VfR Garching:Flickschuster in Schockstarre

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„Wir haben ganz klar ein Problem in der Breite“, stellt Garchings Trainer Daniel Weber fest – nicht erst seit dem Ausfall von Dominik Hepp (li.). (Foto: imago/Lackovic)

Die Weber-Elf trifft die Verletzung von Dominik Hepp bei der zweiten Saisonpleite gegen Memmingen hart.

Von Christian Bernhard, Garching

Der Ball war nicht im Tor, und doch wurde es im Garchinger Stadion am See urplötzlich sehr laut. Torhüter Maximilian Engl, mit seinen 1,89 Metern alles andere als ein Rumpelstilzchen, sprang wie ein solches durch den Garchinger Strafraum und brüllte herum. Lautstarke Unterstützung erhielt er von seinem Trainer Daniel Weber, der an der Seitenlinie unüberhörbar seinen Unmut kundtat. 25 Minuten waren da am Freitagabend erst gespielt, doch der VfR Garching lag zu diesem Zeitpunkt gegen den FC Memmingen bereits mit 0:2 zurück. Oder besser: Nur mit 0:2. Diesen Rucksack konnte der VfR bis zum Schluss nicht mehr abschütteln, er verlor die Partie 1:2 und kassierte damit die zweite Pleite im zweiten Saisonspiel. "Klassischer Fehlstart", sagte Weber, der die Mannschaft in der vergangenen Spielzeit sensationell auf Rang vier geführt hatte.

In den Ärger über die Niederlage mischte sich nach Spielende die Sorge um Dominik Hepp. Der 20-Jährige musste bereits in der zwölften Minute aufgrund einer Knieverletzung ausgewechselt werden. "Das sieht nicht gut aus", sagte Weber, der einen Kreuzbandriss befürchtete. Hepps Verletzung - Memmingens Trainer Stephan Baierl sagte, man habe den "Schnalzer" bis auf die Gäste-Bank gehört - hatte sofort Auswirkungen aufs Spiel. Noch während Hepp behandelt wurde, kassierte der VfR nach einer Ecke das 0:1 durch Mario Jokic (12.). "Wir sind ungeordnet, uns fehlt ein Spieler und es steht 0:1", sagte Engl, der nur vier Minuten später zum zweiten Mal hinter sich greifen musste, weil Fatjon Celani aus kurzer Distanz abstaubte. Ein "deppertes" Tor, fand der ehemalige Löwen-Torwart, "ich kann den Ball nicht besser klären, da es ein abgefälschtes Ding ist". Weber sprach von einer "Schockstarre", in die sein Team aufgrund der Hepp-Verletzung gefallen sei und die zu einem 15-minütigen "Voll-Blackout" geführt habe. Nach dem 0:1 habe man "katastrophal" weitergespielt, jeder Standard der Allgäuer sei "ultragefährlich" gewesen. Erst nach der Pause "haben wir unser normales Gesicht gezeigt", sagte Weber.

Große Garchinger Torchancen blieben dennoch rar, da Memmingen mit einer Fünfer-Abwehrkette sehr defensiv stand und kaum Räume anbot. "Gegen diese Brecher kommst du schwer durch", erklärte der VfR-Trainer. Erst in der Schlussphase wurde es noch mal brenzlig, nachdem der für Hepp früh ins Spiel gekommene Christian Hercog per Kopf auf 1:2 verkürzt hatte (89.). Da Sebastian Schmeiser kurz darauf einen sehr strittigen Foulelfmeter verschoss, hoffte Garching noch auf den Ausgleich - allerdings vergeblich. "Wir haben keine herausgespielte Torchance zugelassen", sagte Memmingens Coach Baierl.

Mindestens gleich viele Sorgen wie die zwei Niederlagen bereitet Weber die personelle Situation. 15 gesunde Spieler stünden ihm zur Verfügung, sagte er am Freitag, ehe er tags darauf, beim Testspiel gegen den TSV 1860 München, das der VfR trotz 1:0-Führung 1:5 verlor, auch Mark Zettl verletzt auswechseln musste. "Wir haben gerade ganz klar ein Spielerproblem in der Breite", sagte Weber. "Das muss sich schleunigst ändern." Gegen die Löwen testete Weber den ehemaligen Schweizer U19-Nationalspieler Adler Da Silva, der auch schon beim FC Pipinsried vorgespielt hatte. Der Offensivspieler mit brasilianischen Wurzeln spielte 90 Minuten durch. Um mindestens zwei Plätze sei sein Kader momentan zu dünn besetzt, betonte Weber.

Dazu kommt die veränderte Grundsituation, mit der sich der VfR nach dem vierten Platz im Vorjahr konfrontiert sieht. Weber beschrieb das Garchinger Dilemma so: "Die Jungs müssen sofort wieder merken, dass es ein hartes Stück Arbeit ist. Wir müssen alles wieder von vorn beginnen." Man könne sich auf dem Erfolg von gestern "null Komma gar nicht" ausruhen, im Gegenteil: "Du musst eher noch eine Schippe drauflegen, weil dich kein Gegner mehr unterschätzt." Jeder, betonte Weber, habe sie auf dem Zettel.

Die unglücklichen Umstände beunruhigen ihn. Er habe gerade "arge Bedenken, weil wir kein Glück mit Verletzungen und Ausfallzeiten haben. Ich muss ständig improvisieren, bin nur am Flickschustern, und kann nichts einstudieren". Da kommt das Derby am Dienstag (19 Uhr) beim SV Heimstetten, der durch seinen Auftaktsieg in Bayreuth Oberwasser hat, eher ungelegen. Weber nimmt es fatalistisch. Dann werde es diese Saison eben eine andere Herausforderung als vorige Spielzeit, sagte er mit einem Lächeln. "Jedes Jahr was Neues."

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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