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Germany's Next Topmodel

"Germany's Next Topmodel" Zäh, schrill, peinlich: Ein "GNTM"-Finale in Gottschalk-Manier – wenigstens die Siegerin ist eine Überraschung

Heidi Klum mit Siegerin Vivien beim Finale von "Germany's Next Topmodel"
Vivien ist die Siegerin von "Germany's Next Topmodel" 2023.
© ProSieben/Claudius Pflug
Drei lange Stunden, schräge Typen und schwungvolles Geläuf – dann endlich ist klar, wer das Rennen im Finale von "Germany's Next Topmodel" 2023 macht. Von einem Abend voller Überraschungen und einer Siegerin, mit der keiner so richtig gerechnet hat.

Am Ende sah es aus wie bei Gottschalk unterm, Verzeihung, auf dem Sofa: Markus Schenkenberg, Jean Paul Gaultier und die Scorpions. Hardrock Hallelujah! Wetten, dass Tommy sich zu Hause vorm Fernseher Notizen für die nächste Sendung gemacht hat?

Mit Olivia, Somajia, Nicole, Vivien und Selma durften fünf Kandidatinnen auf den Titel hoffen, es sollte ein Abend der Überraschungen werden, und damit ist nicht gemeint, dass die Scorpions weder einen noch zwei, sondern gleich drei Songs spielen würden, aber der Reihe nach.

Heidi Klum irgendwo zwischen früher Verona und Hundepfeife

Zum Auftakt gab es ein verrückt-perücktes Ballett mit Madonna-BHs und Rokoko-Schürzchen, Heidi Klum versuchte sich an einer tieferen Stimmlage, immerhin sei sie mittlerweile "ein halbes Jahrhundert" alt, da müsse man nicht mehr so quietschen. Alles nur Spaß natürlich, ein Scherz, Leute, wenig später stimmte der Helium-Gehalt wieder, die Stimme zurück auf der Tonlage zwischen früher Verona und Hundepfeife. Passend dazu das quietschige Outfit, ein Mix aus Strumpfgardine, Badeanzug und einer Limited-Edition Pril-Blumen aus Strass.

Erster Stargast Jean Paul Gaultier, der legendäre Modezar im typischen Streifenshirt, auf dem roten Sofa synchron gedolmetscht, seine Art, Fragen wie die nach der mangelnden Diversity grundsätzlich nicht zu beantworten, fast eine eigene Kunstform. "How To Do That" lautete mal der Titel einer seiner Hits – ja, der Mann hat auch mal gesungen – und in der Tat: Man würde wirklich gern wissen, wie er das so elegant hinbekommt.

"Germany's Next Topmodel" heißt, rückwärts gehen

In der ersten Challenge setzte man direkt auf Sollbruchstelle, ein sogenannter "Reverse Walk" war angesagt, rückwärts laufen, vorwärts abspielen, dazu gab es Loreen und ihren ESC-Siegertitel "Tattoo", in einer Studiokulisse, als hätte Bob Ross die Bundesgartenschau gestaltet. Ein Wunder, dass niemand eine Sitzbulette absolvierte, aber die Damen hatten das ja auch eine Woche lang trainiert. Eine Woche lang rückwärts gehen – was kommt als Nächstes? Sackhüpfen? Eierlaufen? Eine Tafel Schokolade mit Fausthandschuhen essen? Oder dieses Spiel, wo man erst einen Halben auf Ex trinkt, dann mit der Stirn auf dem Besenstiel zehn Runden dreht und gegen die Wand läuft? Es bleibt dabei: Das Model-Leben ist eines der härtesten.

Nicole hatte selbiges, zumindest bei "GNTM", erstmal hinter sich, sie musste als Erste die Segel streichen, zumindest konnte sie den nächsten Gast dadurch aus sicherer Entfernung beobachten. "Star-Choreograf" Majnoon hatte seine Mutter und einen Typen mit Borussia-Dortmund-Perücke im Schlepptau, verfügte über noch längere Nägel als Loreen und vermeldete, dass er immer noch in seinem Kinderzimmer wohnt, kurzum eine absolute Stimmungskanone. Und dieses Gebiss erst! Change on Stage oder so ähnlich war bei ihm angesagt, Umziehen auf der Bühne also, ein superber Move dabei, als Vivien das Krönchen vom Kopf fällt und sie es mit einem lässigen Rechtsschuss von der Bühne schießt. So geht Fußball.

Auf dem Catwalk war für Selma Sense

Und so ging es weiter: Im nächsten Rauswurf erwischte es plötzlich Selma. Nicht wenige dürften sie auf dem Zettel gehabt haben, im Verlauf der Staffel zog die frisurtechnisch Generalüberholte einen schmackhaften Werbedeal nach dem anderen an Land. Aber die Wahrheit liegt auf dem Walk, auf dem Catwalk, und dort war nun Sense. Heidi Klum wusste natürlich zu trösten: "Karriere macht ihr mit oder ohne mir!" Eben. Drum.

Pisa-technisch ähnlich gut aufgestellt, erledigte Tochter Leni einiges an Backstage-Interviews, immer mal wieder huschten längst Ausgeschiedene durchs Bild, durften den Tränen nah noch einmal bereuen, wie falsch sie sich doch vor der Kamera verhalten hätten. Ach, ach, ach. Für Tracy gab es dabei ein Happy End, oder besser, einen Happy Neuanfang, die freiwillig Ausgestiegene erjammerte sich flugs eine Wild Card für die kommende Staffel.

Hoffen auf ein bisschen Werbung, äh Atempause,  zwischendurch

Wild wurde es dann auch noch musikalisch, erst kam die Grammy-prämierte Kim Petras zum Zug, anschließend zeigten die unverwüstlichen Scorpions, wo der Bartel auch nach 50 Jahren immer noch den Mosh holt. Gleich drei Songs performten Klaus Meine und Co., "Rock Believer", "Rock You Like A Hurricane" und "Send Me An Angel", eigentlich hätte auch noch "Wind Of Change" on stage gepasst, aber es sollte ja auch noch ein wenig auf der Couch geplauscht werden.

Zwischendurch wurden die Nerven des Publikums noch einmal richtig strapaziert und damit ist nicht die Werbeblock-Frequenz gemeint. Stargast Jennifer Lawrence stellte ihren neuen Film vor, anschließend mussten die Models zusammen mit Marcus Schenkenberg eine Szene daraus nachspielen. Wo bleibt die Werbung, wenn man sie am nötigsten braucht?

Irgendwann tauchte mit Thomas Hayo schließlich noch ein verdienter Recke aus der "GNTM"-Historie auf. Dass die Kamera beim vollmundigen Hayo-Heidi-Wiedersehens-Clinch ausgerechnet Tom Kaulitz auf der Tribüne einfing, sicher nur ein Zufall. Kein Zufall, dafür aber eine echte Überraschung, die schlussendliche Entscheidung.

Erst verabschiedete sich eine sichtlich genervte Olivia als Drittplatzierte, im finalen Duell schließlich blieb Somajia die Silbermedaille, den Sieg fuhr eine überglückliche Vivien ein. So ein bisschen hatte es sich abgezeichnet, Germany’s Next Topmodel in spe hatte sich an diesem langen Abend ein ums andere Mal in entspannter Bestform präsentiert. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch. Viva Vivien. Oder um es mit Marielena zu sagen: Immer schön mit Butter einschmieren.

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