdessen die Reserven der Rentenversicherung aufzusparen oder für Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente zu verwenden.

Auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach pocht darauf, auf die Senkung der Rentenbeitragssätze zu verzichten und die Mittel in die Bekämpfung der Altersarmut zu investieren. Es sei absolut unverantwortlich, die Rücklagen der Rentenversicherung aufzubrauchen, "und sie nicht zur Bekämpfung der drohenden Altersarmut einzusetzen", sagte sie.

Der rentenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias Birkwald, warf von der Leyen vor, ihr neuer Entwurf bringe für Geringverdiener ohne Kinder Verschlechterungen gegenüber ihren früheren Plänen. Kindererziehungs- und Pflegezeiten würden bei der Zuschussrente nun zwar stärker gewertet, aber zu Lasten Kinderloser. Während ursprünglich alle Kleinstrenten bis zur Obergrenze von 850 Euro verdoppelt werden sollten, würden sie für Kinderlose nun nur noch auf das 1,5fache erhöht, bei Kindererziehungs- und Pflegezeiten aber auf das 2,5fache.

mit Material von Reuters und dapd