Interview

Wie ein Hamburger zum erfolgreichsten Inselverkäufer der Welt wurde

Farhad Vladi ist Inselmakler, der erfolgreichste der Welt. Mehr als 3000 Privatinseln hat der Hamburger an eine illustre Kundenschar gebracht. Aus langer Erfahrung weiß er: Viele sind reif für die Insel - nicht jeder kann es sich leisten. Aber er hat auch Schnäppchen im Angebot.

Samstag, 22.04.2023, 11:59 Uhr
Verkaufen Sie Träume? Farhad Vladi ist überzeugt: "Ja." Foto: Bernhard Krieger/dpa-tmn (Symbolbild)

Verkaufen Sie Träume? Farhad Vladi ist überzeugt: "Ja." Foto: Bernhard Krieger/dpa-tmn (Symbolbild)

Von Markus Lorenz

TAGEBLATT: Herr Vladi, angenommen, ich möchte 100.000 Euro anlegen. Hätten Sie eine Insel für mich?

Farhad Vladi: Ja. Wenn man sich ein gutes Auto leisten kann, kann man sich auch eine Insel leisten. Die günstigste bei uns kostet zurzeit etwa 60.000 Euro. Sie liegt vor Nova Scotia, an der Ostküste von Kanada, und ist nicht bebaut.

Ihre teuerste Insel derzeit?

Die Vatuvara-Inselgruppe in Fidschi, bestehend aus vier Inseln für 150 Millionen US-Dollar. Die Hauptinsel kostet 75 Millionen.

Warum kaufen sich Menschen bei Ihnen eine Privatinsel?

Die Menschen haben auf ihrer Insel die Kontrolle über alles das, was sie sehen. Keiner kann sie stören. Und: Inseln haben sehr viel Energie, auch physisch, weil das Meer immer rauscht. Ich sage gern: Inseln sind die Apotheke für die Seele. Wer einmal eine Insel hat, der will sie nicht wieder hergeben.

Verkaufen Sie Träume?

Ja. Und ich glaube, dass sich auf unseren Inseln viele Träume erfüllen. Allerdings nicht alle, denn jede Insel hat ihre Nachteile. Meinen Kunden sag’ ich: „Das Paradies gibt es auch. Aber das ist da oben“ (Vladi blickt gen Himmel und lacht).

Welche Nachteile?

Manchmal sind es politische Umstände, bei anderen Inseln sind es meteorologische. In Alaska zum Beispiel ist die Saison viel kürzer als in der Karibik.

Wie genau verkauft man Inseln?

Ich rate Interessenten immer, dass sie sich erst einmal eine Insel mieten, davon haben wir 64 im Angebot. Um zu spüren, was das Leben auf einer Privatinsel bedeutet. Das kann man auf einer Postkarte nicht zeigen.

Farhad Vladi in seinem Büro an der Binnenalster. Foto: Markus Lorenz

Farhad Vladi in seinem Büro an der Binnenalster. Foto: Markus Lorenz

Und dann folgt die Besichtigung?

Wenn ich Kunden eine Insel zeige, bleibe ich immer im Boot und sage: „Gehen Sie und sehen Sie sich die Insel ohne mich an.“ Denn das Schlimmste, was ein Inselmakler machen kann, ist es, den Leuten hinterherzulaufen und ständig zu sagen: „Gucken Sie mal, ist das nicht schön?“.

Was passiert, wenn Interessierte die Insel erkunden?

Die Natur spricht mit den Menschen, und sie erleben die Energie. Man fühlt sich wie ein König auf seiner Insel, und in gewisser Weise ist man es auch. Aber: Es gibt immer einen noch mächtigeren Souverän, das ist die Natur. Der müssen Sie gehorchen.

Wie kamen Sie auf die Idee, ausgerechnet Inseln zu verkaufen?

Ich war schon als Kind von Inseln begeistert, habe fasziniert „Robinson Crusoe“ und „Die Schatzinsel“ gelesen. Ende der 60er Jahre habe ich durch Zufall in einem Restaurant in München in einer liegen gelassenen Zeitung geblättert. Und gelesen, dass sich jemand für 5000 D-Mark eine Insel gekauft hat. Das brachte mich auf die Idee.

Was war Ihr erstes Objekt?

Cousine Island auf den Seychellen.

Warum gerade die?

Ich hatte gehört, dass die Seychellen im Indischen Ozean die schönsten Inseln der Welt sein sollen. Also habe ich mich in meinen alten VW gesetzt und bin nach London ins Commonwealth Office gefahren, um zu fragen, ob ich eine Seychellen-Insel kaufen kann. Der Beamte hat gesagt: „Natürlich nicht“ - und mich mehr oder weniger rausgeworfen (lacht).

Trotzdem war das Ihr Einstieg ins Geschäft…?

Ich habe dann in einer Seychellen-Zeitung einfach eine Annonce aufgegeben: „Vladi sucht eine Privatinsel auf den Seychellen.“ Für 50 D-Mark bekam ich eine ganze Seite für die Anzeige. Und tatsächlich: Es meldete sich jemand. Ein Italiener hatte Cousine Island gekauft, um sie seiner Frau zu schenken, doch dann ist aus der Ehe nichts geworden. Also wollte er sie wieder loswerden. Das Problem war der Preis: Die Insel sollte eine Million Mark kosten. So viel hatte ich natürlich nicht.

Wie kamen Sie an das Geld?

Ich habe in Hamburg einfach Personen angeschrieben, von denen ich annahm, dass sie Geld haben. Gemeldet hat sich Robert Vogel, einer der wichtigsten Immobilienunternehmer in Hamburg. Und tatsächlich hat er Cousine Island 1971 gekauft, gemeinsam mit dem Kaffeeunternehmer Albert Darboven und dem Bankier Enno von Marcard. Ich bekam drei Prozent Provision, 30.000 D-Mark. Das war damals unheimlich viel Geld für mich. Meine Lehre bei der Deutschen Bank habe ich noch beendet und mich danach vollständig auf den Verkauf von Inseln konzentriert.

Woher nahmen Sie den Mut, für eine ziemlich vage Idee ein paar Millionäre anzusprechen?

Ich wollte meinen Traum nicht so einfach aufgeben, nur weil ich die Million nicht hatte. Als ich dann die Reaktion von Robert Vogel und Albert Darboven gesehen habe, wusste ich, dass ich damit auf dem richtigen Weg bin. Meine zweite verkaufte Insel war übrigens North Island, ebenfalls auf den Seychellen, die später international große Schlagzeilen gemacht hat.

Inwiefern?

Ich habe North Island 2011 an das britische Königshaus vermietet - für die Flitterwochen von Prinz William und Kate.

Was treibt Sie an?

Erfolgswille. Ich wusste, ich kann es schaffen und ich will es schaffen. Inseln waren mein Traum, das war mein Push. Man soll nie aufgeben, wenn man eine gute Idee hat.

Zu ihren Kunden gehören etliche Prominente, Reiche, Schöne und Künstler. Welche Namen dürfen Sie verraten?

Der berühmteste ist vielleicht Larry Page, der Gründer von Google, der von mir Eustatia Island auf den British Virgin Islands gekauft hat. Kunden waren auch die persische Kaiserfamilie, die auf den Seychellen gekauft hat, die Schauspieler Johnny Depp mit einer Bahamas-Insel und Nicolas Cage. Zu den Mietern gehören der Milliardär Richard Branson, Bill Gates und Paul McCartney, der ausgerechnet Cousine Island für seine Hochzeitsreise gemietet hat. Und: Tony Curtis hat von mir drei Inseln vor der kanadischen Ostküste erworben und die Provision mit selbst gemalten Bildern bezahlt (lacht).

Gibt es namhafte deutsche Kunden?

Selbstverständlich. Jörg Pilawa und Oliver Welke zum Beispiel. Auch Dieter Hallervorden, der eine Insel in Frankreich gekauft hat, mit einem Schloss darauf. Vorher hatte ich mit ihm 27 Inseln besichtigt.

Sie verkaufen an Wohlhabende. Macht der Verkauf von Inseln reich?

Ach, wenn mir alle die Inseln gehören würden… Ich bin ja als Makler tätig, bezahlt werde ich gemäß den Maklergesetzen der jeweiligen Länder. Meistens bekomme ich eine Provision von fünf Prozent. Davon kann ich aber sehr gut leben, ich habe nie wirtschaftliche Probleme gehabt.

Und Sie konnten sich eine eigene Insel kaufen…?

Das ist Forsyth Island in Neuseeland, gelegen zwischen den beiden Hauptinseln. Traumhaft schön. Da gibt es 100 Schafe und 50 zahme Kaschmirziegen. Manchmal nehmen wir eine mit zum Spaziergehen.

Wo verkaufen Sie die meisten Inseln?

Die Schwerpunkte liegen in Kanada, Skandinavien, in der Bretagne, in der Karibik, in der Südsee, in den Fidschis, in Französisch Polynesien, in Neuseeland und Queensland.

Verkaufen Sie deutsche Inseln?

Ja, aber sehr wenige. Vor Rügen haben wir zwei Inseln verkauft, auf einer davon soll angeblich ein Schatz von Störtebeker liegen. Verkauft haben wir auch die Fasaneninsel im Eutiner See und eine Insel im Rhein, nicht weit von der Loreley.

Wenn Sie Sylt verkaufen könnten, zu welchem Preis?

(überlegt) Als nackte Insel, ohne irgendwas drauf - ich würde sagen 50 bis 100 Millionen Euro.

Sind Ihre Inseln vom Klimawandel bedroht?

Diese Frage höre ich öfter. Aber, nein: Auf den Inseln, die wir verkaufen, ist das kein drängendes Thema. Erst wenn der Meeresspiegel um zweieinhalb Meter steigen würde, bekämen die Menschen auf den ersten unserer Inseln nasse Füße.

Sie sind Botschafter des Weltzukunftsrats, der sich für die Umwelt und die Zukunft der Menschheit einsetzt. Wie kam es dazu?

Ich bin mit Jakob von Uexküll zur Schule gegangen, dem Stifter des alternativen Nobelpreises und dem Gründer des Weltzukunftsrats. Er ist einer meiner engsten Freunde. Im Zukunftsrat gucke ich ein bisschen auf die Finanzen und werbe Spenden ein. Die Zielsetzung des Rats ist für mich richtig, denn: Wenn die Umwelt nicht in Ordnung ist, dann haben wir alle Probleme. Für die Ozeane heißt das: Bei mehr als 23 Grad Wassertemperatur sterben die Korallen ab. Auf den Seychellen sind wir aber schon bei 26 Grad, auf den Malediven bei 30 Grad. Wir müssen sehr aufpassen und etwas dagegen tun.

Bitte ergänzen Sie...

Helgoland… sehr schöne Insel, die ich auch gern als Größenangabe nutze: Diese oder jene Insel ist so groß wie Helgoland.

Die Osterinseln… da habe ich leider keine Inseln verkauft.

Atlantis… ich denke dabei immer ans Atlantic Hotel, weil das noch existiert und ich dort häufiger meine Gäste einlade.

Bora Bora… gehört zum Ringatoll von Französisch Polynesien, auf dem ich eine Insel an Diana Ross verkauft habe.

Die Insel von Robinson Crusoe… liegt vor Chile, und in meinem Büro bewahre ich die Original-Flinte von Alexander Selkirk auf, dem echten Vorbild für die Romanfigur.

Die Insel der Seligen… ist für alle Menschen, die Inseln geliebt haben und jetzt nicht mehr am Leben sind.

Zur Person

Farhad Vladi ist 1945 in Hamburg geboren, doch seine Wurzeln reichen bis in den Kaukasus und in den Iran. Sein Vater kam 1925 als Dolmetscher von Persien nach Deutschland und heiratete eine Hamburgerin. Der Sohn studierte Volkswirtschaft in seiner Heimatstadt, absolvierte danach eine Ausbildung bei der Deutschen Bank. Noch als Auszubildender verkaufte er 1971 seine erste Insel. Der Liebhaber historischer Landkarten engagiert sich im Weltzukunftsrat und bei der Organisation Map Action, die für humanitäre Hilfseinsätze in Katastrophengebieten Kartenmaterial zur Verfügung stellt. Er ist Honorarkonsul der Seychellen. Farhad Vladi hat drei Kinder und zwei Enkel. Er lebt mit seiner Frau in Hamburg-Harvestehude und in Nova Scotia in Kanada.

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