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Killervirus für Biowaffen – was darf die Forschung?

Eine Biologin im Schutzanzug arbeitet in einem Hochsicherheitslabor für Virusforschung der Universität Marburg an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Schweinegrippe. Im Jahr 2012 hatten US-amerikanische und niederländische Forscher supergefährliche Viren erzeugt, die weltweit für Schlagzeilen sorgten. In den Experimenten waren tödliche Erreger entstanden, die sich unter Säugetieren rasend schnell verbreiteten Eine Biologin im Schutzanzug arbeitet in einem Hochsicherheitslabor für Virusforschung der Universität Marburg an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Schweinegrippe. Im Jahr 2012 hatten US-amerikanische und niederländische Forscher supergefährliche Viren erzeugt, die weltweit für Schlagzeilen sorgten. In den Experimenten waren tödliche Erreger entstanden, die sich unter Säugetieren rasend schnell verbreiteten
Eine Biologin im Schutzanzug arbeitet in einem Hochsicherheitslabor für Virusforschung der Universität Marburg an der Entwicklung eines Impfstoffs gegen die Schweinegrippe. Im Jahr... 2012 hatten US-amerikanische und niederländische Forscher supergefährliche Viren erzeugt, die weltweit für Schlagzeilen sorgten. In den Experimenten waren tödliche Erreger entstanden, die sich unter Säugetieren rasend schnell verbreiteten
Quelle: pa
Forscher können Viren aggressiver machen. Die könnten zwar bei der Entwicklung von Impfstoffen helfen. Doch genauso könnten sie zur Biowaffe werden. Der Ethikrat fordert Grenzen für die Forschung.

Der Deutsche Ethikrat fordert Grenzen für Forschungen, bei denen die Gefahr von Viren künstlich erhöht wird. In einer Stellungnahme des Gremiums heißt es, die Ergebnisse solcher Forschung könnten nicht nur zum Nutzen des Einzelnen und der Gesellschaft angewandt, sondern auch in Schädigungsabsicht missbraucht werden.

Chancen und Risiken bei der Produktion beispielsweise hochgefährlicher Viren müssten gegeneinander abgewogen werden, sagte die Ethikrats-Vorsitzende Christiane Woopen. Das Gremium sieht vor allem die Wissenschaftler selbst in der Pflicht, mahnt aber auch gesetzliche Regelungen an.

Hintergrund der Stellungnahme waren Forschungen von US-amerikanischen und niederländischen Biologen am Vogelgrippevirus im Jahr 2012. Die Forscher erzeugten mutierte Varianten der für den Menschen höchst gefährlichen H5N1-Viren, die über die Luft zwischen Säugetieren übertragbar waren und nicht wie in der Natur vorkommend nur über engen Körperkontakt von Menschen mit infiziertem Geflügel. Die Wissenschaftler hatten die Studienergebnisse zudem in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Befürchtungen, Ergebnisse solcher Forschung könnten auch beispielsweise für Biowaffen missbraucht werden, lösten eine Debatte über Grenzen der Virenforschung aus.

Missbrauch kann bisher nicht verhindert werden

Auch der Ethikrat teilt diese Sorge und resümiert in seiner Stellungnahme, dass weder nationales noch Europa- oder Völkerrecht diesen Missbrauch bislang verhindern könnten. Die 26 Mitglieder plädieren einstimmig dafür, das Bewusstsein der Forscher für den sensiblen Bereich zu schärfen. Woopen sagte, dies sei nötig, da nicht bei jedem Projekt sofort zu erkennen sei, dass Fragen der Biosicherheit betroffen sein könnten.

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Im zweiten Schritt fordert der Ethikrat einen Kodex, auf den sich die Wissenschaft verpflichten soll. Wirksam soll er unter anderem dadurch werden, dass Forschungsvorhaben nicht gefördert werden, wenn sie mit dem Kodex nicht vereinbar sind.

Dem Gesetzgeber schlägt das Gremium die Einrichtung einer Kommission vor. Sie soll bei Forschungsvorhaben, die Risiken für die öffentliche Gesundheit bergen, beraten. Nach Ansicht des Ethikrats sollte sie an eine bestehende Institution, beispielsweise das Robert-Koch-Institut, angebunden werden.

Für ein zusätzliches Genehmigungsverfahren durch eine Behörde wie das Robert-Koch-Institut sprachen sich nur einige Mitglieder des Ethikrats aus. Trotzdem würde ein negatives Votum der Kommission ein „massives faktisches Gewicht“ haben, sagte die Leiterin der Arbeitsgruppe Biosicherheit des Ethikrats, Silja Vöneky. Der Ethikrat fordert zudem die Bundesregierung auf, sich international für verbindliche Regelungen einzusetzen.

Keine konkreten Gesetzesvorhaben geplant

Bildungsministerin Johanna Wanka und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (beide CDU) begrüßten das Votum. Gröhe sagte, es sei „dringend geboten“, sich dieser Diskussion zu stellen. Beide Minister wollten sich aber auf konkrete Gesetzesvorhaben noch nicht festlegen.

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Wanka betonte, die Forschung in diesem Bereich sei unter anderem für die Impfstoffentwicklung vielversprechend. Risiken könnten am besten die Wissenschaftler selbst einschätzen. Nach ihren Angaben arbeiten die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Deutsche Forschungsgemeinschaft bereits an entsprechenden Kodizes.

Forschung an biologischem Material, das für Waffen missbraucht und damit zu einer Gefahr werden könnte, spielt nach Angaben des Ethikrats und Wankas derzeit noch eine untergeordnete Rolle in Deutschland.

Es gebe derzeit nur rund zehn Projekte in diesem Bereich, sagte Woopen. Um für künftige Trends gewappnet zu sein, ist es in ihren Augen dennoch an der Zeit, Regeln für diesen Bereich zu entwickeln.

Dem Deutschen Ethikrat gehören 26 Mitglieder an, die vom Bundestagspräsidenten je zur Hälfte auf Vorschlag des Bundestags und der Bundesregierung für vier Jahre berufen werden. Der Rat befasst sich vor allem mit Fragen im Bereich der sogenannten Lebenswissenschaften. Die Mitglieder sind vor allem Wissenschaftler.

epd/AFP/oc

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