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Auf dem Wasser wohnen und Steuern sparen

Die Hausdame auf ihrer Terrasse mit konkurrenzlosem Wasserblick Die Hausdame auf ihrer Terrasse mit konkurrenzlosem Wasserblick
Die Hausdame auf ihrer Terrasse mit konkurrenzlosem Wasserblick
Quelle: Sven Lambert/Sven Lambert
Früher lebten eher Eigenbrötler in Hausbooten, heute zieht es zunehmend Städter aufs Wasser. Ihre Floating Houses liegen in Flüssen, Seen und Meeresbuchten – und in einem rechtlichen Niemandsland.

Die warme Jahreszeit hält für Michéle Victor Adamski in ihrem „Floating House“ an der Havelchaussee in Berlin ein ganz besonderes Erlebnis bereit: Sie wird wieder von einer Schwanenfamilie aufgenommen.

Wohnen auf dem Wasser: das Hausboot von Michéle Victor Adamski auf der Havel
Wohnen auf dem Wasser: das Hausboot von Michéle Victor Adamski auf der Havel
Quelle: Sven Lambert/Sven Lambert

Das erste Mal habe sie zwölf Wochen gebraucht, um das Vertrauen der Tiere zu gewinnen, erzählt die Mentaltrainerin. Schließlich durfte sie das erste Mal von ihrer Terrasse aus inmitten der Schwäne in der Havel schwimmen. Die weißen Vögel zeigten ihr sogar ihren Nachwuchs. Inzwischen tummeln sich Dutzende Enten und Haubentaucher um ihr Boot. „Ich bin hier der Natur sehr nahe“, sagt Victor Adamski.

Diese Nähe zu erleben ist meist der bestimmende Antrieb, wenn Menschen ans Wasser ziehen wollen. Psychologen führen diesen Drang darauf zurück, dass die Anfänge des Lebens im Meer zu finden sind. Zudem beruhigt Wasser, es löst angenehme Gefühle aus.

Manchem genügt ein Garten mit Teich, bei anderen stillen erst sanft anschwappende Wellen, der Geruch des Wassers und die Windböe vor einem Unwetter die Sehnsucht. Sie wollen kein Haus am trockenen Ufer, sondern auf dessen Wasserseite – verankert oder mit Seilen befestigt.

Behörden sind vom Trend überfordert

Wie viele schwimmende Häuser es hierzulande gibt, ist nicht erfasst, denn die Unterkünfte sind noch nicht grundsteuerpflichtig. Doch ob vor Boltenhagen und Laboe an der Ostsee, in Schleswig auf der Schlei, in Xanten am Rhein, auf der Goitzsche um Leipzig oder in Berlin an Havel und Müggelsee: Die schwimmenden Behausungen sind begehrter denn je.

Vor allem der Wunsch nach Exklusivität lockt immer neue Interessenten. Allein die Ämter zeigen sich von dem Trend überfordert: Nur langsam finden sie Regelungen für die Floating Homes – und doch bleibt der Weg zum Wohnen auf dem Wasser ein Behördenmarathon.

Ich war schon während eines Orkans an Bord – großartig
Michéle Victor Adamski, Hausboot-Besitzerin

Das alles konnte Michéle Victor Adamski nicht von ihrer großen Vision abbringen. „Ich wollte unbedingt ganz nahe am Element Wasser sein“, sagt sie. Es war nicht allzu schwer, ihren 14-jährigen Sohn für die Idee einzunehmen. Er paddelt mit seinem Schlauchboot, veranstaltet auf dem Flachdach Partys mit Freunden, und von dort oben ins Wasser zu springen macht besonders viel Spaß.

Die gebürtige Kölnerin Adamski hat bereits als Kind die Menschen bewundert, die in schwimmenden Häusern auf dem Rhein lebten. Deren Unterkünfte waren aber primitiv gebaut, oft illegal platziert und höchstens geduldet. Victor Adamski wollte ein richtiges Haus, zudem sollte es ein fahrbares Boot sein, damit sie auf den 400 Kilometer langen Wasserwegen rund um Berlin schippern könnte.

Haus als Boot eingestuft

Der Kontakt zu einem holländischen Bootsbauer ließ ihre Idee, sich ein schwimmendes Bootshaus bauen zu lassen, reifen. „Man braucht Gesprächspartner mit Erfahrung, um ein Konzept zu entwickeln“, sagt sie. „Es muss ja viel mehr bedacht werden als beim Hausbau an Land, und man muss sich genau überlegen, was man will.“

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Zumal die Banken angesichts solch ungewöhnlicher Bauvorhaben bei der Kreditvergabe noch eher zögerlich sind. Auch sind die Wasserflächen öffentlich und gelten als Bundeswasserstraßen, ähnlich den Bundesautobahnen. Hier müssen Ausnahmen gesucht werden.

Rechtlich gilt Adamskis Hausboot als Sportboot. Vor dem Kauf musste sie einen Bootsführerschein machen
Rechtlich gilt Adamskis Hausboot als Sportboot. Vor dem Kauf musste sie einen Bootsführerschein machen
Quelle: Sven Lambert/Sven Lambert

Und auch die Behörden hinken dem Trend weit hinterher. Bis vor einigen Jahren gab es noch nicht einmal eine Bauordnung für schwimmende Domizile. „Als wir 2001 bei Kröslin vor Usedom unser erstes Haus auf das Boddengewässer gesetzt haben, stuften es die Behörden als Boot ein“, erinnert sich Ulf Sybel von der Berliner Firma FHG floating house.

Doch der Pionier des Hausbootbaus hierzulande ließ nicht locker. Er hatte erkannt, dass es für Floating Homes einen Markt gibt. Weil Sybel mit immer neuen Projekten kam, mussten die Verwaltungen schließlich einen Leitfaden für die Bebauung am Wasser entwickeln. „Inzwischen sind festliegende Hausboote baugenehmigungspflichtig“, so Sybel. „Für einen Bebauungsplan sind bis zu 50 öffentliche Träger zu kontaktieren.“

Steuern sparen als Hausbootbesitzer

Immerhin: Die jetzige Rechtslage ist für Hausbootbesitzer zumindest finanziell lukrativ. Das schwimmende Haus gilt nämlich nicht als Immobilie, sondern als Mobilie. Und als mobiles Wirtschaftsgut kann es steuerlich abgeschrieben werden. „Wenn das Haus auch noch in die Vermietung geht, kann der Eigner einen interessanten Steuereffekt verzeichnen“, so Sybel.

Denn viele Eigentümer vermieten ihr Floating Home zum einen als Ferienobjekt, verbringen darin aber auch selbst Zeit. Aktuell geht der Trend dahin, das Boot ganzjährig zu bewohnen – es wird zum Hauptwohnsitz. „Jedes unserer Häuser war schnell verkauft, die Käufer haben sich einen Traum erfüllt“, so Sybels Erfahrung. Inzwischen erhalte er jede Woche mehrere Interessentenanrufe.

Das Floating Home von Michéle Victor Adamski wird als „Sportboot mit schwacher Motorisierung“ (15 PS) geführt. Dafür musste sie damals die Prüfung für den Bootsführerschein ablegen. Das Hausboot ist autark, unabhängig von Systemen an Land, 14 Meter lang und sechs Meter breit.

Hausboote mit weniger als 25 Meter Länge werden als Sportboote geführt und dürfen bewegt werden. Alle anderen gelten als nicht mehr manövrierfähig, für sie muss ein fester Liegeplatz nachgewiesen werden. Das kostet zwischen 1300 und 1800 Euro pro Jahr. Hinzu kommen Kosten für Strom und Abwasserentsorgung.

Alle zwei bis drei Jahre in die Werft

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Dafür entfallen aber im Vergleich zum Bau an Land auch die Grundstückspreise. So sind die Kosten für die Basisversion des Floating Houses mit 170.000 und 220.000 Euro durchaus konkurrenzfähig. „Will jemand ein individuelles Haus, wird es teurer“, erklärt Ulf Sybel.

Das größte Objekt, das er gebaut hat, hatte 265 Quadratmetern Wohnfläche. Dafür war auch ein Preis fällig, den man sonst für eine stattliche Villa zahlt. Hergestellt werden die Boote auf deutschen und niederländischen Werften in industrieller Serienfertigung, ausgelegt auf 15 bis 30 Stück.

Adamskis Hausboot hat nicht nur einen Kamin, sondern auch Fußbodenheizung
Adamskis Hausboot hat nicht nur einen Kamin, sondern auch Fußbodenheizung
Quelle: Sven Lambert/Sven Lambert

Die Wartung der Wohnkähne ist freilich aufwendig: Alle zwei bis drei Jahre muss ein Floating Home in der Werft überholt werden. Daran mag Michéle Victor Adamski aber jetzt im Frühsommer nicht denken. Ihr gut isoliertes Objekt bietet 40 Quadratmeter Wohnfläche, das mit einer Glasfaserhaut überzogene Dach kann voll genutzt werden.

„Ich wollte so etwas wie die Konstruktion eines Katamarans“, sagt Victor Adamski. Ihr Hausboot liegt auf zwei Leichtbau-Schwimmern. Diese hochwertige Konstruktion macht das Boot unsinkbar. Die Schwimmer aus stabilem Blech dienen zusätzlich als Ablage und Vorratskammer.

Das Schiff liegt ruhig im Wasser, nur bei stärkerem Wellengang sei ein leichtes Schwanken zu spüren, sagt die Eigentümerin. „Ich war schon während eines Orkans an Bord – großartig.“

Fußbodenheizung und Kamin

Das Boot hat einen Wassertank für das aus Seewasser umgewandelte Trinkwasser, er fasst bis zu 1000 Liter. Für das Brauchwasser und die Bio-Fäkalienanlage gibt es einen Grauwassertank. Das Energiesystem wird gespeist durch Stromzufuhr aus einem Transformator am Steg, das ist Pflicht.

Gekocht wird in der Regel mit Gas, weil Strom auf Dauer zu teuer ist – es sei denn, man entscheidet sich für eine Solaranlage auf dem Dach. Zur Ausstattung gehört eine Fußbodenheizung.

Bei Adamskis gibt es zudem eine Kaminheizung. Die wird mit Holzpellets befeuert. Die Dame des Hauses weiß, was das Wichtigste ist, um alles am Laufen zu halten: „Nach 48 Stunden muss neue Energie jeder Art her. Das darf man nie vergessen.“

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