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Meinung Olympische Spiele

Überfällige Absage der Zauderer

Redakteur
Nach Wochen lähmender Ungewissheit entschließt sich das von Thomas Bach angeführte Internationale Olympische Komitee, die Sommerspiele um ein Jahr zu verschieben. Der deutsche Funktionär hat schon längst seine frühere Treffsicherheit verloren.

Am Ende ging es wie so oft in der Sportpolitik nur noch um die Deutungshoheit. Während Japans Ministerpräsident Shinzo Abe am Dienstag berichtete, Thomas Bach habe seinen Vorschlag für eine Verschiebung der Sommerspiele in das kommende Jahr goutiert, erklärte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), seine Organisation selbst habe den Wunsch an den Gastgeber herangetragen.


Nach Wochen des Zauderns und Zögerns bekamen es die Protagonisten des größten Sportspektakels der Welt noch nicht einmal hin, die Absage einheitlich zu verkünden. Im an Imageschäden ohnehin schon äußerst reichen Projekt „Tokio 2020“ dokumentierten sie so unfreiwillig einen neuerlichen Tiefpunkt.

Der Möchtegern-Reformer

Schon vier Monate vor dem geplanten Start hatten Art und Weise der Ausrichtung durch die Hauptstadt Japans massive Kritik erzeugt. Der Etat für die Olympischen Spiele war einst mit neun Milliarden Euro veranschlagt worden, aktuell liegt er bei 27 Milliarden Euro. Dabei hatte sich gerade Möchtegern-Reformer Bach auf die Fahne geschrieben, dem fortschreitenden Gigantismus in seiner Branche ein Ende bereiten zu wollen. Vergebens.

In seine Amtszeit fallen die 33 Milliarden Euro teuren und von Dopingskandalen der Gastgeber überlagerten Winterspiele 2014 in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi ebenso wie das nun auf 2021 verschobene Sommerfest in Tokio. Das noch immer so wohlklingende sportliche Wettkampfmotto „höher, schneller, weiter“ haben der Funktionär und seine Vorstandskollegen schon längst in „reicher, wahnsinniger, skrupelloser“ umgewandelt.

Bloßgestelltes IOC

Die Entscheidung, die Sommerspiele nun aufgrund der grassierenden Corona-Pandemie um zwölf Monate zu verschieben, war überfällig. Schon vor dem Beschluss hatten Sportler wie Deutschlands Athletensprecher Max Hartung und das gesamte kanadische Team ihren Boykott für den Fall verkündet, dass das IOC an seinem originären Zeitplan der Ausrichtung festhalten wolle. Der seit 2013 als Präsident fungierende Bach und sein Komitee waren bloßgestellt und jetzt zum raschen Handeln gezwungen.

FILE PHOTO : International Olympic Committee (IOC) President Thomas Bach walks with Japan's Prime Minister Shinzo Abe during the 'One Year to Go' ceremony celebrating one year out from the start of the summer games at Tokyo International Forum in Tokyo, Japan July 24, 2019. REUTERS/Issei Kato/File Photo
Tokio 2021, so lautet nun das Motto für Thomas Bach (r.) und Shinzo Abe
Quelle: REUTERS

Dass der 66-jährige ehemalige Fecht-Olympiasieger zuletzt wenig Treffsicherheit bewies und bis zum Wochenende in einer Mischung aus Naivität und Fahrlässigkeit noch alles daransetzen wollte, um die Spiele ab dem 24. Juli auf Teufel komm raus durchzudrücken, war allein den nun drohenden Einnahmeverlusten geschuldet. Auf fünf Milliarden Euro beziffern sie Experten.

Und so haben Bach und sein IOC am Dienstag zwar im Sinne der lange verunsicherten Athleten gehandelt, aber auch unfreiwillig für einen Rekord gesorgt: Sie gehen als Väter der teuersten Absage einer Sportveranstaltung überhaupt in die Geschichte ein.

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