Campi Flegrei: Droht die Endzeit?

Katastrophenszenario Campi Flegrei – Sensationsmedien schüren Ängste

Geht man dieser Tage online, wird man als Vulkanophlier mit einer Flut schlecht recherchierter Artikel zum Vulkanismus überschwemmt. Spätestens seit der letzten größeren Erdbebensequenz der Campi Flegrei und der Gangintrusion auf der isländischen Reykjaneshalbinsel scheint an unserem Lieblingsthema großes Interesse zu herrschen, und Autoren und KI-Bots kreieren ein Artikelremake nach dem anderen und schüren so unbegründete Ängste vor einem möglichen Supervulkanausbruch. Offenbar interessiert nur noch Clickbait. Journalismus tritt in den Hintergrund. In keinem der Artikel ist zu lesen, dass sich die Situation unter der Campi Flegrei oder auf Reykjanes zumindest temporär etwas entspannt hat. Im Gegenteil: gestern liefen Artikel durch die Online-Medienwelt, nach denen in Italien „geheime Dokumente geleakt“ wurden. Diese vermeintlichen Leaks sollen auf einer Konferenz der Nationalen Kommission für große Risiken durchgesickert sein und wurden von der italienischen Zeitung Corriere del Mezzogiorno veröffentlicht. Demnach heißt es in dem Sitzungsprotokoll sinngemäß, dass Bodenhebung und die daraus resultierenden Erdbeben sehr wahrscheinlich durch Magma verursacht werden, das von einem Magmenkörper in 7-8 km Tiefe in ein flacher gelegenes Reservoire in 4-5 km Tiefe aufgestiegen sei. Dieses Magma würde nun durchzubrechen drohen. Diese Erkenntnis basiert u.a. auf drei Forschungsarbeiten aus den Jahren 2013, 2017 und 2023. Dabei beziehen sich die beiden erstgenannten Studien auf Ereignisse der Hebungsphase in den 1980er-Jahren.

Weiterhin postulierte eine neue Studie, die am 9. Juni 2023 auf nature.com veröffentlicht wurde, dass es Hinweise gäbe, dass sich die Verformungsart des Untergrundes ändere. Es sei ein Punkt erreicht, an dem die Gesteine des Untergrunds nicht mehr elastisch verformbar reagierten. Durch ansteigenden Druck von unten kommt es dadurch vermehrt zu Gesteinsbruch. Dadurch wächst die Gefahr, dass die Gesteinsschichten brechen, die den vermeintlichen Magmenkörper in 4 bis 5 km Tiefe abdichteten und Magma am weiteren Aufstieg hinderten. In erster Linie sahen die Studienautoren eine steigende Gefahr in Bezug auf phreatische Explosionen. Von einem Supervulkanausbruch ist hier nicht die Rede gewesen. Doch daraus hat wohl jemand in der Kommission die Gewissheit gemacht, dass es bald sehr wahrscheinlich zu einem Vulkanausbruch kommen würde.

Prinzipiell werden hydrothermale Manifestationen immer von einem Magmenkörper angefeuert und es ist klar, dass es sich bei Campi Flegrei um einen aktiven Vulkan handelt, der jederzeit wieder eruptieren kann. Dass so eine Eruption ein Supervulkanausbruch mit globalen Folgen sein wird, wie man es in den Medien gerne darstellt, dafür gibt es bis jetzt keine Anhaltspunkte. Klar ist aber auch, dass bereits eine normal große Eruption ein Problem für das betroffene Ballungsgebiet darstellen würde.

Aber was macht Campi Flegrei in diesen Tagen? Blickt man auf die Shakemap, sieht man, dass es in den letzten Tagen wieder zu einem Schwarmbeben kam. Auch danach gab es wieder täglich einige Erdbeben. Wir sind aber weit von der Hochphase im Oktober entfernt. Dem neuen INGV-Wochenbericht für den Beobachtungszeitraum 20.–26. November zufolge, wurden 40 schwache Erdbeben registriert. Die Hebungsrate des Bodens lag bei 4 mm im Monat und damit weiter deutlich unter den Spitzenwerten im Oktober. Die restlichen geophysikalischen Parameter zeigten sich unverändert.

Zusammenfassen lässt sich sagen: Ja, es besteht ein gewisses Ausbruchsrisiko am Golf von Pozzuoli. Langfristig ist es sogar wahrscheinlich, dass es wieder zu einer Eruption kommen wird. Wann es soweit ist und wie groß der Ausbruch sein wird ist ungewiss. Die Wahrscheinlichkeit für eine Supervulkaneruption ist gering.

Weiterführende Links: Ich habe über zwei der hier erwähnten Forschungsarbeiten berichtet gehabt. Von den Berichten aus sind die Arbeiten verlinkt.