Starnberg:Alptraum Klo

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Ein 88-jähriger Rollstuhlfahrer wird Starnberg in besonderer Erinnerung behalten: Statt das herrliche Seeuferpanorama mit Alpenblick zu genießen, erleidet er in der völlig verdrecken Toilettenanlage der Bahn einen Kreislaufkollaps.

Gerhard Summer

Starnberg - Wer auf diese Bahnhofstoilette am See muss, ist nicht zu beneiden: Auf dem Boden liegen nasse verdreckte Zeitungen und Klopapier, die Wände und Fliesen sind schmierig, ramponiert und mit Graffiti übersät. Eines der Urinale ist verstopft, in den Ecken findet sich Müll. Ein "skandalöses Dreckloch", wie der Münchner Ortfried Engler findet. Der Künstler, der ehemals dem Bezirksausschuss Pasing angehört hatte, sah sich trotzdem genötigt, diesen Ort aufzusuchen. Er war nämlich mit einem Freund nach Starnberg gekommen, um das "herrliche Seeuferpanorama mit Alpenblick zu genießen". Und sein Begleiter, ein 88-jähriger Herr, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, verspürte ein dringendes Bedürfnis.

Marode, heruntergekommen und verdreckt: Die Toiletten am Starnberger Bahnhof See sind eine Zumutung. Foto oh (Foto: N/A)

Das Klo am Bahnhof See in Starnberg zu benutzen, kostete die beiden 50 Cent und viele Nerven. Denn der 88-Jährige erlitt, "eingeklemmt zwischen Tür und Kloschüssel", einen Kreislaufkollaps. Nur mit Mühe konnte ihm Engler wieder in den Rollstuhl helfen. Hinterher war der Pasinger so sauer, dass er einen geharnischten Brief samt Fotodokumentation losschickte. "Wenn in Starnberg, Deutschlands bekanntestem Prominenten-Wohnort, dem Touristenmagneten und Naherholungszentrum nicht nur der Münchner, die Bahnhofstoilette so aussieht, wie sehen sie dann in den weniger im Scheinwerferlicht stehenden Regionalbahnhöfen Bayerns und Deutschlands aus?", heißt es in dem Schreiben. Es ging unter anderem an Starnbergs Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger, die Bahn, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, Bayerns Gesundheits- und Wirtschaftsminister Markus Söder und Martin Zeil.

Starnbergs Stadtsprecher Karl-Heinz Springer ist das Problem nicht neu. Seinen Angaben nach gibt es regelmäßig Beschwerden über den "sicherlich suboptimalen" Zustand der Bahnhofstoiletten. "Wir arbeiten daran, das in den Griff zu bekommen", sagt Springer. Allerdings sei es mit der bisherigen regelmäßigen Reinigung nicht mehr getan. Derzeit ermittle die Starnberger Bauverwaltung die Kosten einer Totalsanierung und hole Angebote für einen alternativen Neubau links vom Bahnhofs ein. Womöglich werde sich der Hauptausschuss noch im März mit dem Thema befassen. Das Problem: Der Stadt gehört zwar der Bahnhof, nicht aber das Nebengebäude samt Klohäuschen. Das ist noch im Besitz der DB. Für die Toiletten zuständig ist allerdings die Stadt; sie betreibt die Anlage, nachdem die Bahn das stille Örtchen wegen Vandalismusschäden schließen wollte. Dabei ist es eigentlich erklärter Wille des Stadtrats, das Nebengebäude mit Abort abreißen zu lassen.

Springer zufolge hätte der 88-jährige Ausflügler die Behindertentoilette am Bahnhof gegenüber vom Hotel Seehof benutzen können. "Die ist auf jeden Fall sauber". Das haben Engler und sein Freund aber vermutlich nicht gewusst.

© SZ vom 16.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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