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Darum ist Snowboarden out

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Snowboarder sieht man heute kaum mehr auf den Pisten: Der Trend geht wieder zu zwei Brettern. Doch woran liegt das?
Snowboarder sieht man heute kaum mehr auf den Pisten: Der Trend geht wieder zu zwei Brettern. Doch woran liegt das? © dpa

Endlich Schnee – für viele bedeutet das: Skier anschnallen und ab auf die Piste. Snowboards werden Sie 2017 vergeblich suchen. Die sind nicht mehr im Trend.

In den 90er-Jahren zum Trendsport avanciert, erreichte das Snowboard seinen Höhepunkt Anfang der 2000er-Jahre. Marken wie Burton, Billabong und Nitro machten weite Baggyhosen und Jacken auch bei Jugendlichen außerhalb der Piste salonfähig.

Das Snowboard: Vom coolen Wintersport zum Ladenhüter

Snowboarden galt einige Jahre als der coole, hippe und moderne Wintersport, der den klassischen Ski als altbacken und der Elterngeneration zugehörig degradierte. Snowboarder wie Shaun White oder Kevin Pearce wurden wie Popstars von Teenies weltweit gefeiert und kassierten mit Werbedeals und Merchandise Ruhm, Ehre – und viel Geld.

Doch diese goldenen Zeiten scheinen vorbei. Das Snowboard hat seinen Schwung verloren. Sportgeschäfte klagen über sinkende Verkaufszahlen von Snowboards. Schaut man zudem heute auf die ISPO, die weltgrößte Sportartikelmesse, dann ist von diesem einst so angesagten Trend-Wintersport nicht mehr viel übrig.

Ski-Industrie hat neue Modelle entwickelt - Snowboard ist out

Und in der Tat wirkt es fast so, als ob auf der Piste viele Wintersportler vom Snowboard wieder auf den einst so verpönten Ski gewechselt hätten. Angeblich sollen die Umsätze von Snowboards in den letzten Jahren sogar eingebrochen sein. Stattdessen boomt der Verkauf des einstigen Konkurrenten. Denn die Ski-Industrie hat aufgeholt: Free-Ski, leichte Skier und Carving-Ski haben dem verstaubten Image einen modernen Touch verliehen. Diese sehen jetzt nicht nur cooler aus, sondern lassen sich auch besser fahren – oder mit ihnen Tricks und Stunts leichter ausführen.

"Snowboarden ist out"- das postulierte die Sendung "Heute Morgen" von Radio SRF am 11. Dezember 2016. Angeblich hätte sich die Krise in der Wintersportindustrie schon seit langem angekündigt – Vorreiter USA habe bereits seit 2007 mit sinkenden Snowboardverkäufen zu kämpfen gehabt.

Heutige Skier an Design und Coolness der Snowboards angepasst

Dabei hatte doch das Snowboard die Skiindustrie erst gerettet – argumentierte die Schweizer Aargauer Zeitung daraufhin. Ihre These: Obwohl Skifahrer und Skiliftbetreiber die ersten Snowboarder auslachten und verachteten, halfen letztere dem klassischen Ski, sich weiter zu entwickeln. Denn erst durch den drohenden Snowboardtrend und der Angst einer Verdrängung, sahen sich Skimarken dazu genötigt, ihr Design cooler und gleichzeitig praktischer zu gestalten.

So sind die Carvingski dank Taillierung nicht nur schnittiger, sondern auch einfacher zu fahren. Und wenn man nicht genau hinsieht, kann man bei Stunts die knallbunten Freeski kaum von den herkömmlichen Snowboards unterscheiden. Auch in der Tourenski-Industrie kam der Snowboard-Trend schließlich an – und man reagierte dementsprechend. Die Skier wurden breiter und die Fahrer bekamen so mehr das Gefühl im Tiefschnee zu "surfen". Außerdem trugen auch Skifahrer immer öfter die Klamotten ihrer "coolen" Pistengenossen.

Große Trends wie Snowboarden von Mikrotrends abgelöst

Das Ergebnis: Die beiden Gruppen verschmolzen immer mehr ineinander. Doch ganz verschwinden wird das Snowboard deshalb aber nicht. Doch wieso ist der Trend überhaupt abgeflaut? Karin Frick, Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut erklärt das so: Wo das Snowboard früher den Wintersport revolutionierte, ist es heute ein Gerät unter vielen. Das heißt: Sein Aufstieg und Fall sind typisch für Entwicklungen von Trends im digitalen Zeitalter.

"Große Trends, wie es sie vor zehn, zwanzig Jahren gab, existieren heute nicht mehr", glaubt Frick. Früher hatten Trends klare Mechanismen: "Einer begann mit etwas Neuem, das bei anderen auf Resonanz stieß; einzelne ahmten ihn nach, dann folgte die Masse." Beim Snowboarden war es Jake Burton. Mit seiner gleichnamigen Marke erlangte er in der Szene Kultstatus – und stand wie kein anderer für Freiheit, Unabhängigkeit und Coolness.

Persönliche Entwicklung wichtiger als große Trends

Doch heute gehe der Trend weg von großen Trends hin zur persönlichen Entfaltung und Individualisierung der Gesellschaft. Dadurch seien moderne Subkulturen und Gruppen mit jeweils eigenen Trends entstanden – und hätten somit auch den großen Trend Snowboard verdrängt. "Es gibt einfach zu viele attraktive Konkurrenzangebote wie Skifahren, Schneebiken, Schneeschuhwandern oder Langlaufen", erklärt Frick.

Und was machen jetzt Shaun White und Kevin Pearce? Ersterer ist Multi-Millionär und spielt seit 2012 in der Band "Bad Things" Gitarre. Pearce dagegen gründete nach einem schweren Snowboard-Unfall, Koma und intensiver Reha das Projekt "Love Your Brain" zur Prävention und Rehabilitation von Hirnverletzungen sowie die Kevin Pearce Stiftung, die Familien von Betroffenen unterstützt.

Dagegen wolle heutzutage jeder eben nunmal lieber speziell sein – oder selber den Trend vorgeben und nicht mehr mit in der Masse schwimmen. Angesagt ist also, was jedem Einzelnen gefällt.

Von Jasmin Pospiech

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