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Geld Ohne Trauschein

Warum gerade die wilde Ehe feste Regeln braucht

In Deutschland leben immer mehr Paare ohne Trauschein zusammen. Doch freie Partner haben keine Rechte auf einen Versorgungsausgleich oder im Erbfall. In einigen Fällen droht das finanzielle Desaster.

Verlobung, Hochzeit, Ehe? Immer mehr junge Paare winken ab. Seit Jahren schon ist die Zahl der Hochzeiten laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung stark rückläufig. Lebensformen ohne Trauschein liegen klar im Trend. Bundespräsident Joachim Gauck ist das prominenteste Beispiel dafür.

Doch die freie Partnerschaft zwischen Mann und Frau hat auch ihren Preis. Sie ist vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geschützt. Ein Paar in wilder Ehe habe null Rechte, warnt Andreas Brandt, Sprecher der Bundesnotarkammer in Berlin.

Wollen beide auf Dauer zusammenbleiben, sollten sie sich rechtlich absichern. „Das ist unromantisch, aber sehr wichtig“, gibt der Fachmann zu bedenken. Bei Trennung, Krankheit oder im Todesfall wird die Freiheit sonst zum finanziellen Bumerang. Ein Überblick.

Hat ein Paar gemeinsam einen Mietvertrag unterschrieben, sind beide auch zur Zahlung verpflichtet, selbst wenn sie sich trennen und einer auszieht. Für den Vermieter bleiben beide Gesamtschuldner. Das heißt: Zahlt der Ex nach dem Auszug gar nicht mehr oder weniger, muss der andere für den Rest ebenfalls geradestehen.

Eine gemeinsame Haftpflicht-Police reicht

Achtung: Steht nur ein Partner im Mietvertrag, kann er den anderen jederzeit auf die Straße setzen. Wer nicht im Vertrag steht, hat bei Tod des Partners keinen Anspruch, in der Wohnung zu bleiben. Beide sollten rechtzeitig in einer privaten Vereinbarung festschreiben, wer bei einer Trennung wohnen bleiben darf und was mit der Kaution passiert.

Ziehen Unverheiratete zusammen, können auch sie Policen zusammenzulegen. Der jüngere Vertrag sollte aufgehoben und der Partner ausdrücklich in den Schutz aufgenommen werden, rät Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Ein formloses Schreiben genügt. Eine Police reicht oft für beide aus, egal, ob es sich um eine Hausrat-, Haftpflicht- oder Rechtschutzversicherung handelt.

Individuelle Policen wie etwa die Unfallversicherung sind nicht übertragbar. Haben beide Partner eine eigene Unfallpolice, sollten sie sich gegenseitig das Bezugsrecht einräumen. Nur so bekommt der hinterbliebene Partner im Todesfall auch die Leistung. Das gilt auch für eine Lebensversicherung.

Kein Ehegatten-Splitting

Nicht verheiratete Paare stehen steuerlich meist deutlich schlechter da als Eheleute und eingetragene Lebenspartner. Sie haben nicht die Möglichkeit, günstigere Steuerklassen zu wählen und eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben.

Unverheiratete müssen ihren Obolus wie Alleinstehende entrichten. Der Nachteil ist am größten, wenn ein Partner deutlich weniger verdient oder gar nicht berufstätig ist. Als Ausgleich kann der Partner aber Aufwendungen für den Unterhalt des anderen steuerlich geltend machen, und zwar bis zu 8130 Euro im Jahr für 2013 (126 Euro mehr als 2012).

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Wer ohne Trauschein zusammenlebt, bedenkt meist nicht, dass Kosten und persönliche Arbeitsleistung beim Zusammenleben im Fall einer Trennung weder nachträglich zurückgefordert noch vergütet werden können. Investiert ist investiert, geschenkt bleibt geschenkt. Je mehr die Partner getrennt anschaffen und bezahlen, umso einfacher ist es, die Vermögenswerte beim Scheitern der Beziehung auseinanderzudividieren.

Streit bei gemeinsamen Anschaffungen

Entschließt sich das Paar zu gemeinsamen Anschaffungen wie Möbel, Waschmaschine, Kühlschrank oder Auto, ist es ratsam, diese Käufe in privaten Vereinbarungen festzuhalten, wie Brandt empfiehlt. Das vermeidet Streit. Zahlt das Paar in wilder Ehe in ein gemeinsames Haushaltskonto ein, sollten beide eine Bankvollmacht haben.

Will ein unverheiratetes Paar gemeinsam eine Wohnung oder ein Haus kaufen, muss es besonders aufpassen. Beide Partner sollten sich gemäß ihrer finanziellen Beteiligungen ins Grundbuch eintragen lassen, rät Fachmann Brandt. Werden beide zu gleichen Teilen Miteigentümer, müssen beide auch für die Schulden geradestehen.

Im Extremfall kann die Immobilie versteigert werden, um hohe Schulden eines Partners zu begleichen – dann müssen beide ausziehen. Das lässt sich umgehen, indem beide sich ein Wohnrecht eintragen lassen.

Zieht ein Partner nachträglich ein und hilft womöglich beim Abtragen des Kredits mit, kann der Besitzer zur Absicherung ebenfalls ein Wohnrecht im Grundbuch eintragen lassen. Sonst gibt es keinerlei Recht auf Mitbesitz, wenn der Eigentümer zum Beispiel ins Pflegeheim muss, wie der Bundesgerichtshof entschied (Az.: XII ZR 110/06).

Die Tücken mit gemeinsamen Kreditverträgen

Wichtig ist auch die vertraglich geregelte Löschung des Wohnrechts bei Trennung. Mit Vorkaufsrechten können unverheiratete Paare ihr Zuhause zusätzlich sichern, wenn einer von beiden seinen Anteil vorzeitig verkaufen und gehen will.

Unverheiratete Paare sollten die Finger lassen von gemeinsamen Kreditverträgen oder gegenseitigen Bürgschaften, empfehlen Verbraucherschützer. Sonst müssen sie dafür noch einstehen, wenn die Beziehung längst gescheitert ist. Banken müssen sich an private Ausstiegsklauseln in beziehungsinternen Abmachungen nicht halten.

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Wichtig sind auch Regelungen für Notfälle: Nur über gegenseitige Vollmachten werden unverheiratete Lebenspartner im Ernstfall handlungsfähig. Sie sind bei Behörden, Versicherungen, Banken, in Pflegeheimen oder Krankenhäusern unverzichtbar. Unverheiratete können vom Arzt keine Auskunft über den Zustand des anderen verlangen.

Partnerschaftsvertrag regelt Erbfall

Für Paare ohne Trauschein gilt keine gesetzliche Erbfolge. Nur die Kinder erben, nicht der Partner. Ist kein Nachwuchs da, erben die Eltern, danach andere Verwandte. Fehlt ein Testament, kann selbst ein Cousin Miteigentümer des gemeinsamen Hauses werden.

Nicht einmal die Trauerfeierlichkeiten kann die „Witwe“ oder der „Witwer“ allein bestimmen. Auch das ließe sich nur per Testament ändern. Weil es einseitig widerrufen werden kann, sei ein Erbvertrag immer besser, rät Brandt.

Unverheiratete sollten rechtzeitig einen Partnerschaftsvertrag abschließen und sich für alle Notfälle gut absichern, wie Brandt betont. Darin sollte geklärt sein, wer gemeinsame Kredite zurückzahlt, wie Hausrat und Vermögen bei Trennung oder Tod verteilt werden, wer viel Geld in die Partnerschaft steckt, wie es um Unterhalt oder das Sorgerecht für Kinder steht.

Vertrag auch ohne Anwalt möglich

Ein Paar kann einen Vertrag selbst aufsetzen oder sich Hilfe vom Anwalt holen. Möglich ist auch, ihn von einem Notar beglaubigen zu lassen. Bei Vermögenswerten von 50.000 Euro kostet das beispielsweise 330 Euro Gebühr, bis zu 125.000 Euro werden 600 Euro für den Notar fällig, so Brandt.

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