„Wäre energiepolitischer Rückwärtssalto der EU“

Vorarlberg / 18.04.2014 • 18:57 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
„Wäre energiepolitischer Rückwärtssalto der EU“

Hochbrisantes EU-Papier sieht Fracking und Rückkehr zu Atomkraft vor.

Schwarzach, Wien. US-Präsident Barack Obama und der EU-Energiekommissar Günther Oettinger nützen nach der Krim- jetzt die Ukraine-Krise, um gegen Russlands Präsident Putin vorzugehen und unter dem Vorwand, „von russischem Gas unabhängig zu werden“, hochgiftiges Fracking und gefährliche Atomkraft zu fördern, sowie der längst überfälligen echten Wende durch erneuerbare Energie eine Absage zu erteilen. Daher ist die bevorstehende Europawahl ganz besonders auch eine Wahl unser aller Energie-, Agrar- und Ernährungszukunft (TTIP).

Den Grünen liegt ein hochbrisantes Papier der „Generaldirektion externe Politikbereiche der Union (GD ExPo) des Europaparlaments“ vor, mit dem Inhalt „erhöhte Dringlichkeit der Energieversorgungssicherheit im Rahmen der Krim-Krise“.

Bürgerwille wird ignoriert

In dem 36-seitigen Papier werden zwei Szenarien für Gasliefer-Unterbrechungen von Erdgas aus Russland für den Fall steigender Spannungen durchgespielt. Das Papier rechnet durch, woher alternative Energieträger kurz- und mittelfristig bezogen werden können und was dies die EU kosten würde – jeweils best- und worst-case-Szenario. Inklusive Empfehlungen zur mittelfristigen Sicherung der Energieversorgung an die EU.

Kurzfristig sollen Raumtemperaturen in der nächsten Heizperiode abgesenkt und von Gas auf Öl umgestiegen werden. Auf Seite 20 lautet die langfristige Empfehlung: verstärkte Entwicklung von „heimischen Energiequellen“ wie Schiefergas sowie Rückkehr zu Atomkraft. Originalauszug: „In the long term other options may be developed. As recalled by President Obama, the EU needs to make its own efforts to guarantee its security, and development of indigenous sources (such as shale gas and a return to nuclear) is needed.“ Im Juni will die Kommission einen Bericht vorlegen, der sich mit dem künftigen Energiemix der EU beschäftigt. Das vorliegende Papier zeigt die Richtung.

„Das wäre das Ende“

Grünen-Chefin Eva Glawischnig warnt: „Setzt sich diese Linie durch, bedeutet das das Ende der Klimaschutzpolitik in Europa und eine Vervielfachung des Atomrisikos durch den Neubau von Atomkraftwerken.“ Die Grünen im Europaparlament haben kürzlich ebenfalls eine Studie (Q: ECOFYS: Assessing the EU 2030 Climate and Energy targets, 17.3.2014)
zur Energieversorgungssicher­heit Europas im Kontext der Krim-Krise vorgelegt. Auch hier soll die Abhängigkeit von Russlands Gas verringert werden.

Im Gegensatz zum Papier der außenpolitischen Abteilung des EU-Parlaments sind die Grünen überzeugt, dass die erneuerbare Energiewende der einzige Weg ist, um die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten schnell und dauerhaft zu reduzieren und sich damit auch aus der energiepolitischen Abhängigkeit – nicht nur von Russland – zu lösen. Eine Verringerung des Energieverbrauchs um die Hälfte und eine Verdopplung des Anteils erneuerbarer Energie bis 2030 ist dabei das machbare Ziel.

Durch diesen Weg könnte bereits in den nächsten sechs Jahren die Importabhängigkeit der EU bei Gas und Öl halbiert werden. „Jetzt wird auch klar, warum EU-Kommissar Günther Oettinger so auf Atomenergie und Fracking beharrt: Weil er sich auf diese abstruse Studie beruft und einen energiepolitischen Rückwärtssalto machen möchte“, so der Vorarlberger Klubobmann der Grünen, Johannes Rauch.

„Anstatt eine tatsächliche Energiewende einzuleiten und den Verbrauch um die Hälfte zu verringern und gleichzeitig den Ausbau der erneuerbaren Energien zu verdoppeln, fordert er neue Atomkraftwerke und Fracking und lobbyiert für Energiekonzerne von gestern. Das Land Vorarlberg ist mehr denn je gefordert: Mehr als 60.000 Menschen haben gegen Fracking unterschrieben, Atomkraft wird hierzulande eindeutig abgelehnt. Nein zu Fracking und Atomenergie, heißt Ja zur Energieautonomie! Wer da jetzt noch auf der Bremse steht, landet beim Atomstrom und bei Fracking am Bodensee“, schließt Rauch.

Die Energiewende durch erneuerbare Energie ist der einzige Weg in die Unabhängigkeit.

Eva Glawischnig