"Wirksame Therapien für Adipositas erfordern invasive chirurgische und endoskopische Eingriffe oder eine hohe Therapietreue der Patienten, was es für Patienten mit Adipositas schwierig macht, ihre Krankheit wirksam zu behandeln." Mit diesen Worten beginnt die Zusammenfassung einer Forschungsarbeit, die ein Team von Forschenden des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Harvard Medical School über das Wissenschaftsportal "Science.org" veröffentlicht hat.
Das Ergebnis dieser Arbeit soll eine Art Pille sein, die Patienten, welche ihr Gewicht reduzieren wollen, einnehmen können. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Neuauflage der Abnehmspritzen Wegovy und Ozempic (hier erfahren Sie mehr), sondern um eine chemiefreie Alternative, die auf Vibrationen basiert.
Abnehmen mit Pille: Präparat soll dem Körper ein "Satt-Signal" senden
Das kann man sich etwa so vorstellen: In der Pille, die nicht größer als eine handelsübliche Vitamintablette ist, sitzt ein kleiner Vibrationsmotor samt Batterie. Schluckt man sie, löst sich durch den Kontakt mit Magenflüssigkeit eine Membran des Präparats. Das aktiviert den Motor, der dann etwa eine halbe Stunde läuft. Durch die Vibrationen sendet die Pille eine Art "Satt-Signal" an den Körper, was zu geringerer Nahrungsaufnahme führt. Im Endergebnis soll das schonend die Kilos purzeln lassen.
Den Effekt erklären die Forschenden so: Durch die Bewegungen der Pille werden Rezeptoren im Magen aktiviert, die sich üblicherweise erst nach einer großen Mahlzeit melden und dem Körper das Signal geben, satt zu sein. Dadurch sollen Patienten weniger Hunger haben. In einem Experiment mit Schweinen habe das bereits funktioniert, versichern die Wissenschaftler: Tiere, die vorher die Pille geschluckt hatten, fraßen etwa 40 Prozent weniger Futter.
Typische Nebenwirkungen chemischer Präparate sollen entfallen
Ein weiterer Vorteil der Vibration: Bisher sind den Forschenden keine Nebenwirkungen bekannt, die bei den bekannten Abnehmprodukten auftreten können. Immer wieder klagen Patienten, die ihr Übergewicht mit den chemischen Mitteln bekämpfen wollen, über Magenbeschwerden und Verdauungsprobleme.
Das aktuelle Modell der sogenannten VIBES-Pille (Vibrating Ingestible Bioelectronic Stimulator) wird nach der Mahlzeit auf natürliche Weise vom Körper ausgeschieden. Eine Alternative ist bereits Teil der Arbeit. Die Forschenden schreiben: "Mit verbesserten Energieübertragungs- und Aufladetechnologien könnten implantierbare oder im Magen befindliche Aktuatoren entwickelt werden, die bei Patienten, die eine chronische Therapie benötigen, eine wiederholte orale Verabreichung überflüssig machen."
Doch auch die Einweg-Präparate sollen den Geldbeutel kaum belasten: Das Forscherteam geht in seiner Arbeit davon aus, dass die Kosten für eine Pille, sobald sie massenhaft hergestellt wird, bei maximal einem US-Dollar liegen sollte. Bis es soweit ist, ist weitere Entwicklungsarbeit nötig: Als nächstes müssen Verträglichkeit und Effektivität des Konzepts beim Menschen ausgetestet werden.
Quelle: Science
