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Auf kleinem Parteitag Grünen-Landeschefs: Parteispitze soll Fehler im Asylbeschluss eingestehen

Ricarda Lang (l.) und Omid Nouripour, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen
Ricarda Lang (l.) und Omid Nouripour, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen
© Thomas Banneyer / DPA
"Das war eine falsche Entscheidung": Mehrere Grünen-Politiker, darunter zwei Landeschefs, erhöhen kurz vor dem Länderrat-Treffen den Druck auf die Parteispitze. Sie verlangen ein förmliches Eingeständnis, dass die Zustimmung zum EU-Asylbeschluss ein "Fehler" gewesen ist.

Vor dem Länderrat am Samstag fordern Landesvorsitzende der Grünen ein förmliches Fehlerbekenntnis der Partei wegen der Zustimmung zur europäischen Asylreform. "Für uns in Niedersachsen ist klar: Das war eine falsche Entscheidung, und dazu sollten wir uns am Wochenende bekennen", sagte die niedersächsische Grünen-Chefin Greta Garlichs dem stern. "Das ist auch die Sicht unserer Basis. Die Stimmung dort ist ziemlich fatal. Wir verlieren langjährige Mitglieder wegen des Beschlusses."

Philmon Ghirmai, Landesvorsitzender der Berliner Grünen, sagte: "Die Zustimmung zu dem Asylbeschluss war eine falsche Entscheidung." In der Partei herrsche darüber große Betroffenheit. "Ich erwarte, dass diese Fehler eingestanden und korrigiert werden. Dieses Signal sollte der Länderrat setzen."

Auch der Europapolitiker Erik Marquardt drängt auf ein solch förmliches Signal am Samstag: "Die Zustimmung zu dem Beschluss war ein klarer Fehler und wir müssen den Mut haben, diesen Fehler auf unserem Länderrat einzugestehen." Keine Partei sei fehlerfrei. "Wer anderes suggeriert, verliert Glaubwürdigkeit", sagt Marquardt.

Der Beschluss der Innenminister aus der vergangenen Woche zur Verschärfung des Asylrechts hat die Grünen in eine schwere Krise gestürzt. Für den kleinen Parteitag im hessischen Bad Vilbel am Samstag werden harte Debatten über den Asylkompromiss erwartet. Der stern hat in seiner aktuellen Ausgabe nachgezeichnet, wie die Partei in die Krise schlitterte.

Ghirmai, der Berliner-Landeschef, erwartet vom Länderrat "eine kritische Haltung" gegenüber der Entscheidung der Bundesregierung, der vorliegenden Reform des EU-Asylsystems zuzustimmen. "Diese steht nicht nur im Widerspruch zu grünen Grundsätzen, sondern auch zum Koalitionsvertrag." Die vorgeschlagenen Grenzverfahren mit haftähnlichen Bedingungen "höhlen das individuelle Recht auf Asyl aus und sind ein verheerender Umgang mit Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und Not fliehen." Eine "Kurskorrektur" der Bundesregierung, etwa im Triole-Verfahren, "ist dringend notwendig".

Niedersachsens Grünen-Chefin Garlichs warnte zudem davor, die Stimmung der Basis zu ignorieren. "Natürlich müssen wir respektvoll miteinander diskutieren. Aber es gibt die klare Erwartung, dass jetzt nachgebessert wird und wir nicht vor rechtspopulistischen Positionen einknicken." Marquardt kritisierte die innerparteiliche Debatte. "Mir scheint, dass es noch kein gemeinsames Problembewusstsein bei uns gibt", sagte er. "In der Migrationswissenschaft ist die Meinung einhellig: Dieser Asylbeschluss muss korrigiert werden."

vme / fs

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