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Literatur Nachruf

Utta Danellas Leserinnen starben schon vor ihr

Utta Danella 1975 auf dem Höhepunkt ihres Ruhms Utta Danella 1975 auf dem Höhepunkt ihres Ruhms
Utta Danella 1975 auf dem Höhepunkt ihres Ruhms
Quelle: dpa/ Istvan Bajzat/sv sab
Utta Danella war eine der erfolgreichsten Schriftstellerinnen der alten Bundesrepublik: In ihren vielen Büchern ging es um Frauen, die eine Entscheidung treffen müssen. Zum Tod der Bestsellerautorin.

Zu Münchens Promiszene gehörte sie nicht. Sonst hätte man ihren Tod kaum so lange geheim halten können. Schon Anfang Juli, so teilte die Familie jetzt mit, ist Utta Danella 95-jährig gestorben, längst auch zu Grabe getragen. Sie war kein Gesicht, das man kannte – anders als ihre männlichen Bestsellerkollegen Simmel und Konsalik, die gern das Licht der Öffentlichkeit suchten und sich an ihrem Erfolg labten. Auch an Buchtitel erinnert man sich kaum – wohl aber an den Namen. Er war eine Marke. So sehr, dass die ARD, die eine ganze Reihe ihrer Romane verfilmen ließ, den Filmen diesen Namen voransetzte. Als Gütesiegel gewissermaßen.

Gütesiegel wofür? Für das Genre, die Plots, die Gefühle. Utta Danella schrieb romantische Melodramen. Darin ging es, gern im Rahmen der jüngeren Zeitgeschichte oder auch eines prächtigen Hotels im Park, um Schicksalsschläge, die von schwer erschütterten Frauen dennoch tapfer ertragen werden; um Männer, die zwischen einer intriganten und einer liebenden Frau stehen, lange nicht merken, welche die richtige ist, aber endlich „eine Entscheidung treffen müssen“, wie die wohltemperierte Spannung verheißende Lockvogelformulierung lautet. Oder um eine dunkle Vergangenheit, die spät ans Licht kommt und die Betroffenen „läutert“. Das alles setzte bei ihren begeisterten Leserinnen (es waren überwiegend Leserinnen) „Emotionen“ frei und den Wunsch nach dem nächsten Schmöker.

Das Gütesiegel Danella garantierte ein Happy End

Die Plots führen Held und Heldin unweigerlich durch Höhen und Tiefen, über Irrtum und Erkenntnis zum Happy End (dem eigentlichen Gütesiegel ihrer Bücher). Aus Utta Danellas Seiten trieft durchaus nicht der Kitsch; sie schrieb eher einen schlichten Stil, die Sätze selten länger als es auch das Lehrbuch für Boulevardjournalisten für angemessen hält. Einfach ist auch das Vokabular, einfach die Psychologie, voraussehbar wie manche Wendung der Handlung das jeweils zum Substantiv passende Adjektiv. Das Personal ist stereotyp – der gütige Patriarch, der junge Hallodri, der verkannte Seelenfreund etc. Neben dem glücklichen Finale, das gern von entsprechenden Landschaftseindrücken begleitet wird, lieferte die Autorin immer auch die Moral zur Geschicht’: „Ohne Hoffnung kann ein Mensch nicht leben“ etwa oder: „Ein Mensch kann nur wirklich glücklich sein, wenn er andere Menschen glücklich macht.“

Ina Paule Klink und Henriette Richter-Röhl bei Dreharbeiten zum ARD-Film „Der Verlobte meiner besten Freundin“. Die Verfilmung entstand nach dem Roman „Meine Freundin Elaine“ von Utta Danella
Ina Paule Klink und Henriette Richter-Röhl bei Dreharbeiten zum ARD-Film „Der Verlobte meiner besten Freundin“. Die Verfilmung entstand nach dem Roman „Meine Freundin Elaine“ von U...tta Danella
Quelle: dpa/Ursula Düren/du_wst sab

Utta Danella, 1920 in Leipzig geboren, mit bürgerlichem Namen Utta Denneler, war eine starke, unabhängige Frau mit der festen, aus eigener Erfahrung gewonnenen Überzeugung, Frauen seien das stärkere, das souveränere Geschlecht. Ihren ersten Roman „Alle Sterne vom Himmel“ schrieb sie heimlich auf dem Dachboden; ihr Mann sollte nichts merken. Das 1000-Seiten-Manuskript wurde von etlichen Verlagen abgelehnt.

Der erste Verleger erfand ihr Pseudonym Utta Danella

Angenommen hat es schließlich Franz Schneekluth, der ihr allerdings die Kürzung auf die Hälfte abrang. Schneekluth fand auch das Pseudonym für seine Autorin, die nach dem Tod ihres Förderers zu Albrecht Knaus und Hoffmann & Campe wechselte. Früh verwitwet, produzierte sie Romane am Stück (43 wurden es insgesamt) und erschrieb sich ein Vermögen. Auf 70 Millionen wird die Gesamtauflage geschätzt.

Wachsen wird sie allerdings nicht mehr. Aus den Buchhandlungen und den Verlagskatalogen sind die Bücher verschwunden. Ihre Leserinnen sind ihr weggestorben oder zu jüngeren, frecheren Kolleginnen abgewandert. Die Nachfolgerinnen auf der Bestsellerliste heißen Dora Heldt oder Dörte Hansen. Nur das Deutsche Fernsehen glaubt an die Unsterblichkeit der Utta-Danella-Leserschaft und strahlt unermüdlich Utta-Danella-Verfilmungen aus.

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