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Läuse, Schuppen und Co. Krankheitsscham: Welche Beschwerden uns besonders peinlich sind – und wie wir damit umgehen

Eine Frau hält sich beide Hände vors Gesicht.
Scham hat auch eine Funktion: Den Schutz unserer Intimität und die Einhaltung unserer Grenzen. 
© Getty Images
Wenn es im Intimbereich juckt, dann steht ein Arztbesuch an. Aus Scham verzichten allerdings einige Menschen darauf, ihre Beschwerden untersuchen zu lassen. Dabei ist Krankheitsscham oft nicht nötig. 

Chlamydien, Reizdarm oder eine fiese Pilzinfektion – all das sind Krankheiten, über die wir nur ungerne sprechen. Es sind Erkrankungen, die mit Symptomen einhergehen, die uns mitunter vor Scham erröten lassen.

Und davon gibt es gar nicht mal so wenige, wie eine aktuelle repräsentative Umfrage im Auftrag der Online-Arztpraxis Zava zeigt. Aus den Ergebnissen ergibt sich ein Ranking der schambehaftetsten Beschwerden der Deutschen, das wie folgt aussieht:

Platz 10: Geschlechtskrankheiten

Platz 9: Durchfall

Platz 8: Inkontinenz

Platz 7: Schuppen, fettige Haare

Platz 6: Pilzinfektion im Intimbereich

Platz 5: Läuse

Platz 4: Blähungen

Platz 3: Übermäßiges Schwitzen

Platz 2: Schlechte Zähne

Platz 1: Starker Mundgeruch, Achselgeruch

Aber woher kommt die Scham für Krankheiten? Beyerley Kugler, Ärztliche Leiterin der Online-Praxis in Deutschland, sagt bei der Vorstellung der Ergebnisse: "Besonders vermeintlich selbstverschuldete Krankheiten werden von vielen als peinlich empfunden. Hinter dem Schamgefühl steht also häufig die Angst, von anderen verurteilt zu werden."

Die Psychologin Annette Kämmerer erklärt das Ganze im Gespräch mit "Emotion" so: "Scham entsteht meist um das achte Lebensjahr herum und tritt in der Entwicklung jedes Kindes auf. Egal wie liberal ein Kind erzogen wurde, plötzlich entwickelt es dieses Gefühl, dass es manche Dinge lieber verbergen möchte, den Körper vielleicht nicht der Öffentlichkeit preisgeben möchte." Scham liegt uns also in gewissem Maße im Blut.

Negative Folgen von Scham – der Arztbesuch bleibt aus

Dass aber gerade Krankheitsscham auch negative Folgen mit sich bringen kann, zeigt die Umfrage der Online-Praxis Zava. Demnach vermeiden es viele Betroffene, aus Peinlichkeit eine:n Mediziner:in aufzusuchen. Genauer gesagt schweigen 44 Prozent der Frauen und 36 Prozent der Männer, wenn sie Geschlechtskrankheiten, Mundgeruch oder Darmbeschwerden haben.

Insgesamt haben bereits 35 Prozent der Befragten Scham im Bezug auf eine Erkrankung empfunden. Die Angst, für entsprechende Symptome verurteilt zu werden, ist allerdings nur selten begründet. Lediglich 27 Prozent der Teilnehmenden geben an, schon einmal wegen ihrer Beschwerden negatives Feedback von anderen bekommen zu haben.

Wie das Gefühl entsteht

Aber was tun, wenn die Scham trotzdem überhandnimmt und das eigene Leben einschränkt? "Zu erfahren, dass ich meine Krankheit nicht selbst verschuldet habe, ist ein zentraler erster Schritt. Dies kann ermutigen, der eigenen Verfassung genauer ins Auge zu sehen", sagt Waltraut Barnowski-Geiser im Gespräch mit "Psychologie Heute". Sie ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und Musiktherapeutin und hat ein Buch über Krankheitsscham geschrieben.

Scham tritt nicht nur in Bezug auf Krankheiten auf, sondern betrifft jeden von uns hin und wieder mal. Aber besonders, wenn das Schamgefühl dazu führt, dass wir den Arztbesuch meiden, besteht Handlungsbedarf. Denn viele schambehaftete Krankheiten gehen von allein nicht weg und bedürfen einer ärztlichen Behandlung.

Wie man es schafft, die Scham zu überwinden

Der Umgang mit der Krankheitsscham unterscheidet sich nur unwesentlich vom Umgang mit generellen Schamgefühlen. Als Basis gilt auch hier ein simpler Dreisatz: Akzeptanz, Analyse und Aktivität. Das heißt: Akzeptieren, dass die Scham da ist. Dabei aber immer bedenken, dass die Scham lediglich ein ganz normales Gefühl ist, das jeder mal erlebt – nicht mehr und nicht weniger.

Analysieren, woher das Schamgefühl kommt und welche Erfahrungen oder Einstellungen damit in Verbindung stehen – denn oft liegt der Scham ein „"Nicht-gut-genug-Gefühl" zugrunde. Und zu guter Letzt: Die Scham überwinden, indem man die Ursachen angeht und einen Realitätscheck macht. Dafür eignen sich beispielsweise Fragen wie: Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Wovor habe ich eigentlich Angst? Würde ich andere für die gleiche Krankheit verurteilen?

Bei all der Gegenwehr gegen das unangenehme Gefühl der Scham darf man aber auch nicht vergessen, dass die Scham auch gute Seiten hat. Sie dient uns als Schutz unserer Intimität und schützt unsere Grenzen und damit uns selbst vor einer Verletzung von außen.

Ein Leben ohne Scham, das wäre deshalb auch kein gesundes. Trotzdem gilt, vor allem in Bezug auf etwaige Krankheiten: Die Scham sollte nicht unsere Taten lenken. Beverly Kugler rät Betroffenen vor allem eines: "Egal, ob Achselschweiß oder Akne, Parodontose oder Pilzinfektionen, scheuen Sie sich nicht medizinischen Rat zu suchen. Es ist wichtig, dass Sie Ihre Beschwerden von einem Experten abklären lassen."

Quelle: Umfrage der Online-Arztpraxis Zava, Interview "Psychologie Heute", Interview "Emotion"

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