Beim Tierwohl denkt der Mensch zu anthropozentrisch

In Sachen Tierwohl denkt der Mensch noch immer viel zu häufig anthropozentrisch, wobei die Wissenschaft helfen kann und gefordert ist, überholte Denkweisen und Fehlwissen in der Politik und der Praxis zu korrigieren, gerade auch im Hinblick auf die landwirtschaftliche Nutztierhaltung. Das wurde beim Expertengespräch zum Thema „Tierschutz und Tierwohl im Kontext der Nutztierhaltung“ deutlich, zu dem das Bonner Agrar- und Ernährungs-Netzwerk (BAEN) vergangene Woche eingeladen hatte.Als Negativbeispiel verwies Prof. Onur Güntürkün von der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum auf EU-Vorgaben, wonach gehaltenen Tauben an Ketten aufgehängtes Spielzeug zur Verfügung stehen müsse. Seine Versuchstauben hätten auf das Spielzeug mit extremem Stress reagiert, so Güntürkun. Diese Kosten hätte man sich sparen können. 
Tierschutzreferent Prof. Friedhelm Jaeger vom Düsseldorfer Landwirtschaftsministerium wies mit Blick auf eine tiergerechte Haltung auf Fehlentwicklungen in der Schweinezucht hin. Die hohen Tageszunahmen beim Hausschwein von durchschnittlich 750 g bis 850 g hätten im Zusammenhang mit der Fütterung zur Folge, dass der Darm eines jeden dritten Schweins entzündet sei. Die Niederländer peilten für 2020 eine Gewichtzunahme von täglich mehr als 1 kg an, ohne zu fragen, ob dies tiergerecht sei, kritisierte Jaeger. 
Prof. Wolfgang Büscher vom Institut für Landtechnik der Universität Bonn sieht ebenfalls noch einen „riesengroßen“ Forschungsbedarf. Den Landwirten bescheinigte er, hier oft „ein Kopfproblem“ zu haben. Die Tierhalter seien oft überzeugt, alles richtig zu machen.