Thorac Cardiovasc Surg 1959; 7(6): 559-584
DOI: 10.1055/s-0028-1101472
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Zur Frage der „Bronchitis deformans” bei der Lungentuberkulose

W. Reichmann, W. Kühne
  • Chirurgischen Univ.-Klinik Jena (Direktor: Prof. Dr. H. Kuntzen) und dem Pathologischen Institut der Univ. Jena (Direktor: Prof. Dr. F. Bolck)
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Publication Date:
12 December 2008 (online)

Zusammenfassung

In der großen Mehrzahl unserer Fälle ist es möglich gewesen, mit Hilfe der bronchographischen Untersuchung unter Verwendung von Joduron „B” Deformationen des Bronchialbaumes zu erkennen und sie im Hinblick auf den Heilplan richtig einzuschätzen. Das Bild der „Bronchitis deformans” ist in seiner Verschiedenartigkeit dargestellt worden, auch Klippen der Diagnostik und Fehldeutungen wurden eingehend besprochen. Man kann allgemein sagen, daß da, wo das Bronchogramm, eine einwandfreie Technik vorausgesetzt, Veränderungen zeigt, auch ein krankhafter Prozeß vorhanden ist. Weit schwieriger als die einfache Feststellung von Deformationen ist jedoch ihre Deutung. Es wurde auf die vielfältigen Möglichkeiten des Einwirkens deformierender Faktoren hingewiesen und festgestellt, daß es sich meist um ein Wechselspiel von intra- und extrabronchialen, sogar extrapulmonalen Ursachen handelt. Bei der Lungentuberkulose sind infolge des vorwiegend chronischen Verlaufs wie bei keiner anderen Lungenerkrankung alle Voraussetzungen für die Entstehung von Veränderungen im Sinne der „Bronchitis deformans” gegeben.

Bei der schwierigen Differentialdiagnostik: Tuberkulose oder Karzinom, hat die Bronchographie zuweilen versagt. Es hat sich bei den vermeintlichen tumorbedingten Kontrastabbrüchen dann meist um Sekretverschlüsse gehandelt.

Kontrastdefekte, die durch Luftblasen hervorgerufen werden, sind als solche leicht zu erkennen und geben zu Trugschlüssen kaum Anlaß. Wir finden sie häufig in dilatierten und in ihrer Funktion eingeschränkten Bronchialabschnitten.

Die Röntgendiagnose „Spastische Bronchitis” ist, wie wir uns an Hand eines Resektionspräparates haben überzeugen können, mit Vorsicht zu bewerten, da außer der spastischen Komponente gleichzeitig auch erhebliche morpholo? gische Veränderungen im Bronchus vorhanden sein können.

Die festgestellte „Bronchitis deformans” sollte nur dan n eine Indikation zur Resektion des betreffenden Lungenabschnittes darstellen, wenn der veränderte Bronchus im engen Kontakt mit einem Parenchymherd steht, dessen Entfernung opportun erscheint, wenn neben der Deformation auch eine ulcerierte Endobronchialtuberkulose vorhanden, und wenn das von dem deformierten Bronchus versorgte Lungengewebe bereits schwer geschädigt ist oder für die Punktion ausfällt. I n vielen operierten Fällen wird eine gewisse postoperative Deformation des Bronchialsystems als notwendige Folge ausgedehnterer Resektionen nicht zu vermeiden sein. Es wird späteren Untersuchungen anheimzustellen sein, inwieweit gerade diese Tatsache für die Lungenfunktion des Kranken tragbar ist.

Es erscheint notwendig, besonders diejenigen Lungensegmente, in denen das Bronchogramm zwar gewisse Deformationen, aber keinen Parenchymherd aufgedeckt hat, intraoperativ sorgfältig zu untersuchen, bevor man die Resektion ausdehnt. Jedoch hat andererseits ein Teil unserer Fälle gezeigt, daß selbst bei offenem Thorax das ganze Ausmaß der anatomischen und funktionellen Schädigung der Lunge nicht immer sicher beurteilt werden kann.

Deshalb sollte in Zweifelsfällen nach erfolgter Resektion die Schnittfläche bzw. der Bronchusstumpf sofort, evtl. auch mittels Schnellschnittverfahren, untersucht werden. Es hat sich nämlich erwiesen, daß das submuköse und beginnende muköse Stadium der Bronchialtuberkulose präoperativ diagnostisch nicht zu erfassen ist und auch herdfern in scheinbar gesunden Lungenabschnitten eine Endobronchialtuberkulose unerkannt ablaufen kann (Abb. 21). Diese Beobachtung verdient besondere Beachtung.

In unserer Serie haben wir in 11 Fällen eine Ausbreitung der spezifischen Veränderungen in den Bronchien der Resektionspräparate über die makroskopisch sichtbare Grenze hinaus beobachten können. Wenn es sich hierbei gleichzeitig um die Resektionsgrenze handelt, dann besteht die Gefahr der Stumpfinsuffizienz oder der Streuung in die übrige Lunge.

Bei unseren 50 serienmäßig untersuchten Patienten hat in 68 % der Fälle im Resektionspräparat der Befund einer deformierenden Bronchitis nachgewiesen werden können, bei 62 % allein im Sinne von Bronchialerweiterungen.

In 60 % unserer gesamten Fälle ist histologisch eine Endobronchialtuberkulose festgestellt worden, bei 10 % sogar fern vom Parenchymherd. In den Resektionspräparaten, die sogenannte Tuberkulome enthielten, haben wir eine B. d. nur dann nachweisen können, wenn bereits eine Kavernisierung im Gange war. Der Drainagebronchus war dann auch immer im Sinne der Endobronchial-Tbc verändert.

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