Zarah Leander (Foto: IMAGO, Imago/Arkivi -)

Zarah Leander - die spannende Biografie der umstrittenen Diva

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Hans-Jürgen Finger
Hans-Jürgen Finger (Foto: SWR, Alexander Kluge)

Zarah Leander begeisterte mit Liedern wie "Kann denn Liebe Sünde sein?". Die schwedische Sängerin mit der tiefen Stimme war der Superstar der 1930er und 1940er Jahre, wurde verehrt und gleichzeitig als Nazi-Idol geschmäht. Wir erzählen die spannende Lebensgeschichte der Diva.

Die Anfänge der Schauspielerin Zarah Leander

Eine "Peer Gynt"-Vorstellung beeindruckte sie so, dass sie beschloss, Schauspielerin zu werden. 1926 bewarb sich der rothaarige, sommersprossige und rundliche Backfisch an der Königlichen Schauspielschule in Stockholm und fiel bei der Aufnahmeprüfung durch, da sie nie Gesangsunterricht hatte, sondern lediglich als junges Mädchen Klavier und Geige lernte.

Nach mühsamen Anfängen erhielt sie 1929 nach einem Vorsingen beim schwedischen Revuekönig Ernst Rolf das erste große Engagement. Zwei Jahre später gelang der große Durchbruch in der Franz Lehár-Operette "Die lustige Witwe". Ihre Gesangspartie wurde mit Genehmigung des Komponisten eigens für ihre Altstimme transponiert. 

"Seit meinem vierzehnten oder fünfzehnten Lebensjahr habe ich diese Altstimme, es ist eine Naturstimme."

Filmstar und Schlagerlegende Zarah Leander - "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" (Foto: SWR, EMI (Coverscan) -)
Seit Ende der 1920er Jahre bis zu ihrer Premiere in unseren Breiten waren bereits rund 80 Lieder und Chansons von ihr in Schweden auf Schallplatten erschienen. Diese hier gezeigte Zusammenstellung von schwedischen Aufnahmen beinhaltet u. a. ihre Interpretation des Marlene Dietrich-Klassikers "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt".

Unser Musikexperte erinnert an die Diva mit der tiefen Stimme

Erste Erfolge im Ausland

Das Ausland wurde auf den schwedischen Star aufmerksam und 1936 folgte sie dem Ruf aus Wien. Im musikalischen Lustspiel "Axel an der Himmelstür" feierte sie im deutschsprachigen Europa ein umjubeltes Debüt. Der Komponist Ralph Benatzky urteilte: "Ich habe noch nie einen so musikalischen Menschen getroffen". Zur gleichen Zeit entstand ebenfalls in Österreich ihr erster deutschsprachiger Film "Premiere" mit Theo Lingen als Partner.

So wurde Zarah Leander zum Ufa-Star

Der Regisseur Carl Froehlich holte sie 1937 zur Ufa nach Berlin, deren größter Star sie wurde. Zwischen 1937 und 1943 drehte sie zehn Spielfilme, darunter unter anderem "Zu neuen Ufern", "Es war eine rauschende Ballnacht" oder "Die große Liebe". Die Lieder daraus wie z. B. "Yes Sir" oder "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n" wurden zu Gassenhauern.

Die Entstehungsgeschichten dieser Evergreens waren mitunter turbulent: "Der Wind hat mir ein Lied erzählt" aus dem Film "La Habanera" entstand in letzter Minute und war reiner Zufall. Der Regisseur des Films, Detlev Sierck, wollte unbedingt die Liedtexte selbst schreiben. Als dies nicht glückte, wurde der Textdichter Bruno Balz beauftragt. Unter Zeitdruck schrieb er drei Texte, die Zarah Leander vorgelegt wurden. Kurzsichtig, wie sie war, tippte sie mit dem Finger auf einen der drei Refrains. Es hätte ebenso ein anderer werden können…

Szene aus einem Film mit Zarah Leander und Willy Birgel (Foto: IMAGO, Imago/United Archives -)
Szenenfoto aus "Der Blaufuchs"

Bei dem Film "Der Blaufuchs" standen die Dreharbeiten kurz vor dem Abschluss, als der Komponist Lothar Brühne aufgeregt zu Bruno Balz kam und ihm eröffnete: "Wir müssen noch ganz schnell ein zweites Lied für Zarah Leander schreiben. Zeit haben wir leider keine mehr, greif in die Textmappe." Brühne schrieb eilends eine Melodie zu diesem "abgelegten" Text und kurze Zeit später wurde das Werk Zarah Leander vorgestellt, die sofort begeistert war. Das Lied wurde einer ihrer größten Erfolge: "Kann denn Liebe Sünde sein?".

Filmstar und Schlagerlegende Zarah Leander - "Das Neueste von gestern" (Foto: SWR, Extra Produktion (Coverscan) -)
Innerhalb von sechs Jahren drehte sie in Deutschland zehn Filme. Die Lieder daraus wurden Gassenhauer, wie "Kann denn Liebe Sünde sein" oder "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n". Ihre Schallplatten erreichten Millionenauflagen.

Zarah Leanders Bruch mit den Nazis

Als der politische Druck zunahm und zudem ihre Villa in Berlin durch die Kriegshandlungen in Mitleidenschaft gezogen wurde, verließ sie 1943 Deutschland und zog sich auf ihr Gut Lönö in Schweden zurück. Die damaligen Machthaber nahmen ihr diesen Schritt übel und ihre Filme und Schallplatten wurden verboten. Auch in ihrer Heimat war sie nicht willkommen, galt als Landesverräterin, Spionin und Saboteurin. Auf ihrem Landsitz widmete sie sich der Kindererziehung und wartete auf ein Comeback.

"Die ganz schweren Brocken des Schicksals gingen immer haarscharf an mir vorbei. Aber ganz ungeschoren kam ich nie davon."

Rückkehr nach Deutschland

Szenenfoto mit Zarah Leander aus dem Film "Gabriela" (1950) (Foto: IMAGO, Imago/United Archives -)
Zarah Leander in "Gabriela" (1950)

Ende 1948 trat sie erstmals hierzulande wieder auf. Ihre Gastspielreise glich einem Triumphzug. Mehrere Filme folgten und auch in Schweden kehrte sie auf die Bühne zurück. 1958 erlebte sie als "Madame Scandaleuse" in dem gleichnamigen Peter Kreuder-Musical am Wiener Raimund-Theater einen weiteren Höhepunkt ihrer langjährigen Karriere. In den 1960er Jahren folgten die auf sie zugeschnittenen Musicals "Lady aus Paris" und "Wodka für die Königin".

Filmstar und Schlagerlegende Zarah Leander - Madame Scandaleuse (Foto: SWR, Ariola (Coverscan) -)
In Peter Kreuders Musical "Madame Scandaleuse" riss sie das Publikum zu Beifallsstürmen hin. Noch nie hatte das renommierte Raimund-Theater eine größere Begeisterung erlebt als bei ihrem Auftritt. 39 Mal musste sie sich vor den Zuschauern verbeugen - eine Sensation.

"Da ich Deutschland liebte, dort filmte und sang, war Deutschland immer für mich eine zweite Heimat."

Karriereende und Todesursache

"Adieu, meine Zeit ist nun um" sang sie 1973 auf Schallplatte - passend zu ihrer Abschiedstournee durch Deutschland. Ihr letztes Gastspiel hierzulande gab sie am 24. Juni 1978 im Stuttgarter Renitenz-Theater. Im selben Jahr starb ihr langjähriger musikalischer Begleiter und Ehemann Arne Hülphers. Um diesen Verlust zu überwinden, ließ sie sich dazu überreden, in der schwedischen Inszenierung des Stephen Sondheim-Musicals "Das Lächeln einer Sommernacht" nochmals auf die Bühne zurückzukehren. 

Einen Monat nach der Premiere erlitt sie ihre erste Gehirnblutung. Von einem zweiten Schlaganfall im Mai 1981 erholte sie sich nicht mehr und verstarb im Juni darauf im Alter von 74 Jahren.

Filmstar und Schlagerlegende Zarah Leander - "Fenster meines Lebens" (Foto: SWR, EMI (Coverscan) -)
Zwei Lieder aus dem Musical "Das Lächeln einer Sommernacht" von Stephen Sondheim fanden Eingang auf ihrer letzten Langspielplatte, die mit "Fenster meines Lebens" betitelt war. Die Aufnahmen hierzu fanden in Stockholm statt.

"Es gab nicht nur helle Stunden in meinem Leben, sondern auch dunkle. Nicht nur Freunde, sondern auch Feinde. Die dunklen Stunden habe ich vergessen. Meine Freunde sind Freunde geblieben. Deshalb habe ich allen Grund, meinem Schicksal dankbar zu sein."

Zarah Leander: Ihr Leben – kurz und bündig

LebensdatenGeboren am 15. März 1907 in Karlstadt (Schweden), gestorben am 23. Juni 1981 in Stockholm. Ihr bürgerlicher Name lautete Sara Stina Hedberg.
FamilieDer Vater war Instrumentenbauer und Grundstücksmakler. Zarah Leander hatte vier Brüder.
Ehen1926 bis 1932 erste Ehe mit dem Schauspieler Nils Leander, mit ihm bekam sie zwei Kinder. Insgesamt war sie dreimal verheiratet.
Abschied1979 verkündete sie ihren endgültigen Abschied von der Bühne.
ZitatDie Zeitung "Die Welt" schrieb zu ihrem 100. Geburtstag: "Neben der Stimme, diesem aus brustigen Alttiefen vibratoreich und durchdringend, sinnlich bebebend und unverkennbar sich aufschwingendem Erregungsorgan erste Güte für jeden Deutschen, war der Name das Wiedererkennbare, wirklich Einzigartige an dieser seltsamen Frau."

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