Der frühere Präsident des Lutherischen Weltbunds, Altbischof Christian Krause, hat die Verwendung christlicher Symbole auf Demonstrationen der islamkritischen Pegida-Bewegung als „pervers“ bezeichnet. „Wenn ich sehe, dass da schwarz-rot-gold angestrichene Kreuze hochgereckt werden, gruselt es mich“, sagte der frühere Bischof der evangelischen Landeskirche Braunschweigs dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Er gab zu, dass Kirche und Gesellschaft das Phänomen unterschätzt hätten. „Wir waren offenbar auf so etwas nicht gefasst. Wahrscheinlich ist das eine Konsequenz unserer Saturiertheit und unseres Reichtums – und der Angst, beides zu verlieren.“ Statt sofortiger moralischer Reaktion empfahl der evangelische Theologe, den Sinn und das Ziel von Weltoffenheit und Toleranz besser zu verdeutlichen.
„Trotzdem ist es unglaublich, was da passiert“, fügte Krause hinzu. „Da soll angeblich eine christliche Prägung unserer Kultur mit dem Mittel der Ausgrenzung verteidigt werden. Wer so redet, weiß offenbar selbst nicht, was er da verteidigt.“
Für den Montagabend sind in Köln, Dresden, Berlin und weiteren Städten Kundgebungen der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) geplant. Auch sind Gegendemonstrationen angekündigt, in Köln werden dazu rund 1000 Menschen erwartet.
Dom und andere Kirchen in Köln bleiben unbeleuchtet
Vor der ersten Pegida-Demonstration in Köln hat die dortige katholische Kirche sich erneut gegen Ausgrenzung von Flüchtlingen gewandt. Dompropst Norbert Feldhoff sagte im Deutschlandradio Kultur, die Religionsfreiheit in Deutschland müsse umfassend sein und auch für den Islam gelten. Wer bei Kögida – dem Kölner Ableger der Pegida-Bewegung – mitlaufe, unterstütze automatisch extreme Ansichten, warnte Feldhoff. Die für Pegida typische Mischung aus Extremisten und Menschen aus dem bürgerlichen Lager bezeichnete der Dompropst als gefährlich.
Feldhoff bestätigte, dass die Lichter am Kölner Dom am Montagabend aus bleiben. „Wir wollten nicht mit dem schön hellerleuchteten Dom im Hintergrund wunderbare Bilder für diese Demonstration liefern“, sagte er. Die Aktion solle zum Nachdenken anregen, betonte der Probst. Auch die evangelische Antoniter-Kirche in Köln und andere wichtige Gebäude sollen aus Protest gegen Kögida unbeleuchtet bleiben.
Christen haben auf Pegida-Demos nichts zu suchen
Auch der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, hat die Pegida-Bewegung scharf kritisiert. „Von der Zielsetzung her ist Pegida unchristlich“, sagte Schneider der „Rheinischen Post“. Zu den Werten des Abendlands gehörten auch die Religionsfreiheit und das Eintreten für die muslimischen Flüchtlinge: „Wir können nicht das Abendland verteidigen, indem wir den Islam als Feind ausrufen. Christinnen und Christen haben deshalb auf diesen Kundgebungen nichts zu suchen.“
Mit Blick auf die Feiern zum Reformationsgedenken 2017 sieht Altbischof Krause in Deutschland „die Tendenz zu einer großen nationalen Show“. Er rief dazu auf, die nationale Verengung zu vermeiden, „die in der Geschichte der protestantischen Kirchen in Deutschland bis heute leider immer wieder hervortritt“.
In Papst Franziskus sieht der frühere Spitzenrepräsentant von mehr als 70 Millionen lutherischen Christen in 142 Kirchen einen Verbündeten im Bemühen um die weltweite Ökumene: „Für ihn ist die Begegnung unserer Kirchen auf Augenhöhe eine Selbstverständlichkeit.“ Krause war zuletzt im November 2014 mit dem Papst zusammengetroffen.