Am 1. Mai 1890 begingen Hunderttausende Menschen in Europa den ersten Tag der Arbeit. Ein Jahr zuvor hatte der Internationale Arbeiterkongress in Paris zu einem „Weltfeiertag der Arbeit“ aufgerufen. In Deutschland beteiligten sich damals laut Deutschem Gewerkschaftsbund (DGB) rund 100.000 Menschen an Streiks, Demonstrationen und sogenannten Maispaziergängen.
Sie verlangten bessere Arbeitsbedingungen und die Einführung des Achtstundentags. In Deutschland war noch das Bismarck’sche Sozialistengesetz in Kraft, das sozialistische Versammlungen verbot. Besonders viele Arbeiter demonstrierten 1890 in Hamburg, die Unternehmen reagierten mit Entlassungen und Aussperrungen.
Für den aus Wuppertal stammenden Friedrich Engels (1820-1895) war der 1. Mai „ein proletarisches Klassenfest“. Auf Postkarten der Anfangsjahre sind Maiblumen und Siegerkränze, läutende Glocken, geschmückte Gärten und fröhliche Menschen zu sehen, die um den Maibaum tanzen.
Der Internationalismus wurde zum Grundgedanken des Maifeiertags. Zweck der Maifeier war es, wie August Bebel (1840-1913) in der „Neuen Zeit“ schrieb, „dem Gedanken der Solidarität der Arbeiterklasse in allen Kulturländern Ausdruck zu geben“.
Die Geschichte des Maifeiertags reicht zurück zum 1. Mai 1886. Damals begann in den USA ein mehrtägiger Generalstreik, um den Achtstundentag durchzusetzen. In Chicago versammelten sich Tausende Arbeiter auf dem Haymarket. Nach zwei Tagen begann die Lage zu eskalieren, die Polizei tötete mehrere Streikposten, auch einige Polizisten kamen ums Leben. Bei einer Protestkundgebung am nächsten Tag warf ein Unbekannter eine Bombe. Die Polizisten gerieten in Panik und schossen um sich, zahlreiche Menschen starben.
Um den 1. Mai entwickelte sich ab 1890 eine eigenständige Feierkultur. Dazu gehörten auch die Maipostkarten. 1893 noch sehen sich auf einer alten Postkarte Arbeiter an ihrer Mai-Demonstration von Militär, Justiz und Bürgertum gehindert. Ein Jahr später hieß es: „Acht Stunden Arbeit, Erholung, Schlaf – hält Leib und Seele gesund und brav.“ Und in Anlehnung an die Bibel stand auf einer Karte aus dem Jahr 1900: „Die Arbeiter sind der Fels, auf dem die Kirche der Zukunft aufgebaut wird.“
Mit Beginn der Weimarer Republik wurden der Achtstundentag vereinbart und die Gewerkschaften „als berufene Vertretung der Arbeiterschaft anerkannt“, wie es damals hieß. Doch Wirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und politische Straßenkämpfe bildeten den Hintergrund der Maifeiern Ende der 1920er-Jahre.
Aus Furcht vor Ausschreitungen verbot der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Karl Zörgiebel, Demonstrationen am 1. Mai 1929. Die KPD widersetzte sich, rief zu friedlichen Massenkundgebungen auf. Es kam zu Straßenkämpfen, die Polizei schoss in die Menge. Am 3. Mai waren mehr als 30 Menschen tot, es gab Hunderte Verletzte.
Die Nationalsozialisten machten den 1. Mai ab 1933 zum bezahlten „Nationalen Feiertag des deutschen Volkes“, inszenierten 1933 in Berlin ein propagandistisches Massenspektakel. Schon einen Tag später stürmten SS und SA die Gewerkschaftshäuser und zerschlugen die freien Gewerkschaften.
Knapp ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, im April 1946, bestätigte der Alliierte Kontrollrat den 1. Mai als Feiertag: „Vom braunen Joch befreit erkämpfen wir uns die wahre Demokratie“, hieß es 1946 auf einem DGB-Plakat. In der DDR wurde er alljährlich als „Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus“ mit Paraden begangen.
Im Jahr der deutschen Einheit 1990 feierten die Gewerkschaften 100 Jahre 1. Mai. Doch seit vielen Jahren bröckeln die Teilnehmerzahlen bei den Mai-Kundgebungen. Nicht wenige Arbeitnehmer nutzen den Feiertag zu einem Kurzurlaub, andere machen Ausflüge und grillen am Tag der Arbeit. Den diesjährigen Maifeiertag stellt der DGB unter das Motto: „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir.“