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Für die Zweitwohnung werden saftige Abgaben fällig

So hoch ist die Zweitwohnungssteuer in verschiedenen Städten So hoch ist die Zweitwohnungssteuer in verschiedenen Städten
So hoch ist die Zweitwohnungssteuer in verschiedenen Städten
Quelle: DIE WELT Infografik
Teure Zweitwohnung: Selbst für Blockhütten müssen Bürger oft Steuern von bis zu 35 Prozent bezahlen. Gerichte schlagen sich seit Jahren auf Seite der Städte. Erleichterungen gibt es nur für wenige.

Wer sagt eigentlich, dass eine Wohnung einen Schlafplatz braucht? Strom, Wasser, Küchennische und Toilette reichen aus – so zumindest urteilte jüngst das Verwaltungsgericht im hessischen Gießen.

Der unangenehme Nebeneffekt dieser Einschätzung für die im Verfahren unterlegene Klägerin: Sie muss jetzt Zweitwohnungssteuer für eine Gartenhütte an die Kommune zahlen. Ihre Stadt erhebt für Zweitwohnungen eine Steuer von zehn Prozent des Mietwertes. Gegen diese Abgabe hatte sich die Frau gewehrt.

Sie argumentierte, das Wochenendhaus könne gar nicht als Zweitwohnsitz genutzt werden, weil keine Schlafmöglichkeit und kein Bad vorhanden seien. Kein Argument, sagte das Gericht: Stromanschluss, Wasserversorgung, Küchennische sowie Toilette seien ausreichend, um von einer Wohnung sprechen zu können (Az.: 8 K 907/12.GI).

Das ist nur eines von vielen Urteilen der vergangenen Monate und Jahre, in denen sich Gerichte auf Seiten der Kommunen stellten, wenn es um die Erhebung von Zweitwohnungssteuern geht. So hatte beispielsweise der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 2010 über die Rechtmäßigkeit einer Gemeindesatzung zu entscheiden, die eine Besteuerung des Zweitwohnsitzes auch dann annimmt, wenn der Bürger nur 14 Tage im Jahr die Möglichkeit hat, die Wohnung selbst zu bewohnen.

In dem Fall klagten Eigentümer von Zweitwohnungen, die sich zur Vermietung an Touristen zusammengeschlossen und dabei verpflichtet hatten, ihre Wohnungen nur an höchstens 14 Tagen im Jahr selbst zu nutzen. Auch hier kannten die Richter keine Gnade (Az.: 4 B 09.2092). Zweitwohner können lediglich beantragen, nur anteilig belegt zu werden.

Eine kleine Erleichterung kann hier die Steuererklärung bringen: Wer seine Ferienwohnung ganzjährig oder zeitweise an Gäste vermietet, kann die Steuern als Werbungskosten anteilig geltend machen und so die Vermietungseinkünfte schmälern, hat der Bundesfinanzhof entschieden (Az.: IX R 58/01).

Rechtsprechung ist Eigentümer-unfreundlich

Eine Folge der Eigentümer-unfreundlichen Rechtssprechung: Die Kommunen können jetzt noch mehr Steuern erheben. Mittlerweile müssen Bürger in mehr als 400 Städten und Gemeinden Zweitwohnungssteuer zahlen.

Kommunen dürfen per Satzung beschließen, wie hoch die Steuer ist und ab wann sie fällig wird. Wer also seinen Nebenwohnsitz pflichtgemäß dem Einwohnermeldeamt mitteilt, erhält meist umgehend einen Steuerbescheid. Dabei ist es egal, ob es sich um ein Ferienhaus, eine Pendlerwohnung oder eine Studentenbude handelt. Auch wenn sich Nebenwohnsitz und Hauptwohnung am selben Ort befinden, ändert das nichts.

Völlig unterschiedlich geregelt ist, was unter den Begriff „Zweitwohnung“ fällt. Gemeinden wie Dresden verstehen darunter eine abgeschlossene Wohneinheit mit Küche oder Kochnische und Bad/WC im Sinne der Landesbauordnung. Andere, wie etwa Dortmund, betrachten als Wohnung bereits jeden umschlossenen Raum, der zum Schlafen benutzt wird.

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„Schuld daran, dass der Begriff der Zweitwohnung von Gemeinde zu Gemeinde variieren kann, ist, dass es sich um eine reine Kommunalabgabe handelt und es daher keine einheitliche Rechtsgrundlage gibt“, sagt Ute Spohrer, Steuerberaterin bei der Steuerberatungsgesellschaft Ecovis in München.

Erleichterungen für Eheleute

Auch wenn es keine einheitlichen verpflichtenden Regelungen gibt, gelten einige wichtige Ausnahmen für alle Satzungen, viele auch bundesweit. Von der Steuer befreit sind Menschen, die ein Zimmer in einem Altenheim, Pflegeheim oder einer vergleichbaren Gemeinschaftsunterkunft bewohnen.

In Bayern entfällt sie obendrein für Geringverdiener mit Jahreseinkünften bis 25.000 Euro (Ehepaare und Lebenspartner: 33.000 Euro). Die Städte Hannover und Pirna beispielsweise drücken bei Studenten ohne Einkommen ein Auge zu. Darüber hinaus kommen diese jedoch nicht um die Steuer herum, selbst wenn sie sonst zu Hause bei den Eltern wohnen und keinen Cent verdienen.

Nicht zahlen müssen hingegen Berufspendler, die am Arbeitsort eine zweite Wohnung unterhalten – allerdings nur, wenn sie verheiratet sind. Von ihnen zu verlangen, den bisherigen Hauptwohnsitz aufzugeben, verstieße laut Bundesverfassungsgericht gegen den Schutz von Ehe und Familie (Az.: 1 BvR 1232/00).

„Für Alleinstehende gilt das Urteil jedoch nicht“, betont Hans-Ulrich Liebern vom Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen. „Immerhin dürfen sie die gezahlte Steuer beim Finanzamt als Werbungskosten geltend machen.“ Erhebe der bisherige Hauptwohnsitz die Steuer nicht, könnten sie zudem Haupt- und Nebenwohnsitz tauschen.

Selbst Gartenlauben können betroffen sein

Strittig war lange, ob Lauben in einer Kleingartenanlage als Zweitwohnung gelten. Erst im März dieses Jahres stellte das Bundesbauministerium klar, dass Schrebergärtner nicht besteuert werden dürfen – allerdings nur, wenn die Anlage unter das Kleingartengesetz fällt. Das nämlich untersagt die Nutzung der Lauben als Wohnung.

„Wer aber im Sommer einen Wohnwagen auf einem Campingplatz stehen hat, kann sehr wohl zur Kasse gebeten werden“, sagt Liebern. „Dauercamper sollten dann beantragen, dass die Steuer tatsächlich nur für die warme Jahreszeit erhoben wird.“ Dies müssten sie dann jedoch belegen, etwa mit einer Bescheinigung, dass der Campingplatz die restliche Zeit geschlossen hat.

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Die Zweitwohnungssteuer wird meistens anhand der Jahreskaltmiete bemessen, seltener anhand von Jahresrohmiete oder Wohnfläche. Die Jahresrohmiete ist höher als die Kaltmiete, weil sie verbrauchsunabhängige Nebenkosten berücksichtigt. Bewohnt der Eigentümer Haus oder Wohnung selbst, wird die Steuer anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete ermittelt.

Der Steuersatz reicht von fünf Prozent in Städten wie Berlin über 16 Prozent in Erfurt bis zu 20 Prozent im Ostseebad Kühlungsborn. In den meisten Fällen verlangen die Kommunen rund zehn Prozent.

Einige Gemeinden erheben die Steuer gestaffelt. Beispiel: Baden-Baden kassiert für Jahresmieten bis 2500 Euro 25 Prozent, für den Mietanteil zwischen 2500 und 5000 Euro 27,5 Prozent sowie für alles über 5000 Euro 35 Prozent Steuer. Bei einer Jahresmiete von 12.000 Euro beträgt die Steuer folglich 3637,50 Euro – also 30,3 Prozent der Miete. mit dpa

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