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Forscher ermitteln Risiko-Zeitpunkt Wann begehen Menschen Suizid?

In einer Studie ermitteln Wissenschaftler erstmals die Jahres- und Tageszeit mit dem höchsten Suizid-Risiko. Dafür befragten sie rund 10.000 Probanden und machten eine überraschende Entdeckung.
Trauer, Depressionen, düstere Gedanken können zu suizidalem Verhalten führen

Trauer, Depressionen, düstere Gedanken können zu suizidalem Verhalten führen

Foto: Getty Images

Wenn Tage kürzer und kälter werden, geraten oft auch die Gedanken düster. Deshalb, so schließen viele Menschen, häufen sich Suizide im Winter, wenn Menschen ihren Lebenswillen verlieren. Wissenschaftler haben nun genau das Gegenteil festgestellt.

Mit einer groß angelegten Studie der School of Psychology der University of Nottingham  wollten die Autoren herausfinden, wann Selbstmordgedanken im Laufe des Jahres ihren Höhepunkt erreichen und zu welcher Tageszeit diese Gedanken auftreten. So ermittelten sie erstmals den Zeitpunkt mit dem höchsten Suizidrisiko.

Die Forscher fanden heraus, dass Suizidgedanken tatsächlich im Winter am stärksten sind. Dennoch würden diese einige Monate benötigen, um einen »Wendepunkt« zu erreichen. Deshalb würden sie dann oft erst im Frühjahr in die Tat umgesetzt, am häufigsten zwischen vier und sechs Uhr morgens.

Warum eine Verbesserung der Stimmung doch zum Suizid führen kann

»Im Winter haben viele Menschen mit psychischen Problemen mit einer Verschlechterung der Stimmung und Depressionen zu kämpfen«, erklärt Studienautor Brian O’Shea von der University of Nottingham. »Es ist deshalb überraschend, dass der Frühling eigentlich die Jahreszeit ist, in der die Menschen am meisten gefährdet sind.«

Die Studie zeige, dass die Suizidgedanken im Dezember am stärksten und im Juni am schwächsten ausgeprägt sind. »Zwischen diesen beiden Zeitpunkten besteht ein erhöhtes Risiko für suizidales Verhalten«, so O'Shea. Durch die allmähliche Verbesserung der Stimmung im Frühjahr hätten Gefährdete mehr Energie, um einen Suizidversuch zu planen und durchzuführen.

Für die Studie wurden über sechs Jahre Antworten von über 10.000 Menschen in Großbritannien, den USA und Kanada gesammelt und ausgewertet. Sie hatten in Fragebögen Angaben zu ihren Stimmungen, Gedanken und Vorstellungen rund das Thema Suizid und Suizidgedanken gemacht. Unter den Befragten waren Menschen, die bereits einen Suizidversuch unternommen haben, die Suizidgedanken hatten oder sich selbst verletzen sowie Menschen ohne frühere suizidale Erfahrungen. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin Nature Translational Psychiatry  veröffentlicht.

Die Forscher betonen, dass die Suche nach dem Zeitpunkt mit dem höchsten Suizidrisiko den Betroffenen helfen soll. So könnten etwa Psychologen oder Ärzte gezielter intervenieren und ihre Patienten besser schützen.

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sug

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