Bleibt für Rotterdams Hafenwirtschaft trotzt Einbußen ein Brot- und Buttergeschäft: der Containerumschlag, Foto: Arndt

Rotterdam spürt Weltkrisen

Der Rotterdamer Hafen stellt sich auch für 2024 beim Seegüterumschlag auf ein schwieriges Jahr ein.

Boudewijn Siemons, mit dem Stichtag 1. Februar zum neuen CEO beim Hafenbetrieb Rotterdam (HbR) bestimmt, spricht von einem „nur schwer einschätzbaren Jahr 2024“, das damit lückenlos an das auch für Rotterdam herausfordernde Umschlagjahr 2023 anschließt.

Die Hafenbilanz weist einen Gesamtumschlag von 438,8 Millionen Tonnen nach 467,4 Millionen Tonnen (t) aus. Das entspricht einem Rückgang von 6,1 Prozent im Vorjahresvergleich. Was die Gütergruppen betrifft, bleibt Flüssigladung für Rotterdam mit Blick auf die reine Tonnage die tragende Säule beim Gesamtumschlag. Mit rund 205,6 Millionen Tonnen liegen die Flüssiggüter um gut 3,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau von 212,8 Millionen Tonnen.

Herausragendes Einzelgut in diesem Gesamtpaket bleibt Rohöl, auf das im aktuellen Berichtsjahr gut 102,5 Millionen Tonnen entfielen nach 103,9 Millionen Tonnen 2022 (minus 1,4 Prozent). Dieser Rubrik ist auch LNG zugeordnet, das für Rotterdam weiter an Bedeutung gewinnt, weil im Maashafen immer mehr Schiffe mit LNG-Antrieb mit Flüssigerdgas nachversorgt werden. Daher fiel vor wenigen Monaten die Entscheidung bei der Betreibergesellschaft des GATE-Terminals – es sind die Firmen Gasunie und Vopak – , den seit dem Jahr 2011 operativen Bestandsterminal zu erweitern. 2023 wurden in Rotterdam gut 11,9 Millionen Tonnen Flüssigerdgas umgeschlagen (2022: 11,5 Millionen Tonnen).

Auf trockenes Massengut entfielen zwischen Januar und Dezember 2023 rund 70,6 Millionen Tonnen nach 80,1 Millionen Tonnen im Vorjahr (minus 11,8 Prozent). Einen starken Rückgang verzeichnen als Einzelgut Kohlen. Den 23,1 Millionen Tonnen im aktuellen Berichtsjahr standen 2022 rund 28,9 Millionen Tonnen gegenüber (minus 20,3 Prozent). Für die starke Veränderung liefert der HbR diese Erklärung: Der Kohleumschlag sank insbesondere durch die geringe Nachfrage nach Energiekohle, die für die Stromproduktion benötigt wird. Aber: 2022 erlebte die Nachfrage nach Energiekohle deshalb eine lebhafte Nachfrage, weil als Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine (24. Februar 2022, d. Red.), sehr rasch russisches Erdgas mit Sanktionen belegt wurde, somit in Westeuropa eine Alternativversorgung bei der Stromerzeugung aufgebaut werden musste.

Bemerkenswert beim trockenen Massengut ist für das Berichtsjahr 2023 die Entwicklung beim Agribulk. Es legte um 31,3 Prozent von 8 Millionen Tonnen auf 10,6 Millionen Tonnen zu. Über Rotterdam wurde große Mengen Mais eingeführt, weil es in Europa zu klimabedingten Ernteausfällen kam – Dürre und Überschwemmungen – , die ausgeglichen werden mussten. Unterm Strich wurden 50 Prozent mehr Mais über den Maashafen eingeführt als 2022.

Beim Containerumschlag, in den sowohl der HbR als auch die privaten Terminalbetreiber in den zurückliegenden 20 Jahren intensiv investiert hatten, musste Rotterdam kräftig Federn lassen. Das containeri sierte Stückgutaufkommen erreichte gut 130,2 Millionen Tonnen (2022: 139,7 Millionen Tonnen) und liegt damit um 6,8 Prozent unter dem Vorjahreslevel. Auf TEU-Grundlage fielen 13,4 Millionen Standardboxen an, nach 14,5 Millionen TEU 2022 (minus 7 Prozent). Trotz des aktuellen Rückgangs im Box-Segment steht der Containerumschlag in Rotterdam weiterhin hoch im Kurs. Das zeigt sich auch an den aktuellen Investitionsentscheidungen der Unternehmen. So werden APM Terminals (APMT) und Rotterdam World Gateway (RWG) ihre Anlagen im Hafenbecken „Prinses Amaliahaven“ (Maasvlakte II, d. Red.) erweitern. APMT sieht einen Flächenzuwachs um etwa 47,5 Hektar vor. Dank der Erweiterung wird die Terminalkapazität um rund zwei Millionen TEU erhöht. Bei RWG umfasst die Erweiterung gut 45 Hektar Terminalgelände und 920 Meter Kaimauer. Dadurch werde die Kapazität von RWG schrittweise um 1,8 Millionen TEU erhöht, so der HbR. Zudem werden die beiden Terminals für den Landstrombetrieb hergerichtet.

Sonstiges Stückgut verlor im Berichtszeitraum um 15,1 Prozent und pendelte sich bis Jahresende auf gut 6,5 Millionen Tonnen ein nach 7,6 Millionen Tonnen im Vorjahr.

Indes treibt der HbR die maritime Energiewende im Maashafen konsequent voran. Dazu gehört unter anderem der Aufbau eines niederländischen Wasserstoffnetzwerks. Das Startsignal wurde am 27. Oktober 2023 im Rotterdamer Hafen offiziell erteilt. Das Netz, das allen Lieferanten und Abnehmern von Wasserstoff offensteht, wird künftig rund 1200 Kilometer lang sein und fünf Industrieclustern in den Niederlanden Zugang zu „grünem Wasserstoff“ bieten. EHA

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