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Hamburg Hamburger Hip-Hop-Band

Fettes Brot mit neuem Buch, neuer Platte und Tournee

Fettes Brot, das sind (v.l.): Boris Lauterbach (Koenig Boris), Martin Vandreier (Dokter Renz) und Bjoern Warns (Bjoern Beton) – hier mit neuem Buch Fettes Brot, das sind (v.l.): Boris Lauterbach (Koenig Boris), Martin Vandreier (Dokter Renz) und Bjoern Warns (Bjoern Beton) – hier mit neuem Buch
Fettes Brot, das sind (v.l.): Boris Lauterbach (Koenig Boris), Martin Vandreier (Dokter Renz) und Bjoern Warns (Bjoern Beton) – hier mit neuem Buch
Quelle: Getty Images
König Boris, Doktor Renz und Björn Beton von der Hamburger Band kämpfen gerade um ihr muckeliges Studio und „Viva la Bernie“. Darüber hinaus ist die Hamburger Band Fettes Brot wieder voll präsent.

Eigentlich eine klare Ansage: Das Interview mit Fettes Brot findet statt in der Bernstorffstraße 117. Dann kommt man auf den Hinterhof zwischen Schanze und Pauli, und an jedem Eingang steht „117 muss bleiben“. Aber wo ist jetzt 117? Irgendwann winkt jemand aus einer Tür einladend herüber, also dann mal da hin. Gute Wahl. Hier residieren sie, die drei Helden von Fettes Brot. Mitten drin in der Bernie, einem Hinterhof-Biotop in einer der heißesten und mittlerweile auch gefragtesten Ecken der Hansestadt.

Jetzt sitzen hier in besagter Nummer 117 drei Hamburger Helden im Foyer ihres Studios. Nix mit Luxus, keine drei Damen am Empfangstresen, eher Nadelfilzboden und Stolperschwellen von Raum zu Raum. König Boris, Doktor Renz und Björn Beton – ihre echten oder zumindest bürgerlichen und im Pass vermerkten Namen lassen wir hier mal weg – sitzen entspannt im Refugium, um welches sie gerade mit allen anderen 120 Nutzern und Bewohnern einen engagierten Kampf führen. Die Bernie nämlich wurde verkauft, der neue Besitzer träumt vielleicht von Luxussanierung. Nur eine Vermutung natürlich.

„Viva la Bernie“

Und weil auch Fettes Brot ihr muckeliges Studio hier nicht aufgeben wollen, redet man mit ihnen im Moment erst mal nicht über Musik. „Wir sind noch immer in konstruktiven Gesprächen mit den Eigentümern“, sagt König Boris, „und unser Ziel ist es nach wie vor, diesen Hof zu kaufen. Hier arbeiten ja ungefähr 120 Leute, vom Tanzstudio über Handwerker, Umzugsunternehmen, Grafiker bis zu uns, etliche von ihnen leben auch hier.“ Deshalb entstand „Viva la Bernie“ als eingetragener Verein. Und in dem spielen die drei nun auch ihre Rolle.

„Im Wesentlichen“, so König Boris, „haben wir dazu beigetragen, die Problematik in die Öffentlichkeit zu bringen.“ So eine prominente Band sei nicht das schlechteste Zugpferd für die Medien, zudem habe es viel Solidarität aus dem kreativen Umfeld gegeben. „Wir freuen uns“, sagt Doktor Renz, „dass dank unserer Medienkontakte viele Menschen von diesem Problem hören. Es gab sogar erste Ideen, einen Song zum Thema zu machen, was aber nicht funktioniert hat. Also haben wir den künstlerischen Bereich zunächst einmal ausgeklammert und lieber versucht zu helfen, das Ganze publik zu machen.“

Als der Verein im vergangenen Jahr die sieben Millionen Euro für ein Kaufangebot zusammenhatte, „haben wir uns erst mal von Herzen gefreut und eine Riesenfeier veranstaltet, zusammen mit Samy DeLuxe und Jan Eißfeld hier auf dem Hof“. Das dürfte auch musikalisch ein buntes Fest gewesen sein, denn den Klängen ihrer Gründerzeit vor 26 Jahren haben die Schulfreunde aus dem Kreis Pinneberg mittlerweile eine ganze Palette neuer Farben hinzugefügt.

„Kategorische Abgrenzung nicht mehr möglich“

Wikipedia führt Fettes Brot zwar zunächst als „Hip-Hop-Gruppe“, weiter unten aber heißt es dann: „Spätestens seit ‚Schwule Mädchen‘ ist eine klare kategorische Abgrenzung von Fettes Brot nicht mehr möglich.“ Doktor Renz grinst, „klingt wie aus einer Vereinszeitung“. Auch König Boris ist amüsiert, „heißt so viel wie: „Jetzt sind sie endgültig verrückt geworden“ oder?“ Björn Beton holt etwas weiter aus, „das Lied davor war ‚Da draußen‘, fast ein Rap-Rap-Song. Den wollten wir mit ‚Schwule Mädchen‘ quasi kaputtmachen.“

Dann kommt der Doktor, „aber vorher mussten wir ja noch eine virtuelle Punkband gründen, für die wir das Lied meinten geschrieben zu haben. Wir dachten, das können wir unter unserer Fahne gar nicht raushauen, das versteht ja keiner. Es hat uns aber ermöglicht, eigene Grenzen zu sprengen. Vorher dachten wir ja auch noch in so Kategorien wie was ist echter Hip-Hop, wo fängt der Sell-out an, wann klingt es nur noch verwässert. Und darf man überhaupt einen Refrain singen? Über so etwas lächeln wir heute natürlich nur noch milde, sehr milde.“

Nur noch Restkarten für Barclaycard-Arena

Nachzuhören ist das auf dem neuen Album „Lovestory“, das am 3. Mai erscheinen wird, nachzulesen in ihrem bereits erschienenen Buch „Was wollen wissen“, einer wunderbar durchgeknallten Sammlung erlesener Anekdoten. Manche Leute, sinniert König Boris, glauben ja, die stetige Horizonterweiterung „wäre unser Konzept gewesen, war es aber gar nicht. Erst im Rückblick fallen einem Sachen auf, die man heute ganz anders machen würde. Aber auch Sachen, die wir ganz gut angepackt haben. Unser Talent zum Storytelling ist schon drin, wir texten zu Themen, die nicht jeder anbietet.“

Doktor Renz hebt jetzt verbal den Finger, „und die humorvolle Distanz zu dem, was wir so machen, blitzt ja auch immer wieder auf“. Er hätte mit Fug und Recht auch sagen können: immer öfter.

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Was die Konzerte von Fettes Brot ähnlich und doch ganz anders als die von Deichkind regelmäßig zu fröhlichen Kindergeburtstagen macht, für die sich manche Fangruppen sogar eigene Kostüme schneidern, als ginge es auf einen Junggesellenabschied. Und wenn die Band, nach einer Lesereise mit dem Buch im März, beim Deichbrand Festival ab Juli ihre „Lovestory“-Tournee startet, werden die Jünger garantiert so schöne Titel wie „Ich liebe Mich“, „Deine Mama“, „Robot Girl“, „Du driftest nach rechts“ oder „Geile Biester“ schon aus dem Eff-Eff mitsingen können.

Ihren Abschluss findet der Zug durch die ganze Republik dann am 8. November in der Hamburger Barclaycard-Arena. Hier sind schon jetzt nur noch wenige Restkarten zu bekommen.

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