In fünf Wochen heißt es wieder frohe Weihnacht überall – nur nicht für die rund 80 Mitarbeiter des Mineralbrunnens, die gestern von ihrer bevorstehenden Kündigung bei der Überkinger GmbH erfahren haben. Damit ist das im September eingeleitete vorläufige Insolvenzverfahren gescheitert.
Das Schlimme dabei: Das Ende des Brunnens war abzusehen. Schon seit Jahren dümpelt der einstige Vorzeigebetrieb vor sich hin. Es gab Zeiten, in denen man sich rühmte, beim Mineralbrunnen zu arbeiten. Überkinger war in den 1970er- und 1980er-Jahren der Inbegriff des Mineralwassers. Auf den Festen in der Region saßen die Besucher unter den Sonnenschirmen mit den roten ‚Ü’. Der Sprudel aus Bad Überkingen wurde lastwagenweise zu unzähligen Händlern in ganz Süddeutschland befördert.
Doch mit der Diskussion um den hohen Salzgehalt im Überkinger, wurde schon Ende der 1980er-Jahre das Image schwer beschädigt. Als nicht für Babynahrung tauglich eingestuft, griffen immer mehr Konsumenten zu anderen Produkten. Hinzu kamen Missmanagement und strategische Fehler bei der Mineralbrunnen AG, die viel zu lange an ihrer „Premium-Marke“ festgehalten hat.
Der hohe Preis schreckte und schreckt viele Kunden ab. Das Geschäft mit dem Heil- und Mineralwasser ist knallhart. Vor allem die großen Discounter diktieren spätestens seit der Jahrtausendwende mit ihren eigenen Abfüllungen die Preise. Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit ging der Mineralbrunnen 2012 in die Planinsolvenz.

Die Schwächsten müssen die Fehler ausbaden

Ein Jahr später wurde der Brunnenbetrieb an die Firma IQ 4 YOU verkauft. Es wurde zwar versucht, das Getränkeangebot zu erweitern. Doch den Schwerpunkt setzte man eindeutig auf das Abfüllen von Dosen für den ausländischen Markt. Damit konnte man Geld verdienen. Doch eine Krankheit zwang den Firmenchef zum Verkauf.
Seit 2016 hat Andreas Schönherr mit seiner Swisscans Holding AG das Sagen im Bad Überkinger Brunnenbetrieb. Auch er füllt in erster Linie die Getränke für Kunden ab – vorrangig in Dosen. Das Fördern und den Verkauf des eigenen Mineralwassers behandelte Schönherr dagegen stiefmütterlich. Mit dieser Nachlässigkeit grub er letztlich dem Überkinger das Wasser ab. Ausbaden müssen solche Geschäftsgebaren die Schwächsten im Glied – die Beschäftigten, die immer voll hinter ihrem Brunnen gestanden haben.