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Die faszinierendsten Flugzeugfriedhöfe der Welt

Abgestellt, eingemottet, ausgeweidet: Die Pandemie hat viele Maschinen überflüssig gemacht, Flugzeugfriedhöfe sind überfüllt. Ihr Anblick stimmt melancholisch, beeindruckt aber auch mit einer eigenen Ästhetik, wie ungewöhnliche Aufnahmen zeigen.
Lufthansa-Airbusse parken auf dem Flughafen Köln/Bonn Lufthansa-Airbusse parken auf dem Flughafen Köln/Bonn
Lufthansa-Airbusse parken auf dem Flughafen Köln/Bonn
Quelle: Sebastian Thoma

Da stehen sie einsam in der Wüste, die früher bewunderten Giganten der Lüfte. Statt auf ihren Fahrwerken lagern sie auf Stapeln von Holzpaletten, ihrer Triebwerke und wertvoller Teile beraubt. In einst mächtigen Rümpfen klaffen Löcher, Kabel baumeln im heißen Wind, es herrscht unheimliche Stille, manchmal unterbrochen vom Klappern der Landeklappen im Luftzug.

Die einstmals größten Verkehrsflugzeuge der Welt bieten einen traurigen Anblick. Statt Passagiere auf ferne Kontinente zu befördern, fristen sie ihre letzten Tage als gefledderte Riesen irgendwo im Abseits, fernab der Zentren des Luftverkehrs. Flugzeugfriedhöfe strahlen einen eigenen morbiden Charme aus, der Anblick vergehender Technik ist bedrückend, gerade für Luftfahrtfans, aber ästhetisch auch beeindruckend.

In seinem Bildband „Nach der letzten Landung“ hat Sebastian Thoma auf 192 Seiten voller bestechender Fotos eine schaurig-schöne Chronik vorgelegt, die diesem Mythos nachspürt. Der Autor, selbst Fluglotse und angehender Verkehrspilot, hat bereits vor der Pandemie begonnen, vor allem die legendären „Aircraft Boneyards“ in den USA zu dokumentieren. Er hat viele seiner faszinierenden Bilder aus der Luft gemacht, aus Sportflugzeugen oder mit seiner Kameradrohne.

Friedhof für Flugzeuge: Zerlegte B-52-Bomber auf dem weltgrößten Aircraft Boneyard in Tucson/Arizona
Zerlegte B-52-Bomber auf dem weltgrößten Aircraft Boneyard in Tucson/Arizona
Quelle: Sebastian Thoma

Seit Frühjahr 2020 hat sich die Flugzeugabwrack- und Verwertungsindustrie zu einer wahren Boom-Branche entwickelt, neben Luftfracht so ziemlich der einzige Bereich der Fliegerei, der von der Pandemie massiv profitiert, während die Luftfahrtindustrie weltweit in die schlimmste Krise ihrer über 100-jährigen Geschichte geraten ist.

Wurden zuvor nur ältere und unwirtschaftlich gewordene Jets in die Wüste geschickt, traf es plötzlich beinahe die gesamten Flotten aller großen Airlines der Welt, und dieses Grounding hält bis heute an: Im März 2021 war fast noch ein Drittel aller rund 30.000 Passagierflieger weltweit längerfristig geparkt oder eingemottet, über 9000 Maschinen. Im April 2020 standen sogar kurzzeitig mal 17.000 Jets still, 64 Prozent der Gesamtflotte.

Friedhof für Flugzeuge: Eine Gruppe ausrangierter Boeing 737 von Southwest Airlines in Victorville/Kalifornien
Eine Gruppe ausrangierter Boeing 737 von Southwest Airlines in Victorville/Kalifornien
Quelle: Sebastian Thoma

Plötzlich fanden sich nagelneue Boeing 787 und Airbus A350 mit abgeklebten Fenstern und Triebwerken irgendwo im Nirgendwo, oft direkt vom Werk auf den Abstellplatz geflogen. Dazu kamen rund 700 Boeing 737 MAX, die weit über ein Jahr aus Sicherheitsgründen mit einem globalen Startverbot belegt waren.

Abstellflächen für Flugzeuge wegen Corona gesucht

Während diese neuen Flugzeuge unter südlicher Sonne immerhin auf bessere Zeiten warten, hat die Pandemie die noch vor wenigen Jahren als die Zukunft der Fliegerei gepriesenen A380-Riesen bei den meisten Betreibern plötzlich zu Altmetall werden lassen. Die Mehrzahl wird nie wieder fliegen, die Vorstellung von Zukunft, so zeigt sich, kann ein schnelles Verfallsdatum haben.

Ein außer Dienst gestelltes Airbus-Transportflugzeug Super Guppy in England
Ein außer Dienst gestelltes Airbus-Transportflugzeug Super Guppy in England
Quelle: Sebastian Thoma

In der Pandemie entstand quasi über Nacht ein riesiger Bedarf an Abstellflächen für ungenutzte oder ausgemusterte Verkehrsflugzeuge. Plötzlich wurden vorher obskure Flugplätze zu branchenweit bekannten Namen, etwa die größten europäischen Abstellplätze im spanischen Teruel und im französischen Tarbes/Lourdes.

Sebastian Thoma versteht mit besonderem Gespür für Perspektive und Anordnung, die endlosen Aufreihungen von Flugzeugen wie eine eigene Kunstform zu inszenieren, die nicht nur Flugzeugliebhaber fasziniert, wenn auch auf melancholische Weise.

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Dabei stellt er mit Bildern aus dem aktiven Flugbetrieb und kurzen Texten die abgestellten, ausrangierten Jets gelungen in Beziehung zu ihrer früheren oder noch bestehenden Bedeutung im Luftverkehr und lässt den Betrachter nicht wie andere Werke über dieses Sujet mit der Kraft seiner Bilder allein. Sogar die neue Air Force One der USA, noch abgestellt vor ihrem derzeitigen Umbau, lässt sich im Buch erspähen.

„Nach der letzten Landung“ von Sebastian Thoma ist im GeraMond Verlag erschienen, 192 Seiten, 39,99 Euro

Friedhof für Flugzeuge: Verkehrsflieger der Modelle Airbus A380 und Boeing 747, aufgereiht in Tarbes/Lourdes
Verkehrsflieger der Modelle Airbus A380 und Boeing 747, aufgereiht in Tarbes/Lourdes
Quelle: Sebastian Thoma

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