Es sollte eine Hochzeit werden. Nicht von Menschen, sondern von Göttern. Denn der Römer Marcus Antonius, der sie ins kleinasiatische Tarsos befohlen hatte, wurde von vielen Griechen nicht ganz umsonst als leibhaftiger Dionysos gefeiert, für seinen Ruhm, seine virile Erscheinung und nicht zuletzt seine Lust an sinnlichen Frauen und Getränken. Als keine Geringere als die Liebesgöttin Aphrodite wollte Kleopatra ihm gegenübertreten. Dafür setzte die Königin Ägyptens ihr wichtigstes Kapital ein, „ihren reifen Verstand und die zu herrlichster Blüte entfaltete Schönheit der Frau“.
So zumindest beschreibt der griechische Schriftsteller Plutarch in seiner „Antonius“-Biografie das Zusammentreffen von Kleopatra und Antonius um den 20. August 41 v. Chr. Damit begann eine der großen Affären der Weltgeschichte, die elf Jahre später mit beider Selbstmord in Alexandria ihr Ende finden sollte.
Für Kleopatra ging es wieder einmal um alles. Bereits 48 v. Chr., als sie im Streit um den Thron mit ihrem Bruder Ptolemaios einen Bürgerkrieg führte, hatte sie sich als „junges, in Liebesdingen unerfahrenes Mädchen“ (Plutarch) ins Schlafgemach des römischen Feldherrn Caesar bringen lassen. Er hatte sie zur Mutter des gemeinsamen Sohnes Kaisarion gemacht und ihr die Krone Ägyptens beschafft und – vor allem – gelassen. Damit blieb das reichste Land der Mittelmeerwelt weiterhin im Besitz der Ptolemäer-Dynastie.
Damit es dabei blieb, musste Kleopatra nach der Ermordung Caesars 44 v. Chr. ihr ganzes politisches Können aufbringen, um zwischen den seinen Mördern und Erben nicht zerrieben zu werden. Caesars General Marcus Antonius hatte die Führung von dessen Partei übernommen, die ihm aber vom Haupterben des Diktators, Octavian, streitig gemacht wurde. Gegen die Caesar-Mörder hatten sich die beiden jedoch 43 v. Chr. zusammengefunden und mit dem General Lepidus das Triumvirat „zur Rettung des Staates“ gebildet, faktisch eine Drei-Männer-Diktatur.
Vor allem Antonius war es gewesen, der im Jahr darauf in der Entscheidungsschlacht bei Philippi gesiegt hatte. Ihm war der reiche Osten als Herrschaftsgebiet zugefallen, während sich Octavian mit dem unruhigen Westen Europas und Lepidus mit Afrika zufriedengeben mussten. Nun wollte Antonius wissen, was er von der Geliebten seines ehemaligen Chefs zu halten hatte.
Kleopatra überließ nichts dem Zufall. Sie packte so viele Schätze wie möglich ein, nahm vermutlich ein schnelles Kriegsschiff bis Tarsos und wechselte dann für die Fahrt auf dem Fluss Kydnos auf eine mit Gold und purpurnen Segeln geschmückte Galeere. Die silbernen Ruder bewegten sich im Takt von Musikern. „Sie selbst lag unter einem reich mit Gold verzierten Baldachin, ebenso geschmückt und gekleidet, wie man es auf Bildern der Aphrodite sieht“, schreibt Plutarch, was auf die denkbar geringste Bekleidung (wenn überhaupt) schließen lässt. Moderne Autoren sprechen von einer Krone und einem Perlentanga. Sklavinnen von exquisiter Schönheit waren auf dem Schiff verteilt.
Am Ufer spielten sich unbeschreibliche Szenen ab. Schnell verbreitete sich das Gerücht, dass Aphrodite zum Heil Asiens in feierlichem Aufzug den Dionysos besuchen käme, schreibt Plutarch weiter. Dafür schlug sie die Einladung des Triumvirn mit einer Gegeneinladung auf ihr Schiff aus, was der Römer aus Höflichkeit und wohl auch Neugier akzeptierte. Antonius, dessen Frau Fulvia in Rom zurückgeblieben war, wurde „ihr Sklave, als wäre er ein Jüngling, obwohl er doch schon vierzig Jahre alt war“, höhnte der Historiker Appian (tatsächlich war er 42).
Kleopatra konnte einen vollen Erfolg verbuchen. Obwohl im Osten ein Krieg mit den Parthern drohte, folgte Antonius ihr umgehend nach Ägypten, wo er sich „ganz den Spielen und Lustbarkeiten“ (Plutarch) überließ. Er vergrößerte ihr Reich, machte sie später zu Herrscherin von Armenien, Syrien und Medien und zeugte zahlreiche Kinder mit ihr.
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Der eigentliche Sieger aber wurde Octavian. Den entscheidenden Kampf gegen Antonius um die Macht konnte er als Krieg gegen die „verfluchte Frau“ erklären, die Antonius verdorben habe. Damit kaschierte er den ungeliebten Bürgerkrieg. Mit dem Versuch, auch Octavian nach seinem Sieg zu verführen, sollte sich Kleopatra allerdings verrechnen.
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