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Effektives Dehnen: Wie du deine Beweglichkeit steigerst und Schmerzen reduzierst

Aktualisiert: 12. Sept. 2023

Ähnlich wie beim Krafttraining herrscht auch beim Thema Dehnen häufig Unsicherheit. Vielleicht fragst du dich: Wie oft sollte ich mich dehnen? Wie lange sollte ich jede Dehnung halten? Muss Dehnen überhaupt wehtun? Sollte ich die Dehnung halten oder federnde Bewegungen machen? Und vor allem: Wann ist der beste Zeitpunkt zum Dehnen - vor oder nach dem Sport? In diesem Artikel werde ich diese Fragen für dich beantworten, ohne dabei ins Extreme zu gehen.



Dass Dehnen nützlich ist, dürfte den meisten bekannt sein. Doch wie dehnt man sich eigentlich am besten? Und was genau sind die Vorteile vom Dehnen?




Warum solltest du dich Dehnen?


Die Gründe für eine regelmäßige Dehnroutine sind vielfältig und können dein Wohlbefinden und deine körperliche Leistungsfähigkeit verbessern. Hier sind die wichtigsten Vorteile des Dehnens:

  1. Verbesserung der Beweglichkeit: Mit zunehmendem Alter nimmt unsere Beweglichkeit statistisch gesehen ab. Studien haben gezeigt, dass wir zwischen unserem 20. und 50. Lebensjahr etwa 10% Beweglichkeit verlieren. Auch danach schreitet dieser Prozess fort, auch wenn genaue Zahlen hier nicht bekannt sind. Eine regelmäßige Dehnroutine kann diesem Verlust entgegenwirken und die Beweglichkeit erhalten oder sogar verbessern. Dies ist besonders wichtig, um die Lebensqualität bis ins hohe Alter aufrechtzuerhalten und die körperliche Leistungsfähigkeit zu unterstützen.

  2. Verbesserung der Haltung: Durch das Dehnen kannst du muskuläre Dysbalancen ausgleichen und eine bessere Körperhaltung entwickeln. Eine aufrechte Haltung kann nicht nur Rückenschmerzen und Verspannungen reduzieren, sondern auch das Selbstbewusstsein stärken.

  3. Reduzierte Muskelspannung: Viele Menschen leiden unter Verspannungen und muskulären Dysfunktionen, die durch Stress, sitzende Tätigkeiten oder einseitige Belastungen verursacht werden können. Durch das Dehnen kannst du die Muskelspannung reduzieren und das Wohlbefinden steigern.

  4. Schmerzreduktion: Eine regelmäßige Dehnroutine kann Schmerzen, insbesondere im Bereich von Muskeln und Gelenken, lindern. Durch das Lösen von Verspannungen und das Verbessern der Beweglichkeit, sowie Anpassungsprozessen im Gehirn, kann das Dehnen eine effektive Maßnahme zur Schmerztherapie sein.



Welche Arten des Dehnens gibt es?


Es gibt verschiedene Arten des Dehnens, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben. Hier sind die gängigsten Arten aufgelistet:

  • Statisches Dehnen: Hierbei wird eine Position eingenommen, in der eine Muskelgruppe auf Zug gebracht wird, und diese für eine bestimmte Zeit gehalten.

  • Dynamisches Dehnen: Beim dynamischen Dehnen werden kontrollierte Bewegungen ausgeführt, um die Muskeln aufzuwärmen und die Beweglichkeit zu verbessern.

  • Ballistisches Dehnen: Das ballistische Dehnen ähnelt dem dynamischen Dehnen, ist jedoch explosiver und nutzt mehr Schwung.



Welche Art zu dehnen ist am effektivsten?


Studien haben gezeigt, dass alle Arten des Dehnens die Beweglichkeit verbessern können. Jedoch ist das statische Dehnen besonders effektiv, wenn es darum geht, die Flexibilität zu steigern. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass statisches Dehnen vor Ausdauer- und Krafttraining die Leistungsfähigkeit reduzieren kann. Wenn du dich auf eine solche Aktivität vorbereitest, können dynamisches oder ballistisches Dehnen sinnvoller sein, da sie das Muskel-, Nerven- und Fasziensystem aktivieren.



Wie oft und wie lange musst du dich dehnen?


Um gute Ergebnisse zu erzielen, ist eine regelmäßige Dehnpraxis wichtig. Es wurde festgestellt, dass eine Dehnung von etwa 30 Sekunden ausreicht, um die Beweglichkeit zu verbessern. Eine Verlängerung auf 60 Sekunden scheint keinen zusätzlichen Effekt zu haben. Dennoch kann es von Vorteil sein, längere Dehnzeiten zu wählen. Für eine effektive Dehnroutine solltest du dich mindestens fünf Minuten pro Woche dehnen. Die Häufigkeit der Dehnung ist dabei flexibel, jedoch sind mindestens fünf Dehneinheiten pro Woche empfehlenswert.


Zusammengefasst bedeutet das:

  • jede Dehnung sollte mindestens 30 Sekunden dauern

  • du solltest mindestens 5 Tage pro Woche dehnen

  • insgesamt mindestens 5 Minuten pro Woche Dehnen


Effektive Dehnprotokolle könnten also wie folgt aussehen:

  • 5 Tage die Woche für 1 Minute Dehnen

  • 5 Tage die Woche zweimal 30 Sekunden pro Tag Dehnen

  • 7 Tage die Woche 45 Sekunden dehnen

Bei der Erstellung deines Dehnplans bist du sehr flexibel solange du dich an die oben genannten Prinzipien hältst.



Musst du beim Dehnen in den Schmerz reingehen?


Die gute Nachricht lautet: Nein, du musst beim Dehnen nicht in den Schmerz gehen, zumindest nicht, wenn es um die Verbesserung der Beweglichkeit geht. Eine interessante Studie mit Balletttänzerinnen hat gezeigt, dass leichtes Dehnen effektiver sein kann, als intensiveres. Die Tänzerinnen wurden in zwei Gruppen eingeteilt - eine Gruppe dehnte sich über sechs Wochen mit sehr geringer Intensität, die andere mit höherer Intensität. Überraschenderweise hatte die Gruppe mit der leichten Intensität nach den sechs Wochen eine deutlich verbesserte Beweglichkeit im Vergleich zur anderen Gruppe. Das bedeutet, dass ein sanftes Dehnen, das keine Schmerzen verursacht, sogar effektiver sein kann als intensives Dehnen.



Gibt es Gründe beim Dehnen in den Schmerz reinzugehen?


Ja, es gibt Situationen, in denen intensiveres Dehnen Vorteile haben kann, vor allem wenn es um die bewusste Wahrnehmung und Schmerztoleranz geht. Unser Gehirn spielt dabei eine entscheidende Rolle. In einem Bereich namens "Insula" werden unsere inneren Empfindungen und Wahrnehmungen verarbeitet. Durch regelmäßiges Training, wie beispielsweise Yoga, können wir unsere Schmerztoleranz erhöhen und bewusst auf Reize reagieren. Menschen, die regelmäßig Yoga praktizieren, haben eine erhöhte Schmerztoleranz und vermehrte graue Substanz in der Insula. Dadurch sind sie besser in der Lage, bewusst auf schmerzhafte Reize zu reagieren und diese zu akzeptieren. Diese Fähigkeit beruht auf der Aktivierung spezieller Neuronen, den sogenannten "Von Economo Neuronen", von denen Menschen die höchste Anzahl besitzen. Diese Neuronen ermöglichen es uns, bewusst auf Reize zu reagieren und reflexartige Reaktionen zu überschreiben. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die Fakire, die sich von offensichtlichen Schmerzreizen nicht aus der Ruhe bringen lassen.


Eine besondere Form des Yoga, Yin Yoga, legt den Fokus auf lange, intensive Dehnungen. Diese Praxis kann dazu beitragen, eine tiefere Verbindung zum eigenen Körper herzustellen und das Bewusstsein für das Dehnen zu schärfen.

Solltest auch du das Gefühl haben Einschränkungen deiner Beweglichkeit zu haben, ist es möglich deine Bewegungsmuster im Rahmen meines Trainingspakets zu überprüfen und diese gezielt zu verbessern.


Bis dahin viele Grüße und bis bald.


Dein persönlicher Physio


Johannes Lingen


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