Wer als Sohn eines berühmten Komponisten und einer gefeierten Operettensängerin zur Welt kommt, muss zwangsläufig Musik im Blut haben. Ralph Junior war gerade mal fünf Jahre alt, als er ein Knopfakkordeon geschenkt bekam. Bald kamen Gitarre und – zur Freude der Nachbarn – ein Schlagzeug hinzu. Eines Tages brachte der Herr Papa dem jungen Mann ein Tonbandgerät mit und auf dem Speicher des elterlichen Hauses wurde ein kleines Musikstudio eingerichtet.
Die ersten Schritte von Ralph Siegel
Mit 13 Jahren schrieb er unter dem Pseudonym "Peter Elversen" seine ersten Werke. Da bekam er noch Hilfe von einer mit der Familie befreundeten Textdichterin. Es handelte sich um Wiener Lieder, wie zum Beispiel "An der Donau hängt der Himmel voller Geigen".
Noch während der Schulzeit gründete er seine erste eigene Band "Peter Elversen-Septett". Das erste "richtige" Lied, von dem auch Noten gedruckt wurden, war "In der Heimat blüh’n die ersten Rosen", das er zusammen mit seinem Vater schrieb. Übrigens war dies die einzige Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn, was Ralph Siegel rückblickend sehr bedauerte.
Um in die Fußstapfen des Vaters treten zu können, lernte er das Verlagsgeschäft bei Papa von der Pike auf. In diese Zeit fiel auch die erste Begegnung mit Michael Kunze. Gemeinsam entstand ein Album mit den City Preachers ("Warum" – Deutsche Protestsongs), das legendär wurde. Die Texte dieser "Lieder gegen den Krieg" fanden sogar Eingang in schwedische Schulbücher.
"Letzte Schallplattenfirma vor dem Friedhof"
1970 machte sich Ralph Siegel selbstständig und gründete in München die Olympia-Musikproduktion. Ein Jahr später verstarb sein Vater, sodass er die Siegel-Musikverlage mit seinem Unternehmen fusionierte. Er gründete sein eigenes Plattenlabel "Jupiter Records", das er scherzhaft "letzte Schallplattenfirma vor dem Friedhof" nannte, da die Büros unweit des Waldfriedhofs lagen.
Bernd Meinunger wird sein kongenialer Partner
Mitte der 1970er-Jahre stellte sich der Textdichter Bernd Meinunger bei Ralph Siegel vor. Dies war der Startschuss für eine jahrzehntelange Zusammenarbeit. Gleichzeitig war es der Beginn "einer langen, echten Freundschaft. Er spielte supergutes Tennis, schnelles Squash und lief sogar Waldlauf mit mir", verriet Ralph Siegel in seiner Autobiografie. Es entstanden Evergreens wie zum Beispiel "Babicka" für Karel Gott, "Moskau" für Dschinghis Khan, "Abschied ist ein bisschen wie sterben" für Katja Ebstein.
Die große Liebe bleibt der Grand Prix
Ralph Siegel und der Grand Prix d’Eurovision de la Chanson sind untrennbar miteinander verbunden. Insgesamt 25 Teilnahmen am Eurovision Song Contest zählen zu seiner Bilanz. Acht Mal kam er unter die ersten vier und er ist der einzige deutsche Komponist, der diesen Grand Prix gewonnen hat. Doch fast wäre es 1982 gar nicht so weit gekommen ...
Erster deutscher Grand Prix-Sieg
Damals war er bereits mit Marianne Rosenberg und "Blue Jeans Kinder" sowie Paola mit "Peter Pan" bei der Vorentscheidung zum Grand Prix vertreten. Doch dann folgte die Überlegung, noch einen dritten Titel einzureichen.
"Ein bisschen Frieden" mit der jungen Sängerin Nicole schrieb Musikgeschichte: Erstmals siegte ein deutscher Beitrag beim Grand Prix d’Eurovision de la Chanson.
Siegel-Hits für Nicole
Die erste Begegnung mit Nicole lag da gerade mal ein Jahr zurück. Der Komponist Robert Jung spielte ihm eine Aufnahme eines jungen Mädchens vor, die bei einer anderen Plattenfirma auf Ablehnung gestoßen war. Siegel erkannte das Potenzial und veröffentlichte auf seinem eigenen Plattenlabel deren Debüt "Flieg‘ nicht so hoch, mein kleiner Freund". Daraus ergab sich eine langjährige Zusammenarbeit mit ihr und die Hits folgten in Serie. Darunter "Papillon", das Ralph Siegel während eines Krankenhausaufenthalts komponierte, und "So viele Lieder sind in mir", was auch als Motto über seinem reichen musikalischen Leben stehen könnte.
Ralph Siegel und Peter Alexander
Ein unbedeutender Titel namens "Gipsy Boy", den Ralph Siegel für den von ihm entdeckten Sänger Ben Thomas schrieb, war Wegbereiter für die Zusammenarbeit mit Peter Alexander. Kurt Feltz verfasste hierzu einen deutschen Text und Alexander veröffentlichte das Lied "Zigeunerin" auf seiner LP "Schlager-Rendezvous". Der Titel erfuhr regen Zuspruch durch häufige Rundfunkeinsätze, sodass es davon sogar eine Single als "Sonderauflage für Funk und Fernsehen" gab. Dies blieb Peter Alexanders Ehefrau Hilde nicht verborgen.
Er konnte. Es entstanden Klassiker wie "Steck‘ Dir Deine Sorgen an den Hut", "Der Papa wird’s schon richten", "Feierabend" oder "Schwarzes Gold". Als Siegel ihm den Titel "Und manchmal weinst Du sicher ein paar Tränen" anbot, lehnte Peter Alexander ab: "So eine Schnulze kann ich einfach nicht singen." Er musste alle Überredungskünste anwenden, bis der Sänger einwilligte. Es war eine gute Entscheidung - rund eine halbe Million Platten gingen davon über die Ladentheke.
Alle Welthits auf der Musicalbühne
Auf die Erfüllung eines lange gehegten Wunschtraumes musste er jahrzehntelang warten. Bereits seit den 1980er-Jahren hatte er vergeblich versucht, mit "Winnetou", "Corrida" oder "Clownstown" ein Musical auf die Bühne zu bringen. Im März 2015 glückte es und im tschechischen Brünn wurde "Johnny Blue" uraufgeführt, ein Musical, das viele seiner Welthits beinhaltet. Die Arbeit belohnte das Publikum mit "fünfzehn Minuten Standing Ovations", erzählte uns Ralph Siegel im Interview.
Ralph Siegel singt wieder
Später beschäftigte ihn ein weiteres Bühnenwerk. Nach jahrelanger Arbeit führte Siegel sein Musical "Zeppelin" im Festspielhaus Füssen auf. Eigentlich hätte die Premiere 2019 stattfinden sollen, allerdings wurden aufgrund der Corona-Pandemie die geplanten Termine verschoben. Schließlich konnten Musicalliebhaber und Siegel-Fans das Werk ab Oktober 2021 bestaunen. Das Musical handelt über den Pionier der Luftschifffahrt, den berühmten Grafen Zeppelin und den letzten Flug der Hindenburg. In diesem Zusammenhang gab es nach rund 50 Jahren ein Wiederhören mit dem Sänger Ralph Siegel, denn ein Lied daraus wurde von ihm gesungen auf CD veröffentlicht.
"Immer neue Ziele"
Unzählige Gold-, Silber- und Platinplatten zeugen von seinen jahrzehntelangen Erfolgen. Hinzu kommen viele weitere andere Auszeichnungen, wie beispielsweise das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse oder der Echo für sein Lebenswerk, den er 2007 zu Tränen gerührt aus den Händen von Nicole in Empfang nehmen konnte. Nach wie vor gilt, was er bereits vor einiger Zeit gegenüber SWR4 erklärte:
Ralph Siegel - der Steckbrief | |
Geboren | 30.09.1945 in München |
Bekannte Eltern | Der bekannte Komponist, Texter und Verleger Ralph Maria Siegel, der zahlreiche Schlager der 1930er bis 1960er Jahre schrieb ("Ich hab‘ noch ein Koffer in Berlin", "Capri-Fischer") und die Sopranistin Ingeborg Döderlein waren die Eltern von Ralph Siegel. |
Erfolgstitel (Auswahl) | Fiesta Mexicana, Du kannst nicht immer 17 sein, Dschinghis Khan |
Zitat | "Ich will nicht nur Platten verkaufen, ich will gewinnen, weil es eine Ehre ist." (Süddeutsche Zeitung) |