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Verbraucherschützer warnen "Die Pflegekosten sind eine tickende soziale Zeitbombe"

Mehr als 2000 Euro im Monat müssen Menschen hierzulande im Schnitt für ein Leben im Pflegeheim aufbringen. Die Verbraucherzentralen sehen darin sozialen Sprengstoff - und fordern einen Zuschuss aus Steuergeldern.
Frau und Pflegerin in einem Heim: "Es gibt bei den Eigenanteilen Steigerungsraten wie sonst höchstens bei Berliner und Münchner Mieten"

Frau und Pflegerin in einem Heim: "Es gibt bei den Eigenanteilen Steigerungsraten wie sonst höchstens bei Berliner und Münchner Mieten"

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Christoph Schmidt / dpa

Angesichts immer höherer Zuschläge für die Pflege im Heim fordern Verbraucherschützer ein Gegensteuern der Bundesregierung. "Die Pflegekosten sind eine tickende soziale Zeitbombe", sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. "Es gibt bei den Eigenanteilen Steigerungsraten wie sonst höchstens bei Berliner und Münchner Mieten."

Spätestens wenn die Corona-Pandemie ein wenig mehr im Griff sei, müsse die Pflegefinanzierung Thema Nummer eins auf der Agenda von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werden, forderte Müller.

Pflegebedürftige müssen für die Heimbetreuung immer mehr selbst beisteuern. Im bundesweiten Schnitt stiegen die zu zahlenden Anteile über die Marke von 2000 Euro im Monat, wie aus Daten des Verbands der Ersatzkassen mit Stand 1. Juli hervorgeht. Im Schnitt sind nun 2015 Euro fällig und damit 124 Euro mehr als Mitte 2019.

Vzbv fordert automatische Anpassung der Leistungssätze

Dabei gibt es große regionale Unterschiede. In den Summen ist zum einen der Eigenanteil für die reine Pflege enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt - anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen aber noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und für Investitionen in den Heimen dazu.

Vzbv-Chef Müller forderte: "Die Leistungssätze der Pflegeversicherung müssen jährlich und automatisch angepasst werden - orientiert an der Inflationsrate und den Personalkosten." Dies könne nicht immer endlos verschoben werden.

Zudem gebe es eine gesamtgesellschaftliche Finanzierungsverantwortung. "Deswegen braucht es einen Bundeszuschuss aus dem Steueraufkommen für die Pflege", sagte Müller. So könne das Risiko "weder allein auf die Pflegebedürftigen noch allein auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Beitragszahler" verlagert werden.

"Niemand möchte schlecht bezahlte Pflegekräfte"

Müller sagte, für die dynamische Kostenentwicklung gebe es Gründe. "Niemand möchte schlecht bezahlte Pflegekräfte, sonst findet man auch keine mehr. Und natürlich wünscht man sich ein angemessenes Umfeld für Menschen in dieser Lebensphase. Das hat aber einen Preis."

In der Pflicht seien auch die Länder. Der Aufgabe, die Infrastruktur der Heime zu finanzieren, kämen sie in der Regel nicht richtig nach.

Spahn will die Debatte über eine Pflegereform im Herbst neu starten. Dann soll auch klar sein, wie sich die Pandemie insgesamt auf die Sozialkassen auswirkt.

kko/dpa