Nationalspielerin und Mutter

WM-Teilnahme mit Kleinkind: Leupolz will „zeigen, dass es möglich ist“

Melanie Leupolz ist seit Jahren eine feste Größe im DFB-Team.

Melanie Leupolz ist seit Jahren eine feste Größe im DFB-Team.

Melanie Leupolz gehörte zu den Überpünktlichen, die sich für die Abreise der deutschen Fußballerinnen am Frankfurter Flughafen einfanden. Das Einchecken mit Kinderwagen erforderte halt ein bisschen mehr Vorlauf. Nebenbei umging die Mittelfeldspielerin vom FC Chelsea, dass Fotografen und Kameras ihren nicht mal einjährigen Sohn ablichteten, der sich als das mit Abstand jüngste Mitglied der 70-köpfigen Delegation zur Frauen-WM nach Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) begeben hat.

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Es hat neun Endrunden gebraucht, bis erstmals eine deutsche Nationalspielerin mit ihrem Nachwuchs eine WM bestreitet. Dabei ist extra eine Babysitterin, die offiziell vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) bezahlt wird. „Es ist wunderschön, dass ich beide Bereiche auch vereinen kann, dass ich mich nicht entscheiden muss: Kind oder Fußball“, betonte Leupolz.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte in den 90er-Jahren als Pionierin nach der Geburt ihrer Tochter Dina auf jedwede Unterstützung durch den DFB verzichten müssen. „Das ist ein Riesenmehrwert für uns Frauen. Ich weiß noch, wie ist es, Turniere zu spielen und das Kind nicht dabeizuhaben.“ Sie setzt auf einen Nachahmereffekt: „Ich hoffe, da kommen noch ein paar dazu.“ Dann habe man bald „ganz viele große und kleine Kinder“ beisammen, scherzte die 55-Jäh­rige, die inzwischen schon Oma geworden ist.

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Almuth Schult machte es bei der EM vor

Leupolz weiß um ihre Vorbildrolle: „Es muss Spielerinnen geben, die zeigen, dass es möglich ist. Dann können es sich auch andere vorstellen.“ Es dauerte bis in den vergangenen Sommer, ehe Torhüterin Almuth Schult ein Zeichen setzte, die ihre Zwillinge mit zur EM nach England nahm – oft betreut von ihrer Schwester. Letztlich erwiesen sich Schults Sprösslinge als bereichernder Faktor im Westen von London. Daran erinnerte sich vor der Abreise auch die zu allerlei Späßen über die australische Tierwelt aufgelegte Kapitänin Alexandra Popp: „Das hat uns extrem gutgetan. Tatsächlich glaube ich, das ist ein super Weg, den wir da einschlagen. Man sieht die Kids und fängt an zu grinsen und zu lächeln.“

Wenn die DFB-Frauen für die Gruppenspiele gegen Marokko in Melbourne (24. Juli), Kolumbien in Sydney (30. Juli) und Südkorea in Brisbane (3. August) jeweils für eine Nacht im Fifa-Hotel übernachten müssen, will Leupolz ihr Kind im Quartier lassen: „Ich versuche, die beiden Bereiche so gut wie möglich zu trennen.“ In erster Linie möchte die 78-fache Nationalspielerin aufgrund ihres sportlichen Werts wahrgenommen werden. Doch eine Führungsrolle wie vor der WM 2019 in Frankreich hat sie nicht mehr. Im Mittelfeld besitzen Lena Oberdorf, Lina Magull und Sara Däbritz (noch) einen EM-Bonus, dazu drängt Sydney Lohmann auf mehr Spielzeit. Leupolz, Europameisterin von 2013 und Olympiasiegerin von 2016, wäre Back-up auf der Sechser- oder Achterposition. „Ich fühle mich frisch und fit. Physisch habe ich keine Probleme.“ Intern schwärmen die Experten von ihren Fitness- und Ausdauerwerten. Leupolz nennt ihre Erfahrung als weiteren Vorzug.

Dass sie nach der Geburt im Oktober 2022 nur drei Monate später wieder auf dem Platz stehen würde, hatte sie selbst nicht erwartet: „Ich dachte, der Körper macht ein bisschen mehr Probleme.“ Ihr Vertrag bei Chelsea wurde zu verbesserten Konditionen verlängert.

Was die Integration von Müttern angeht, gelten die USA und die nordischen Länder als beispielhaft. Bei der vergangenen EM sorgte Island für Aufsehen, das mit fünf Mamas im Mutterland des Fußballs antrat.

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