Wer ist ein Patriot und wer ein Verräter? Diese Frage steht in Russland ganz oben auf der politischen Agenda. Es kam sogar so weit, dass Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow sich einen Streit darüber lieferten, wer denn als Patriot gelten darf. Die Jagd nach vermeintlichen Nation-Verrätern ist eröffnet. Der Westen versucht, die russische Gesellschaft zu spalten, erklärt Wladimir Putin immer und immer wieder.
"Sie werden versuchen, auf die fünfte Kolonne zu setzen, auf Volksverräter, auf diejenigen, die hier bei uns Geld verdienen, aber dort leben, und das nicht einmal zwingend im geografischen Sinne des Wortes, sondern im Sinne ihrer Gedankenwelt, ihrem Sklavenbewusstsein", schwadronierte das Staatsoberhaupt bei einer Sitzung von Regierungsvertretern. "Viele dieser Menschen sind von Natur aus gedanklich genau dort verortet und nicht hier, nicht bei unserem Volk, nicht in Russland."
Im Topf der sogenannten fünften Kolonne will Putin alle Oppositionelle, Kritiker, Pazifisten und Kriegsgegner wissen. Tatsächlich müsste er sich jedoch unter den Sprösslingen seiner Regierungsmitglieder und Duma-Abgeordneten umschauen. Während die Kreml-Propaganda der russischen Bevölkerung von der Erhabenheit und Überlegenheit Russlands erzählt, lebt der Nachwuchs der politischen Eliten im "verfaulenden" oder "verwesenden" Westen, wie die Staatspropaganda immerzu schimpft. Von den Segen der "besten Medizin", der "besten Universitäten" und der "besonderen russischen Zivilisation" wollen die Kreml-Kinder offenbar nichts wissen. Sie verprassen lieber das Geld der Steuerzahler in London, New York oder Paris.
Paris statt Russland
So zum Beispiel die Tochter von Dmitri Peskow. Elizaweta Peskowa führte bis vor kurzem ein Jetset-Leben zwischen London und der französischen Riviera. Auf Instagram teilte sie fröhlich und ungehemmt Glamour-Pics aus ihrem Luxus-Leben – bis auch sie auf die Sanktionsliste gesetzt wurde. Bei Lisa (Kurzform für Elizaweta) stieß die Maßnahme auf komplettes Unverständnis: "Ich bin aufgebracht, weil ich gerne reisen würde und andere Kulturen liebe", schrieb sie. Es sei "seltsam, Sanktionen gegen eine Person zu verhängen, die 24 Jahre alt ist und nichts mit der Situation zu tun hat", behauptete sie. Doch längst ist sie in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Auf dem Papier ist sie zumindest Gründerin einer Kommunikationsfirma und Direktorin einer historischen Stiftung mit einem Master-Abschluss in internationalen Beziehungen. Studiert hat sie natürlich auch im Ausland, in Paris.
Während sie in der französischen Hauptstadt Marketing studierte, klagte Lisa einst, das Leben in Paris könnte so schön sein, wären da nicht all die vielen Migranten. "'Paris ist nicht mehr Paris', hat Trump gesagt und ich bin immer öfter geneigt, ihm Recht zu geben, obwohl ich diese wunderschöne Stadt liebe", schrieb sie damals.
Die Tochter von Peskow ist bei weitem nicht die Einzige, die das Leben im Westen Russland vorzieht. Wir haben nur einige Beispiele zusammengestellt. Das Leben der Kreml-Sprösslinge führt die Scheinheiligkeit und Doppelmoral ihrer Eltern nur zu gut vor Augen.