Umgang mit Bösartigkeit

Ein bösartiges Verhalten, das andere Menschen entwertet, schikaniert, ärgert oder sonst wie schädigt, das ist “trollen“, die Person wird „Troll“ genannt. Verbreitet hat sich diese Form destruktiven Verhaltens in den letzten Jahren vor allem im Internet, wo Polarisierungen und Beleidigungen stark zugenommen haben. Es scheint aber nur die Spitze eines Phänomens von Bösartigkeit zu sein, die erst durch das Internet sichtbar geworden ist, aber im Beziehungsalltag oder in Organisationen sehr oft vorkommt und enormen Schaden anrichtet. Was die Ursachen dafür sind, wie wir damit in Organisationen oder im Alltag umgehen können, darum geht es in diesem Beitrag. 

Was ein destruktives Verhalten ist

Ein destruktives Verhalten ist irrational und dysfunktional, wenn eine soziale oder kommunikative Interaktion „gestört“, also ungesund und unreif ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn Motiv, Ziel und Handlung auseinander driften. Ein destruktives Verhalten schiebt ein anderes Motiv vor, mit einer „hidden agenda“ im Hintergrund, z.B. wie im vorliegenden Fall den anderen zu schikanieren.

Daher ist ein destruktives Verhalten nicht dasselbe wie ein Streit oder ein Konflikt, denn diese Interaktionen sind „sozial gesund und reif“, dienen sie doch der Differenzierung und Positionierung, fördern dadurch Entwicklung. Im Gegensatz erleben wir „trollen“ in Form von Faktenverdrehungen, Unterstellungen, Manipulationen oder Lügen, teilweise vorsätzlich oder unbewusst, immer geht es aber darum den anderen Menschen zu schädigen.

Beispiel:

„Das stimmt so nicht, das habe ich in einer Studie anders gelesen“ (Was einfach in den Raum gestellt wird, nicht belegt wird, da es erfunden ist)

„Ich habe von dieser Person gehört, dass……“ (Das bewusste Streuen von Gerüchten)

 „Ich weiß als Psychiater und Arzt, dass…..“ (Es wird auf die eigene Kompetenz verwiesen und gleichzeitig bewusst gelogen)

Den anderen Menschen zu entwerten, um besser oder klüger wie der andere sein zu wollen. Ein “spiritus minor” (lateinisch was soviel wie Kleingeist bedeutet) muss andere Menschen abwerten, damit er sich selber erhöht. Der Erfolg des anderen Menschen darf nicht sein, damit nicht die eigene Unfähigkeit sichtbar wird. So hat der österreichische Arzt und Psychiater Wilhelm Reich schon vor fast 100 Jahren das sozialpathologische Phänomen der Bösartigkeit im Buch “Christusmord” beschrieben. Das Gute beim anderen Menschen muss zerstört werden, um die eigene Dunkelheit auszuhalten.

Was ein Troll ist

Der Begriff “Troll” stammt aus der nordischen und germanischen Mythologie. Trolle erscheinen nachts, da sie kein Sonnenlicht aushalten, sind buckelig, krumm und tollpatschig, aus ihrer Nase rinnt meistens Rotz, sie sind bösartig und hinterhältig. Bekannt wurde das Fabelwesen durch das Buch „Herr der Ringe“. In den letzten Jahren wurde der Begriff umgangssprachlich für Zeitgenossen verwendet, die sich im Internet in Foren einschleichen, beleidigen und sich davon machen, mit einem einzigen Ziel: Schaden anzurichten. Nach einer wissenschaftlichen Definition (Fichman und Sanfilippo, 2016) zeichnet sich trollen dadurch aus, ausschließlich im Internet stattzufinden und die handelnden Personen kennen sich nicht, was der Unterschied zum „cyberbulling“ ist.

Trollen beschränkt sich daher nicht auf das Internet, sondern wir erleben es im Alltag von Beziehungen oder Organisationen, was auch die Wissenschaft belegt.

Ein Troll ärgert und schikaniert andere

Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Troll sind zwar noch recht dünn, aber vorhanden. So haben Alexander Bor & Michael Bang Petersen von der Universität Aarhus  herausgefunden, dass “trollen” im Internet eine bereits im täglichen Leben vorhandene Bösartigkeit nur noch verstärkt. Das Internet dient als Art Megafon, da es sich schnell verbreitet und vor allem die Möglichkeit bietet, aus einer gesicherten Position der Anonymität heraus zu agieren. Das bedeutet, dass diese Form der Bösartigkeit im täglichen Miteinander außerhalb des Internets schon vorhanden ist, wie das bewusste Verdrehen von Fakten oder andere Menschen zu entwerten.

Was Trolle noch auszeichnet ist die Unfähigkeit auf Argumente einzugehen, weder zu zu reflektieren noch zu differenzieren zu können. Denn das würde „Zuhören voraussetzen, was Trolle nicht können.

Eine andere Studie unter dem bezeichnenden Namen “trolls just want to have fun” (Erin E. Buckels, Paul D. Trapnell und Delroy L. Paulhus) hat noch etwas anderes festgestellt. Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einem Troll und einem sadistischen Persönlichkeitsprofil. Sadisten wollen schikanieren und ärgern, schlichtweg schädigen, da sie das Leid des anderen Menschen als lustvoll empfinden. Wenn es nicht auf gegenseitigem Einverständnis beruht, dann ist es Ausübung von Gewalt, oft in Form von Manipulationen, bis hin zu emotionalem Missbrauch. Nicht jeder Troll muss ein Sadist sein, aber es gibt eine klare Verbindungen.

Bösartigkeiten im Organisationskontext sind oft getarnt in einem Managementgeschwurbel, wo z.B. die Kompetenz oder die Fähigkeit der MitarbeiterInnen in Zweifel gezogen wird, ohne dies zu begründen. Das alles sind Indizien für eine unreife Unternehmenskultur, mit subtilen Drohungen, Abwertungen und Manipulationen.

Beispiel: „Ich glaube nicht dass Du das kannst”, „ Das kann ja jeder, ist ja nichts besonders“ (Herabwürdigung der Leistung des anderen)

„Du hast aber eine lebendige Fantasie“ (Dem anderen etwas unterstellen)

Die schlimmste Form ist die Ignoranz der Leistung des anderen, oder die Leistung des anderen wird für sich selber verkauft.

Auswirkungen

Tatsachen verdrehen, Situationen anders darstellen, bei Dritten einen anderen “schlecht reden”, manipulieren, was auch immer, das alles damit sich der andere schuldig fühlt. Schuld und Scham sind sehr perfide Formen von emotionalem Missbrauch, die Opfer wissen nicht, wie ihnen geschieht, da Bösartigkeiten oft in Zuckerwatte verpackt sind.

Beispiele:

 „Du bist so ein wertvolle Mitarbeiter, aber wegen Dir ist das Projekt gescheitert, Du hast die ganzen Kosten verursacht “ (Dem anderen die Schuld geben)

„Du bist mir sehr wichtig, aber mir kommt vor, dass Du dich in letzter Zeit so seltsam verhaltest“ ( Vermutungen im Raum stellen, ohne dies zu begründen)

Die “Beschuldigten” glauben dann etwas falsch gemacht zu haben, fühlen sich schuldig und versuchen, es noch besser zu machen, ohne Aussicht auf Erfolg. Viele kooperative und im Grunde hilfsbereite Menschen werden Opfer, vor allem in Beziehungen von emotionalem Naheverhältnis wie Familien oder Arbeitskollegen. Der Selbstwert der anderen Menschen wird zerstört, es kann bis zu Angststörungen oder Panikattacken gehen. Vor allem wird daduch in Organisationen Entwicklung, Reifung und Wachstum verhindert.

Meine persönliche Erfahrung mit diesem Verhalten ist die Erkenntnis, dass es mit dem Umgang von Bösartigkeit nur eine Lösung gibt: aus dem Weg zu gehen und um bösartige Menschen, die Dein Tun und Sein hintergehen, einen ganz großen Bogen machen.

Was wir in Organisationen tun können

Die wichtigste Erkenntnis im Umgang mit Trolle ist, dass es sich um eine “soziale Behinderung” handelt. Das bedeutet, man kommt mit den normalen zwischenmenschlichen Formen wie Dialog, Zuhören und Gespräch nicht weit. Das einzige was wir machen können, Trolle rechtzeitig zu erkennen, keine Energie zu verschwenden, ihnen aus dem Weg zu gehen oder sie nicht mit Aufmerksamkeit zu füttern.

Trolle haben eine ähnliche Verdauung wie Seepferdchen, denn es fehlt ihnen schlichtweg der Magen. Das führt zu einem unstillbaren Hunger nach Aufmerksamkeit.

  • Der Troll will letztlich nur Aufmerksamkeit, Anerkennung und Liebe, aus einer eigenen Unsicherheit

  • Konfrontation mit dem Troll bringt nichts, da er sich verteidigt, täuscht und lügt.

  • Wahrheit aufzudecken“ gelingt daher nicht und ist unmöglich

  • Akzeptiere stattdessen, dass der Manipulator ist, wie er ist, und dass er vielleicht sogar an seine eigene verzerrte Realität glaubt

Neid dagegen kann im Gegensatz dazu eine sehr produktive Energie auslösen, ebenso wie Konkurrenz. Aber bei der Bösartigkeit eines Troll geht es nur darum, den anderen zu schädigen. Oft kann man sich autoritären Machtstrukturen in Organisationen nicht wehren, dann gibt es nur eine Möglichkeit: Trolle keine Macht zu geben, nicht versuchen mit ihnen zu diskutieren, seinen eigenen Selbstwert nicht vom Troll abhängig machen. Wenn das auf Dauer nicht gelingt, kann der persönliche Schaden enorm sein. Aus diesem Grund sollte als letzte Ausweg das Verlassen der bösartigen Situation sein, auch wenn es Kontaktabbruch oder Jobverlust bedeutet, denn man zahlt dafür deinen hohen Preis.

Aber wenn man sich diesem Thema nähert setzt man sich der Gefahr aus, Besserwisser zu sein. Daher gilt auch hier der Blick in den Spiegel und in die eigene Seele als dauerhafter Auftrag, denn in jedem von uns lauern dunkle Kräfte und ein kleiner Troll. Da dürfen wir uns nichts vormachen, aber wenn wir den Weg der Selbsterkenntnis und persönlichen Reife gehen, dann reduziert sich die Gefahr, den eigenen Schatten in Form des eigenen ungelebten Lebens beim anderen auszuleben, indem das andere schädigt.

Aus all dem ergibt sich die Aufgabe, Trolle keinen Raum zu geben, denn sie wollen nichts Gutes, es liegt an uns, sie nicht mehr zu füttern und in uns den Troll nicht mächtig werden zu lassen. Damit bleibt dann Raum für das, um was es im Leben wirklich geht: persönliche Entwicklung, Reife und Wachstum.

Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder Art of Life

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Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.