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Fernsehen Rainer Hunold

"Dicksein ist so etwas wie mein Markenzeichen"

Rainer Hunold als Staatsanwalt Bernd Reuther und Fiona Coors als Kommissarin Kerstin Klar in der neuen ZDF-Serie "Der Staatsanwalt" Rainer Hunold als Staatsanwalt Bernd Reuther und Fiona Coors als Kommissarin Kerstin Klar in der neuen ZDF-Serie "Der Staatsanwalt"
Rainer Hunold als Staatsanwalt Bernd Reuther und Fiona Coors als Kommissarin Kerstin Klar in der neuen ZDF-Serie "Der Staatsanwalt"
Quelle: DPA
Rainer Hunold ist ein fester Bestandteil der deutschen Fernsehkultur. Seine neue Serie "Der Staatsanwalt" läuft jetzt im ZDF. Im Interview mit WELT ONLINE spricht er über seine Erfahrungen als dickerer Mensch und den Umgang mit aufdringlichen Stalkerinnen.

Als Anwalt Dr. Franck in "Ein Fall für zwei“ (ZDF) und als Dr. Sommerfeld in der "Praxis Bülowbogen“ (ARD) hat er ein Stück Seriengeschichte geschrieben. Jetzt ist er zurück in der Rolle des knallharten Anklägers, als "Der Staatsanwalt“. Heute zeigt das Zweite die erste Folge: "Freier Fall“. Antje Hildebrandt sprach mit dem Schauspieler Rainer Hunold über sein Image als Gutmensch und seine Erfahrungen mit Stalkern.

WELT ONLINE: Herr Hunold, in einem Werbespot für den XL-Shop von C & A erleben Sie Ihre Fans von einer ganz anderen Seite: als lustigen Dicken, der rockt. Ist es der Versuch, zu zeigen: Ich kann auch anders.

Rainer Hunold: Hmmm, wie sehen Sie mich denn?

WELT ONLINE: Nach Ihren Serienrollen als Anwalt Dr. Franck in „Ein Fall für zwei“ und als Dr. Sommerfeld in „Praxis Bülowbogen“ würden wir sagen: Als Mann, dem die Menschen vertrauen.

Hunold: Sehen Sie, genau dieses Image ist mir zu einseitig. Deshalb habe ich ja zum Beispiel auch 1997 nach 90 Folgen mit "Ein Fall für zwei“ aufgehört. Ich bin nicht bloß seriös und ernst. Meine Figuren dürfen ruhig Ecken und Kanten haben.

WELT ONLINE: Heißt das, die ZDF-Rolle als autoritärer "Staatsanwalt“ kam Ihnen wie gerufen?

Hunold: Ja, das ist kein reiner Gutmensch. Es ist ein Alphatier, der ständig mit seinem Sohn, einem Kommissar, zusammenprallt. Der auch Schuld haben darf. Der sich in die Ermittlungen hineinkniet. Von einer solchen Rolle habe ich schon geträumt, als ich den Anwalt Dr. Franck gespielt habe. Damals hieß es, das sei unmöglich. Die Figur eines Staatsanwaltes sei negativ besetzt. Zum Glück hat die italienische TV-Serie "Allein gegen die Mafia“ dieses Bild gerade gerückt.

WELT ONLINE: Dürfen wir Sie nach Ihrer aktuellen Konfektionsgröße fragen?

Hunold: 60. Was sagt Ihnen das?

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WELT ONLINE: Dass es offenbar einen Zusammenhang gibt zwischen Ihrem Leibesumfang und den Rollen, die man Ihnen bislang angeboten hat. Offenbar wirken Dicke per se vertrauenerweckend.

Hunold: Ich weiß nicht. Als ich 1975 in der ARD-Serie den Sohn des "Eisernen Gustavs“ spielte, sagte der Regisseur Wolfgang Staudte: "Bleib so, wie du bist. Dick und kräftig. Wie der junge Heinrich George. Das ist eine Marktlücke.“

WELT ONLINE: Und – hat sich das nicht bewahrheitet?

Hunold: Doch, allerdings durfte ich überwiegend helfende Figuren spielen. Solche Rollen langweilen mich irgendwann.

WELT ONLINE: Schwergewichtige Schauspieler wie Ottfried Fischer (Der Bulle von Tölz), Dieter Pfaff (Sperling) oder Robbie Coltrane (Für alle Fälle Fitz) teilen ihr Schicksal. Offenbar ist Dicksein doch so etwas wie ein Markenzeichen.

Hunold: Ottfried Fischer, Dieter Pfaff und Robbie Coltrane haben, glaube ich, ein paar Kilo mehr auf den Rippen. Es nervt mich auch, dass wir uns da jetzt so festbeißen. Die Konfektionsgröße ist wirklich nur sekundär. Sie müssen als Schauspieler überzeugen.

WELT ONLINE: Sie fühlen sich als Dicker nicht diskriminiert?

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Hunold: Ich habe mich als Jugendlicher diskriminiert gefühlt. Sobald Sie von der Normalität abweichen, sind Sie ein Outlaw. Wenn man diesen Mechanismus durchschaut hat, ist das nicht mehr so schlimm. Inzwischen bekomme ich auch in meiner Konfektionsgröße halbwegs schicke Klamotten. Vor 20 Jahren musste ich noch in bordeauxroten Cordhosen herumlaufen.

WELT ONLINE: Dabei waren Sie Ende der siebziger Jahre, als sie bei den "Drei Damen vom Grill“ einstiegen, doch noch wesentlich schlanker.

Hunold: Das war nur eine kurze Phase, da hatte ich 25 Kilo abgenommen. Ich hatte vermutet, das volle Leben würde beginnen, wenn ich schlanker wäre. Das Gegenteil war der Fall. Ich habe mich nicht wohl gefühlt.

WELT ONLINE: Warum nicht?

Hunold: Sobald ich unter 100 Kilo komme, sehe ich krank aus. Ich werde nervös.

WELT ONLINE: Haben Sie das Bedürfnis, sich gegen Ihre Umwelt zu panzern?

Hunold: Ja, vielleicht ist es das. Für meinen Beruf braucht man eine gewisse Sensibilität. Das ist eine kleine Falle.

WELT ONLINE: Ihr "Staatsanwalt“ ist ein Dickhäuter vor dem Herrn. Hat Sie Ihr eigener Sohn in der Rolle als Über-Papa wiedererkannt?

Hunold: Er hat gesagt: "Hey, hey – das kennen wir doch.“ Er fand mich aber auch "cool“. Das heißt in anderen Worten: Ich stehe kurz vor dem Bundesverdienstkreuz.

WELT ONLINE: 2003 haben Sie das Gericht auch mal von der anderen Seite kennengelernt: als Zeuge im Prozess gegen eine Stalkerin, die in Ihre Villa eingebrochen ist. Die Frau hat behauptet, sie hätte ein Verhältnis mit Ihnen gehabt .

Hunold: Eine unschöne Geschichte. Die Nähe, die Anlass zu Spekulationen gegeben hat, war nie da. Das genussvolle Ausschlachten durch die Boulevardzeitungen hat mich schon sehr wütend gemacht.

WELT ONLINE: Wundert Sie das? Die Geschichte passt doch hervorragend ins Klischee des genusssüchtigen Dicken.

Hunold: Solche Geschichten passieren auch dünnen Menschen. Die Popularität ist eben die dunkle Seite meines Berufs. Dass sie auch zu Gefährlichkeiten führen kann, mit dieser Erfahrung musste ich erst lernen, umzugehen. Ich bin froh, dass Stalking mittlerweile ein Bestandteil des Strafrechts geworden ist.

WELT ONLINE: Gehören Stalker in Ihrer Branche nicht zum Berufsrisiko?

Hunold: Leider. Fernsehen ist eine Projektionsfläche. Die Zuschauer entscheiden, was sie mit den Schauspielern machen. Sie ärgern sich über sie, sie verlieben sich in sie. Man hat da einfach Angst.

WELT ONLINE: Wie oft sind Ihnen schon Frauen nachgestiegen?

Hunold: Mehrfach. Eine Französin hat sogar behauptet, ich sei der Vater ihres Sohnes. Das Gute daran war, dass ich für den angeblichen Zeitpunkt der Zeugung ein wasserdichtes Alibi hatte. Es war die Silvesternacht des 31. Dezember 1999.

WELT ONLINE: Wie geht Ihre Frau mit solchen Behauptungen um?

Hunold: Die findet es genauso zum Kotzen wie ich.

WELT ONLINE: Was, glauben Sie, projizieren die Zuschauer in die Hunold-Figuren hinein?

Hunold: Dass ich ein guter Mensch bin, der anderen hilft.

WELT ONLINE: Können Sie dieses Image durch die Rolle als Staatsanwalt korrigieren?

Hunold: Gute Frage. Ich habe mich für die Rolle aber nicht aus strategischen Gründen entschieden. Es war einfach der Wunsch, mich nicht zu langweilen in meinem Beruf. Serienhelden müssen immer gleich sein. Wie Donald Duck. Das ist für mich nur begrenzt auszuhalten.

Die erste Folge "Freier Fall" der Serie "Der Staatsanwalt" läuft am Mittwoch, dem 19. September um 20.15 Uhr im ZDF.

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