Die Stärke Schwäche einzugestehen

Daniel Göring Am 27. März präsentiert der Trimbacher Autor in Olten seinen autobiografischen Erstlingsroman «Der Hund mit dem Frisbee». Mit dem Stadtanzeiger sprach er vorab über die Tabuisierung des Themas Depression, seine eigenen Krankheitserfahrungen und seinen steinigen Weg aus dem Vakuum.

Daniel Göring kann heute sein Leben wieder gestärkt in Angriff nehmen. vwe)
Daniel Göring kann heute sein Leben wieder gestärkt in Angriff nehmen. vwe)

Depressionen werden heute leider immer noch gerne totgeschwiegen und er wolle mit der Veröffentlichung seines Romans eine Gegenbewegung für dieses Phänomen in Gang bringen, so Daniel Göring. Denn die psychische Erkrankung ist und bleibt keine Seltenheit in der Schweizer Bevölkerung. Neuste Zahlen sprechen für sich. Laut dem Schweizerischen Gesundheitsobservatorium Obsan leidet heutzutage jede sechste Person in unserem Land an psychischen Störungen. Bei jedem 25-zigsten handelt es sich dabei gar um eine schwere psychische Erkrankung.

Kollaps nach 15 Stunden Arbeitstag

Ende 2012 gehörte auch Daniel Göring selbst zu diesen 20%. «Bei mir kam der Schnitt nach einem 15-stündigen Arbeitstag. Ich stand in meinem Wohnzimmer und fühlte mich gegen aussen und innen völlig isoliert, quasi in einem Vakuum», versucht der Kommunikationsberater seine damaligen Emotionen in Worte zu fassen. Er habe nicht gewusst, wohin mit sich selber, was er tun, geschweige denn wie es mit ihm weitergehen sollte. «Klare Gedanken zu fassen, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich, ich wollte einfach nur schnell von der Bildfläche verschwinden und endlich meine Ruhe zurückgewinnen.» So sah Göring im Winter 2012 nur einen einzigen Ausweg: Freitod. «Glücklicherweise misslang mir der Suizid und ich deutete dies als Zeichen, einen anderen Pfad einschlagen zu müssen.» Folglich begab sich der Trimbacher in Therapie und bei ihm wurde eine Erschöpfungsdepression diagnostiziert.

«Erholung braucht viel Geduld»

Zu diesem Zeitpunkt war der48-Jährige als Kommunikationschef des ägyptischen Bau- und Tourismusunternehmen Orascom Development Holding tätig. In Trimbach aufgewachsen absolvierte Göring ursprünglich eine Ausbildung als Typograf, war jedoch bald von der journalistischen Tätigkeit fasziniert. «Bis 2001 schrieb ich für verschiedene Tageszeitungen, unter anderen das Oltner Tagblatt und die Aargauer Zeitung», erzählt er und fügt lächelnd an: «Mein damaliger Chef beim OT sagte einmal: Journalismus ist kein Beruf, sondern eine Krankheit.» Um quasi davon zu geheilt zu werden, entschied er sich für den Umstieg in die Kommunikationsbranche und war ab 2001 für das Bundesamt der Zivilluftfahrt tätig. Wie diese anspruchsvollen Tätigkeiten an seiner Substanz gezerrt haben, habe er schon bemerkt, aber etwas Konkretes dagegen unternehmen, konnte er erst nach dem Bruch Ende 2012. «Mit einer Therapie ist der Heilungsprozess nicht getan. Man muss aus seinen verfestigten Verhaltensstrukturen ausbrechen und auch teilweise seine Einstellungen ändern.» Er persönlich habe beispielsweise lernen müssen, «einen Fünfer auch mal gerade sein zu lassen», sprich seine Ansprüche an sich selber ein wenig herunterschrauben zu können und einmal nur 80 statt 100 % zu geben.

Es kann jeden treffen

Hohe Ansprüche an sich selber, ein grosses Verantwortungsbewusstsein oder nicht Nein-Sagen zu können sind zwar laut Fachpersonen krankheitsfördernd, jedoch bestimmen die direkten Umstände einen Ausbruch. «Wenn die täglichen Belastungen zu gross werden, kann ein Burnout bzw. eine Depression jeden treffen», istGöring überzeugt. Die Stärke sich selber eine solche Schwäche einzugestehen, sei der erste Schritt zu Besserung. Ohne psychotherapeutische Betreuung sei ein Weg aus der Krankheit jedoch praktisch unmöglich. «Freunde, Familie und Bekannte sind verständlicherweise mit der Situation völlig überfordert und haben gar nicht das nötige Wissen, um einer depressiven Person zu helfen.» In seinem Roman «Der Hund mit dem Frisbee» erzählt Göring, welcher heute als Kommunikationsberater für die Führungsunterstützungsbasis der Schweizer Armee tätig ist, seine eigene Geschichte und möchte so Betroffenen Hoffnung und Mut machen. «Es gibt einen Weg aus der Misere und ein Leben nach der Krankheit.» Am27. März stellt Daniel Göring dies an seinem eigenen Beispiel im Theaterstudio um 19 Uhr unter Beweis.

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