Wenn es blitzt und donnert, möchten sich viele am liebsten unter die Decke verkriechen und abwarten, bis alles vorbei ist. Kein Wunder, schließlich können bei einem Blitzeinschlag Spannungen von bis zu 100 Millionen Volt auftreten – lebensgefährlich! Dennoch erfüllen Gewitter eine nicht zu unterschätzende Aufgabe, wie eine neue Auswertung alter Wetterdaten aus dem Jahr 2012 von Meteorologen der Penn State University in den USA ergab.
Die Ergebnisse ihrer Analyse, die in den Fachmagazinen „Science“ und „Advancing Earth and Space Science“ veröffentlicht wurden, zeigen: Gewitter tragen wahrscheinlich einen immensen Beitrag dazu bei, die Erdatmosphäre zu reinigen. Damit leisten sie auch einen Beitrag zum Klimaschutz – und zwar nicht nur durch die für uns sichtbaren Blitzeinschläge, sondern auch durch unsichtbare elektrische Luftentladungen. Erstaunlich ist, wie die Wissenschaftler darauf kamen: Sie nutzten die Daten eines Forschungsflugs von 2012, die bis dahin für unbrauchbar gehalten worden.
Man habe sich über die extrem hohen Hydroxid- und Stickoxidwerte in den Wolken gewundert, die die Messinstrumente an Bord in Geräuschsignale umwandelten, wie William Brune, Professor für Meteorologie an der Penn State University, in einer Pressemitteilung erklärt:
Wir gingen davon aus, dass das Instrument Rauschen enthält, und haben daher die großen Signale aus dem Datensatz entfernt und für spätere Studien zurückgestellt.
Das Forscherteam überprüfte nun die Gewitterdaten erneut
Die Messwerte stammten von einem Nasa-Flugzeug, das über Colorado und Oklahoma geflogen war und den sogenannten Amboss, den oberen Teil von Gewitterwolken, vermessen hatte. Bei der Neuauswertung der mittlerweile mehr als acht Jahre alten Daten im Zusammenspiel mit den zum gleichen Zeitpunkt am Boden gesammelten Daten stellte sich überraschend heraus, dass die Blitze tatsächlich diese hohen Mengen an Oxidationsmitteln produzierten.
Frühere Forschungsprojekte konnten bereits aufzeigen, dass die bei den Blitzeinschlägen entstehenden Stickoxide und Hydroxide verschiedene Treibhausgase im wortwörtlichen Sinne aus dem Himmel spülen, weil die in ihnen enthaltenen ungepaarten Elektronen sehr aktiv sind. So werden Treibhausgase wie Methan zersetzt.
Die neuen Ergebnisse des Forscherteams rund um den Meteorologen William Brune zeigen, dass Blitz und Donner noch viel mehr können. Bisher hätte sich die Forschung eher dafür interessiert, was Gewitter unten am Boden anrichten.
Nun besteht ein zunehmendes Interesse an den schwächeren elektrischen Entladungen bei Gewittern, die erst zu Blitzen führen.
Mithilfe von Laborsimulationen, die auf den Messwerten von 2012 basieren, stellten die Forscher die Vermutung auf, dass sowohl die für uns sichtbaren Blitze als auch unsichtbare elektrische Ladungen in der Luft extrem hohe Mengen der Hydroxide erzeugen könnten. Sie gelten als „Waschmittel des Himmels“. Gleichzeitig konnten in der Luft keine zusätzlichen Stickoxide oder giftiges Ozon nachgewiesen werden.
Versuchen Gewitter also womöglich, dem Klimawandel entgegenzuwirken?
Wenn die Erde durch den Klimawandel wärmer wird, werden auch Gewitter und Blitzeinschläge wahrscheinlich häufiger auftreten. Das wiederum wirkt sich auf das Gleichgewicht der Treibhausgase in der Luft aus – vielleicht viel mehr, als Wissenschaftler bisher gedacht hatten. Mit absoluter Sicherheit können die Forscher allerdings noch nicht belegen, wie genau und stark die elektronischen Ladungen in der Luft die Atmosphäre säubern.
Dafür benötigen sie noch weitere Daten von allen möglichen Orten der Welt – vor allem von dort, wo häufig Gewitterstürme entstehen wie etwa in den Tropen. Jedoch lässt die aktuelle Studienlage vermuten, dass zwischen zwei und 16 Prozent der weltweiten atmosphärischen Oxidation, also alle chemischen Stoffe, die in der Atmosphäre freigesetzt werden, durch Gewitter verursacht werden könnten. Da die von den Blitzen freigesetzten Stoffe vor allem eine reinigende Wirkung auf die Atmosphäre haben, könnte das ein Hinweis darauf sein, wie auch die Natur selbst versucht, dem Klimawandel entgegenzuwirken.