Dorsten. . Zehntklässler der Raoul-Wallenberg-Schule verwandelten die Eingangshalle ihrer Förderschule mit Wandbildern im Stil des US-Plakatkünstlers Shepard Fairey: Der Grafik-Star tippt hohes Lob.

Aus den Gewehrläufen ragen üppige Orchideen-Blüten. Neben dem Porträt des jungen Diplomaten Raoul Wallenberg flattert eine Friedenstaube empor. Fans des mit wenigen Farben, starken Konturen und spiegelbildlicher Symmetrie gestaltenden Grafikers Shepard Fairey dürften diesen Stil sofort erkennen: Wie das „Hope“-Poster für die Kampagne, die Barack Obama ins weiße Haus brachte. Wie das Cover für Led Zeppelins Reunion-Konzert „Celebration Day“.

Ein „Festtag“ steht auch den Zehntklässlern der Raoul-Wallenberg-Schule ins Haus: Nur noch wenige Linien sind nachzuziehen, dann sind 200 Quadratmeter Wandgemälde in der Eingangshalle voll­endet. „Alle Schüler sind beeindruckt“, sagt Gisbert Neumayer, der Klassenlehrer der 10 a. „Das ist Teil der Schulgemeinschaft.“ So inspiriert wie die fünften und sechsten Klassen von dem aufwendigen Werk sind, könnte es nach den Sommerferien flugs weitergehen mit der Kunst im Stil Shepard Faireys, des 43-Jährigen aus der Skater-Szene.

Die kindlichen Bildchen, die bisher in den früheren Grundschul-Räumen zu sehen waren, „mochten wir überhaupt nicht“. Da ist sich der Chor der jungen Künstler einig. Für coolere Inspiration sorgte die gemeinsame Abschlussfahrt, die im September nach Berlin führte – zu hauptstädtischem Anschauungsmaterial. „Es gibt viele skurrile Sachen bei Street Art“, meint Gisbert Neumayer. Auf Shepard Faireys klaren, positiven Stil einigten sich die Jugendlichen und ihr Lehrer.

Aus Fotos wurden Konturzeichnungen auf Folien. Mit Hilfe von Tageslichtprojektoren lieferten sie die Vorlagen für die Wandbilder. Der Hagebaumarkt sponserte der Klasse die Pinsel und Abdeckfarben. Auf die Mischung kommt es an: Orangetöne, wie sie ihr prominentes Vorbild aus Charleston, South Carolina, bevorzugt, „wären viel zu dunkel geworden“, erklärt Gisbert Neumayer. Anschaulich ging’s an eine andere Kernfrage moderner Kunst: „Wie viel kann man weglassen?“ Welche Linien und Schattierungen überträgt man vom Foto auf die Konturfolie, schließlich aufs Wandbild – damit der Porträtierte prompt erkennbar bleibt? „Es braucht sehr wenig“, sagt der Kunstlehrer zu diesem Wiedererkennungseffekt.

Die ältesten Sprach-Förderschüler, von denen die meisten bald mit Qualifikation ans Berufskolleg wechseln werden, sind jetzt für die nächsten Schülergenerationen wenige Schritte neben Schulpatron Raoul Wallenberg verewigt: Als Musiker der Schulband, als lässige „Bodyguards“ links und rechts der Tür zum Lehrerzimmer oder als knipsende Berlin-Touristen.

Der Lehrer bedauert, dass Kezban – „die Powerfrau, die hier viel organisiert und macht“ – beim Gespräch nicht dabei ist. Mit dem seit Hippie-Zeiten überlieferten, kreisrunden „Peace“-Symbol füllt das Porträt der Jugendlichen mit Kopftuch eine Nische der Pausenhalle. „So ein schönes Foto musste an die Wand“, meint der Förderpädagoge – der übrigens als seinen eigenen Beitrag Raoul Wallenberg, den jungen Retter tausender Budapester Juden, porträtiert hatte. Und Shepard Fairey? Der tippte ein hohes Lob für die Wallenberg-Schüler auf seine Homepage www.obeygiant.com.