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Keine Freunde Hilfe, mein Kind ist ein Außenseiter! Wie Eltern ihrem Nachwuchs zur Seite stehen können

In der Schule fühlt Nele sich einsam und allein (Symbolbild)
In der Schule fühlt Nele sich einsam und allein (Symbolbild)
© fstop123 / Getty Images
Unsere Kinder finden wir uneingeschränkt liebenswert. Wenn die Altersgenossen das anders sehen, ist das hart. Auch für die Eltern, die sich oft hilflos fühlen. 
Von Miriam Kühnel

Dieser Text erschien zuerst an dieser Stelle bei brigitte.de.

Nele ist in der vierten Klasse. Sie zählt die Tage bis zum Schulwechsel aus zwei Gründen: "Weil ich dann endlich von dieser Klasse weg bin und weil ich Angst habe vor der neuen Klasse." Während Nele erzählt, wischt sich ihre Mutter verstohlen über die Augen, lächelt dann schnell und sagt: "Das wird toll werden in der neuen Schule. Du wirst bestimmt schnell Freunde finden!" Nele zuckt mit den Schultern. So richtig daran glauben kann sie nicht.

Sie weiß gar nicht mehr genau, wann es anfing. Vielleicht in der zweiten Klasse, vielleicht erst später. Irgendwie schossen sich plötzlich einige Jungs auf sie ein. Das hat sie so verunsichert, dass sie sich immer mehr einigelte. "Meine beste Freundin hat dann gesagt, dass ich eine Heulsuse geworden bin und hat sich andere Freundinnen gesucht", erzählt sie traurig. Doch so alleine sich Nele auch fühlen mag, ihre Geschichte ist leider kein Einzelfall. Es geht sehr vielen Kindern wie ihr. Außenseiter zu sein, oder ein "Misfit", wie man es heutzutage nennt, ist ein existenzielles Problem. In verschiedenen Studien kamen Sozialforscher zu dem Schluss, dass schon im Grundschulalter "Gute Freunde haben" als wichtigste Glückszutat gilt. 

Vorlaute und schüchterne Kinder haben es schwer

Warum Kinder zu Außenseitern werden, ist ganz unterschiedlich.  Manche sind – wie Nele – einfach sehr unsicher und lassen sich deshalb schnell aus der Bahn werfen. Das macht sie wiederum zu leichten Opfern. Einmal in dieser Abwärtsspirale gefangen, kommen sie so leicht auch nicht mehr aus ihrer Rolle heraus.

Aber auch die vorlauten Klassenclowns haben es in der Gruppe manchmal schwer. Je nach Gruppendynamik werden auch sie leicht zu Außenseitern. Je älter Kinder werden, desto größer ist der Druck, konform zu sein. Während einige wenige in ihrer Einzigartigkeit gut in der Gruppe bestehen, werden andere geächtet. Aber was kann man tun, wenn das eigene Kind irgendwie nicht "reinpasst"?

Auf keinen Fall mit anderen Kindern "ein ernstes Wort" sprechen

Wenn Kinder auf keinen Fall möchten, dass die Lehrer oder die Eltern sich die Klasse oder die betreffende Gruppe vorknöpfen, um mit ihnen über die Situation zu sprechen, liegen sie mit dieser Einschätzung goldrichtig. Psychologen raten von solchen "Klassengesprächen" dringend ab, weil sie das Kind, um das es geht, noch mehr stigmatisieren. Auch die Einladung aller Klassenkameraden zur ultimativen Geburtstagsparty ist wenig hilfreich.

Experten raten, lieber einzelne Freundschaften über Einladungen oder gemeinsame Aktivitäten zu stärken und das Selbstbewusstsein des Kindes über Hobbys oder innerhalb anderer Gruppen aufzumöbeln. Denn oft steht und fällt der gute Stand des Kindes in der Klasse auch mit dem eigenen Selbstwertgefühl. Und daran kann man zum Glück auch außerhalb der Schule arbeiten. Allerdings auf keinen Fall, indem man die Klassenkameraden schlecht redet. 

Was Eltern tun können:

Nein, wir können und sollten unsere Kinder nicht vor jeder schwierigen Situation retten. Aber wir können für sie da sein. Je nach Alter sieht dieses "da sein" unterschiedlich aus...

3 bis 6 Jahre – ruhig bleiben

Der Satz "Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen" ist in diesem Fall eine gute Nachricht. Wenn Kinder im Kindergartenalter ausgeschlossen werden, kann man noch ganz gut beobachten, einordnen und auch ein bisschen Unterstützung geben im Umgang mit den Freunden. Auch die Erzieher werden das Kind darin unterstützen, in die Gruppe zu finden. 

Do: Freundlich unterstützen

Don't: Sätze wie "Kein Wunder, dass so keiner mit dir spielen will" 

6 bis 9 Jahre – im Gespräch bleiben

Typischerweise kommen die ersten ernsthaften Probleme in der zweiten und dritten Klasse auf, wenn die Klasse sich gefestigt hat. Jetzt wird es schon schwieriger, zu erkennen, wo genau das Problem liegt, weil die Kinder sich auch außerhalb der Schule meist ohne Eltern beschäftigen und treffen. Ganz wichtig: Immer ein Ohr anbieten, aber nicht ausfragen. Lieber mal vom eigenen Tag erzählen, und zwar auch von den Momenten, die schief gingen. Das hilft dem Kind, sich auch selbst zu öffnen und von Problemen zu erzählen. Geteiltes Leid ist schließlich halbes Leid. Und manchmal kommt man gemeinsam eher auf eine gute Idee, wie man sich schützen kann vor Gemeinheiten oder aber auch, wie man sich höflich und freundlich in einer Gruppe verhält.

Do: Genau hinhören, im Gespräch bleiben

Don't: Schuld verteilen und den "Bösen" suchen. Das hilft keinem weiter. 

Ab 10 Jahren – gemeinsam Filme schauen

Jetzt wird es endgültig kompliziert. Wenn die Kinder/Teenies sich miteinander und nebeneinander so rasant entwickeln wie in diesem Alter, muss das eigentlich anstrengend werden. Und zwar für alle. Hinzu kommt, dass in diesem Alter das Buhlen um die Gunst des anderen Geschlechts beginnt, was plötzlich eine Konkurrenzsituation entfacht. Da ist es dann fast schon egal, wie man aus dem Rahmen fällt. Wenn du zu schön, zu klein, zu groß, zu laut, zu leise, zu nerdig, zu reich, zu anders oder zu arm bist... jede Abweichung von der Norm kann zum Problem werden. Eine gute Therapie gegen das "alleine fühlen": Filme. Es gibt ganz viele wirklich wunderbare Filme über das Gefühl, nicht dazuzugehören. Und immer tragen sie – so flach manche auch sein mögen – ein bisschen Wahrheit und eine Lösungsstrategie in sich. Zu empfehlen ist beispielsweise der Film "Misfit". Also warum nicht mal einen gemeinsamen Filmnachmittag planen? Nach dem Film fühlt es sich gar nicht mehr so falsch an, nicht ganz reinzupassen in die Masse... Versprochen! 

Do: Gut zuhören und das Selbstbewusstsein stärken, indem du deinem Kind viel zutraust und es ernst nimmst in seiner Wahrnehmung.

Don't: Zu Gesprächen zwingen, 1000 Lösungen anbieten, dauernd die "Pubertät" thematisieren und problematisieren. Ist schwer genug, muss man nicht drauf rumreiten. 

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