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„Schock“, „Katastrophe“, „Niederschmetternd“: Mietpreise in München erreichen Rekordhöhe

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Analyse: Neuvertragsmieten sinken erstmals seit Jahren leicht
München ist für seine hohen Quadratmeterpreise bei den Mieten berüchtigt. (tz.de-Montage) © dpa/ Sina Schuldt

Der Mietspiegel in München ist so stark gestiegen wie noch nie. Die durchschnittliche ortsübliche Nettomiete liegt nun bei 14,58 Euro. 2021 waren es noch 12,05 Euro – eine Steigerung von 21 Prozent. Die Rathausspitze sprach von einer „Hiobsbotschaft“, der Mieterverein von einem „Schock“.

München – Eigentlich tritt OB Dieter Reiter (SPD) gerne mit Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) vor die Presse. Denn meist würden dann soziale Wohltaten verkündet, wie Reiter am Mittwoch sagte. Dieses Mal war das ganze Gegenteil der Fall. Der OB bezeichnete die Ergebnisse des neuen Mietspiegels als „einigermaßen niederschmetternd“, aber im Grunde nicht überraschend. Es zeige die „unglaubliche Dynamik“ der Preisentwicklung.

Mietspiegel in München so hoch wie nie: 16,07 Euro pro Quadratmeter bei Neuvermietung

Die ist übrigens bei kleineren Wohnungen unter 60 Quadratmeter mit mehr als 26 Prozent Steigerung besonders signifikant. Der Quadratmeterpreis für Bestandsmieten liegt beim Mietspiegel 2023 durchschnittlich bei 13,72 Euro (2021: 11,31 Euro; 2019: 10,97 Euro), der von Neuvermietungen bei 16,07 Euro (2021: 13,90 Euro; 2019: 13,48 Euro). Der Mietspiegel soll am 16. März 2023 vom Stadtrat beschlossen werden.

Datenbasis sind nur Neuvertragsmieten und geänderte Bestandsmieten im Zeitraum der vergangenen sechs Jahre. Geförderte Wohnungen oder Bestandsmieten, bei denen Vermieter schon lange nicht mehr den Preis erhöht haben, fließen nicht mit ein. Ein Problem, auf das die Stadt den Gesetzgeber seit Jahren hinweise, so Reiter. Die reale Durchschnittsmiete in München sei nämlich um einiges niedriger. Als Orientierungsmaßstab für Mieterhöhungen dient jedoch der Mietspiegel.

Diesmal waren „auffällig viele Wohnungen in zentraler Lage dabei“

Der neue Preis darf maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Maßgebliche Faktoren bei der Berechnung sind Lage, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Baujahr der Wohnung. Befragt wurden laut Schiwy rund 20.000 Haushalte, relevant für den Mietspiegel waren allerdings nur knapp 9000. Der Spiegel wurde im Auftrag der Stadt von dem Marktforschungsinstitut Kantar und der LMU erhoben und ausgewertet.

Ein Grund, weshalb der Anstieg so drastisch war, könnte der Tatsache geschuldet sein, dass dieses Mal „auffällig viele Wohnungen in zentraler Lage dabei waren“, wie es vom Sozialreferat hieß. Von 2017 auf 2019 war der Mietspiegel um 4,1 Prozent angestiegen, von 2019 auf 2021 um 3,1 Prozent. Damals wurde der Mietspiegel wegen der Corona-Krise aber nicht neu erhoben, sondern die Daten nur der Inflationsrate angepasst.

Reiter kündigt dem Bund ein „Potpourri an Forderungen“ an, um die Preisspirale zu bremsen. Dazu zählt neben dem Wunsch, bei der Datenerhebung alle Mietverhältnisse berücksichtigen zu dürfen, eine längere Geltungsdauer des Mietspiegels, eine Begrenzung der Bodenpreise oder auch eine Senkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 15 auf elf Prozent binnen drei Jahren. Der OB sagte, er habe sich von einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung in der Bau- und Wohnungspolitik mehr Impulse erwartet, auch von Kanzler Scholz.

Kommen nun viele Mieter an ihre finanzielle Belastbarkeit?

Schiwy bezeichnete den exorbitanten Anstieg des Mietspiegels aus „sozialen Aspekten als Katastrophe“. Genau wie Reiter und wie die Münchner Mietervereinschefin Beatrix Zurek befürchtet sie nun, dass viele Mieter an die Grenzen ihre finanziellen Belastbarkeit oder sogar darüber hinaus kommen werden. Zurek: „Hunderttausenden Menschen in München droht eine immense Mieterhöhung.“ Dazu kämen die extreme Steigerung der Strom- und Heizkosten. „Wie sollen Menschen mit normalem Einkommen das auffangen?“

Reiter erneuerte seine Forderung, dass Unternehmen wie Google, die in München expandieren, Werkswohnungen schaffen sollen: „Deren Beschäftigte können die Mieten sicher bezahlen.“ Die Stadt selbst hat die Preise bei den 70.000 Wohnungen der Baugesellschaften Gewofag und GWG eingefroren.

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