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Briefzustellung Wenn die Postfrau nicht mehr klingelt

Die Deutsche Post hat ihr umstrittenes Pilotprojekt planmäßig beendet. Ein halbes Jahr wurde erprobt, Briefe nicht mehr an Werktagen auszutragen.

Von Theresa Münch 18.12.2017, 23:01

Kopenhagen (dpa) l Noch keine Weihnachtspost verschickt? Keine Panik. Die Post verspricht: Wer seine Karte bis zum 21. Dezember einwirft, wünscht noch rechtzeitig „Frohes Fest“. Hierzulande jedenfalls. In Dänemark dagegen müsste man dann schon „Frohes Neues“ auf die Karte schreiben. Für Weihnachtsgrüße per normalem Brief ist es zu spät. Stichtag: 18. Dezember. Denn in Dänemark ist längst Realität, was in Deutschland gerade erprobt wurde – der Postbote kommt nicht mehr so oft.

In Deutschland ist die Post noch verpflichtet, an jedem Werktag überall Briefe zuzustellen. In den vergangenen Monaten jedoch hat sie ausprobiert, ob das überhaupt noch nötig ist. Ausgewählte Kunden konnten aussuchen, ob sie ihre Briefe ein halbes Jahr lang gesammelt an einem oder drei Wochentagen bekommen wollten.

Eine Woche für einen Brief, das ist in Dänemark nichts Ungewöhnliches. Fünf Tage darf es dauern, bis ein Umschlag seinen Adressaten erreicht hat – es sei denn, man zahlt extra für einen „quickbrev“, einen Schnell-Brief, den man nicht in den roten Briefkasten an der Straßenecke werfen sollte. Doch auch die Schnell-Briefe kommen nicht immer am nächsten Tag an. Sonnabends hat der Briefträger nämlich generell frei.

Normale Briefe werden bei den Nachbarn im Norden derzeit noch etwa zweimal die Woche ausgetragen. Die Briefträger nähmen sich pro Tag ein bestimmtes Gebiet vor, erläutert ein Sprecher. Montags die eine Gegend, dienstags die andere, donnerstags wieder die eine Nachbarschaft, freitags wieder die andere. Bald soll der heimische Briefkasten sogar nur noch einmal die Woche gefüttert werden.

Die dänische Post reagiert damit auf eine stark abnehmende Zahl von Briefen, die ihr in den vergangenen Jahren enorme finanzielle Schwierigkeiten eingebrockt haben. Heute werden fast 80 Prozent weniger Briefe verschickt als noch zur Jahrtausendwende. Allein in den ersten neun Monaten 2017 sank die Menge um 20 Prozent. Im vergangenen Jahr stand bei der dänischen Post deshalb vor Zinsen und Steuern ein saftiges Minus von rund 140 Millionen Euro.

Auch in Deutschland schrumpft das Geschäft mit den klassischen privaten Briefen, seit E-Mails, WhatsApp und Facebook immer wichtiger geworden sind. Doch Privatkunden sind für die Deutsche Post längst nicht so wichtig wie Geschäftskunden, die für rund 85 Prozent des Briefvolumens sorgen.

Darauf kann die dänische Post nicht setzen, denn fast alle Behörden und Geschäftspost funktioniert hier papierlos. Jeder Däne hat ein elektronisches Postfach, in dem er so ziemlich alles vom heimischen Sofa aus erledigen kann. Neuen Pass beantragen, Arzt wechseln, Bafög beantragen, Steuererklärung abgeben. Briefmarke überflüssig.

Mit dem Sparprogramm, das die dänische Post deswegen fährt, sollen in den kommenden zwei bis drei Jahren auch bis zu 4.000 der zu Jahresbeginn noch etwas mehr als 9.000 Arbeitsplätze verschwinden. Die dänische Post steht vor einem Strukturwandel.

„Wir machen aus einem Post- unternehmen mit ein wenig Logistik ein Logistikunternehmen mit ein wenig Post“, erläuterte Post-Chef Peter Kjær Jensen der Zeitung „Politiken“. Die Zukunft heißt Pakete – denn der Onlinehandel wächst hier genau wie in Deutschland.

Wenn das so weitergehe, meint Jensen, könnten Pakete bald nicht nur sonnabends, sondern sogar sonntags ausgetragen werden. Dann kommt die Weihnachtspostkarte zwar vielleicht nicht mehr rechtzeitig – das Weihnachtsgeschenk aber schon.