Riegelhaus ist «Abbruchhütte»

TAGERWILEN. An der Hauptstrasse 56 soll langfristig eine moderne Überbauung entstehen. Das Gesuch zur Beseitigung der bestehenden Baute liegt auf. Der Heimatschutz hat Einsprache eingereicht und verlangt eine Abklärung.

Brigitta Hochuli
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Seit 40 Jahren nichts investiert: Als «wertvoll» eingestuftes Abbruchobjekt an der Tägerwiler Hauptstrasse. (Bild: ho)

Seit 40 Jahren nichts investiert: Als «wertvoll» eingestuftes Abbruchobjekt an der Tägerwiler Hauptstrasse. (Bild: ho)

Seit Sommer 2009 gehört das Riegelhaus Walter Saxer. «Es ist bald lebensgefährlich», sagt er. Alle Böden seien krumm. Er selber könne darin nicht aufrecht stehen. Etwas zu reparieren sei zu teuer. Allenfalls könne man das Ganze auf den Ballenberg zügeln.

Bewohnt wird das Haus von Studenten, die sich mangels Heizung mit lauter kleinen Öfeli warmhalten. Walter Saxer, dem weiteres Land mit Werkstatt und Laden neben dem Riegelhaus gehört, plant auf dem Areal eine moderne Überbauung. Er hat vorsorglich ein Abbruchgesuch gestellt. Noch bis morgen Mittwoch liegt es bei der Gemeinde auf.

Seit 40 Jahren nichts investiert

Gemeindeammann Markus Thalmann hat Verständnis für das Gesuch. Er spricht von einer «Abbruchhütte». Seit 40 Jahren sei da nichts investiert worden. Stattdessen wolle man in Tägerwilen baulich die innere Verdichtung vorantreiben. Obwohl die Neubaupläne auf zwei bis drei Jahre angelegt sind, hat Thalmann dem Besitzer geraten, ein Abbruchgesuch frühzeitig einzureichen. Denn der Gemeindeammann weiss: «Der Prozess kann dauern.»

Als «wertvoll» eingestuft

Im Hinweisinventar des kantonalen Amtes für Denkmalpflege ist die Liegenschaft als «wertvoll» eingestuft. Beschrieben wird sie als: «gestreckter Vielzweckbau mit dichtem Fachwerk an Giebel- und strassenseitiger Trauffront. Gedeckter Kellerhals. Eventuell traditionelle Innenausstattung vorhanden. Umzäunter Vorgarten.» Diese Einstufung soll nun nach dem Willen des Tägerwiler Gemeinderats von «wertvoll» in «Gesamtform erhaltenswert» geändert werden. Ein Gesuch bei der Denkmalpflege ist beschlossene Sache.

«Aus orts- und raumplanerischen Gründen wäre es absolut sinnvoll, an dieser zentralen Lage Raum für Gewerbe und rechten Wohnanteil zu realisieren», begründet der Gemeinderat seinen Beschluss. Nur so könne eine weitere Ausdehnung am Siedlungsrand verhindert werden.

Kein neuer Fall Altnau

Markus Thalmann rechnet durchaus mit Opposition und erinnert an einen Fall in Altnau. Hier muss auf einen von der Primarschulgemeindeversammlung beschlossenen und von der Gemeinde bewilligten Hausabbruch verzichtet werden.

Künftig müssen auf Geheiss des kantonalen Departements für Bau und Umwelt Verbände wie Heimatschutz, WWF oder Pro Natura bei Änderungen an «wertvollen» oder «besonders wertvollen» Objekten per Einschreiben orientiert werden. Dies hat der Tägerwiler Gemeinderat getan. Denn grundsätzlich sei man an einer Abklärung interessiert. Der Thurgauer Heimatschutz hat darauf prompt reagiert und vorsorglich eine Einsprache eingereicht. Es gelte abzuklären, «ob die Liegenschaft noch schutzfähig ist».

Offen für gute Lösungen

Präsident Uwe Moor betont, dass die Einsprache grundsätzlicher Art sei, da man das Gebäude nicht von innen kenne. Es sei möglich, dass die Einstufung «wertvoll» den heutigen Anforderungen nicht mehr genüge und man zum Beispiel der Einstufung «Gesamtform erhaltenswert» zustimmen würde. Auch ein architektonisch befriedigender Neubau könnte die Einsprache hinfällig machen, so Moor. «Jedenfalls werden wir offen sein für gute Lösungen.»