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Leute Sascha Hehn

„Erst dachte ich, was soll der Scheiß?“

Seit Jahrzehnten fliegen Sascha Hehn die Frauenherzen zu. Nun wird der Schauspieler bald in gleich zwei neuen Fernsehserien zu sehen sein. Als „Traumschiff“-Kapitän und in der Sitcom „Lerchenberg“.

In den 80er-Jahren galt er als erfolgsverwöhnter Frauenschwarm. Danach wurde es ruhiger um Sascha Hehn, 58. Nun hat das ZDF ihn gleich für zwei Hauptrollen besetzt. Als „Traumschiff“-Kapitän wird er voraussichtlich Anfang 2014 zu sehen sein. Vorher spielt er in der Sitcom „Lerchenberg“ sich selbst: Sascha Hehn, der mit Ende 50 sein Comeback im ZDF sucht.

Welt am Sonntag: Herr Hehn, wie ist es, auf einmal wieder so gefragt zu sein? In größeren Rollen waren Sie ja schon länger nicht mehr zu sehen.

Sascha Hehn: Ich war in einer Ruhephase. Jetzt werde ich aus ihr für eine kurze Zeit herausgerissen. Aber glauben Sie mir: Ich kehre wieder in die Ruhephase zurück.

Welt am Sonntag: Wie lange wird die Aktivzeit dauern?

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Hehn: Morgen beginnt wieder die Ruhephase.

Welt am Sonntag: Was war Ihr erster Gedanke, als Ihnen vorgeschlagen wurde, sich selbst zu spielen?

Hehn: Ich wollte die rausschmeißen, die zwei, den Regisseur und den Produzenten. Mein erster Gedanke war: Was soll der Scheiß? Das ist doch Quatsch! Aber dann saßen wir noch zwei Stunden zusammen und haben uns unterhalten. Das war dann doch sehr fruchtbar. Ich habe mir Bedenkzeit ausgehandelt und es zu Hause mit meiner besseren Hälfte besprochen. Die hat gesagt: „Das machst Du nicht!“ Und immer wenn sie sagt: Das machst Du nicht, dann reizt es mich besonders (lacht). Im Ernst: Ich habe darüber nachgedacht und mir gesagt: Hey, das hat es noch nie gegeben – einen, der sich selbst spielt. Das war Punkt eins. Punkt zwei: Jemanden zu spielen, der Du nicht bist, der aber Deinen Namen trägt, macht das Ganze noch viel reizvoller. Das war ein Sprung ins kalte Wasser.

Welt am Sonntag: Wen können Sie authentischer darstellen, Sascha Hehn oder eine fiktive Figur?

Hehn: Fakt ist, der Sascha Hehn, den ich spiele, darf nicht ganz so sympathisch wirken. Denn sobald er sympathisch wirkt, hat er sehr viel von mir. Aber in dem Moment, wo er überehrgeizig ist, allen anderen in den Arsch tritt und auf Teufel komm‘ raus nach vorne marschiert, hat er sehr viel von dem Gespielten. Ist doch klar!

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Welt am Sonntag: Sie wurden vor ein paar Jahren gefragt, ob Sie zum Fernsehen zurückkommen wollten. Ihre Antwort war…

Hehn: (unterbricht) Ich war doch gar nicht weg!

Welt am Sonntag: Aber damals sagten Sie: „Warum? Was soll mich da reizen?“

Hehn: Nein, ich habe damals gesagt… (überlegt kurz) Es stimmt. Das war nach der unsäglichen Geschichte mit dem „Musikhotel am Wolfgangsee“ 2008 (Hehn hatte den Film öffentlich als Hartz-IV-Programm bezeichnet und gesagt, er würde lieber Leuten den Rasen mähen, als seinen Beruf lächerlich zu machen). Da war in mir noch eine verletzte Seele. Bei dem Dreh habe ich mir gedacht: Was soll mich noch reizen an dem Beruf des Schauspielers, wenn das darauf hinaus läuft, dass man mich aus einer Schublade herausholt und mich in eine andere hineinsteckt. Dann lasse ich es doch lieber bleiben und kümmere mich nur noch ums Fische-Züchten. Das war damals sehr emotional. Ein Hilferuf.

Welt am Sonntag: Im selben Interview haben Sie den öffentlichen Rundfunk aufgefordert, „endlich mal wieder gutes Programm“ zu machen. Wie sieht für Sie gutes Programm aus?

Hehn: Ein gutes Programm hat eine Vorbildfunktion und vermittelt Werte. Wenn ich da so ins Fernsehen gucke und sehe, was manche Sender für Formate machen, in denen Menschen ihre Selbstachtung aufgeben und für wenig Geld versuchen, eine zweite Karriere in einem Camp im Dschungel zu beginnen, dann ist das schon sehr merkwürdig.

Welt am Sonntag: Was sehen Sie selbst gern? Heile-Welt-Filme wie das „Traumschiff“?

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Hehn: So ist es. Das sage ich ganz offen. Denn das ist auch einer der Hauptgründe, warum ich mich auf die Rolle des Kapitäns eingelassen habe. Es klingt vielleicht saublöd, aber es ist die Wahrheit: Ich spiele die Rolle, damit Menschen besser einschlafen können. Wenn ich an einer Sendung beteiligt bin, an der wir nichts Schlimmes, sondern schöne Bilder, schöne Menschen und schöne Geschichten zeigen, und die Leute am Ende abschalten und denken: Ach, das war toll, und mit einem guten Gefühl und positiven Gedanken ins Bett gehen, dann ist uns viel gelungen. Das ist die Aufgabe, die wir Schauspieler haben.

Welt am Sonntag: Was tun Sie, um auch mit bald 60 Jahren noch fit zu sein?

Hehn: Ich bin fit wie ein Turnschuh. Innen bin ich 25. Nun, außen bin ich kurz vor 60. Der Kopf muss einfach klar sein.

Welt am Sonntag: Wie schaffen Sie das?

Hehn: Ganz einfach: Ich rauche nicht, ich trinke nicht. Ich gehe schwimmen, ich fahre Fahrrad, ich gehe Bergsteigen, ich gehe zum Fischen und zum Jagen. Vor allem bin ich viel in der Natur und ernähre mich sehr vernünftig. Erst gestern habe ich mit den Leuten aus meiner Dorfgemeinschaft über die falsch deklarierten Bio-Eier gesprochen. Wir haben in unserem Dorf einen kleinen Laden. Gestern konnte ich sie überzeugen, dass wir endlich mehr Hühner anschaffen. Mein Ziel ist, dass wir völlig autark sind. Eigenes Wasser haben wir auch schon.

Welt am Sonntag: Die Rolle in „Lerchenberg“ wurde Ihnen vor Ihrer Kapitäns-Rolle angeboten: Hätten Sie auch Ja gesagt, wenn Sie bereits „Traumschiff“-Kapitän gewesen wären?

Hehn: Sicher. Das eine hat mit dem anderen gar nichts zu tun. Das ist ein ganz eigenes Format. In Amerika gibt es ähnliche Serien. Übrigens reißen sich Protagonisten darum, in so einer Sitcom mitzuspielen. Das war doch sehr mutig, dass ein deutscher Sender über sich selbst eine Geschichte macht und ein bisschen hinter die Kulissen blicken lässt. Auch wenn es Fiktion ist, enthält der „Lerchenberg“ auch immer ein Stück Wahrheit. Das macht es so reizvoll.

Welt am Sonntag: In „Lerchenberg“ beurteilt die Redakteurin das „Traumschiff“ als „grenzwertig“. Warum?

Hehn: Diese Redakteurin kommt von der Innovations-Schiene und der Redaktion „Neues“. Sie sagt: Wir machen etwas Besseres, Wichtigeres und Anspruchsvolleres. Damit zeigen wir auch einen Teil des großen Potpourri einer großen Fernsehanstalt. Da kommt jeder bei allen Dingen zu Wort und hat zu allem etwas beizutragen. So sieht der Zuschauer auch einmal: Wie läuft das wirklich ab. Und das verpackt mit einer Portion Satire und Humor, finde ich gut.

Welt am Sonntag: Welche Botschaft wollen Sie mit „Lerchenberg“ herüberbringen?

Hehn: Sagen wir so: Wenn die Botschaft angekommen ist, haben wir die Chance, dass sich vielleicht einiges verbessert.

Welt am Sonntag: Inwiefern?

Hehn: Kein Kommentar! (lacht)

Welt am Sonntag: Die Realität hat den „Lerchenberg“ eingeholt: Ist Ihre Rolle als Traumschiff-Kapitän wirklich „Gnadenbrot für einen Schauspieler“ und der „Rentner-Job schlechthin“, wie ein Kollege schrieb?

Hehn: Moment! Langsam! Das habe ich sogar selber gesagt. Beziehungsweise das hat mich ein Journalist gefragt. Ich habe gesagt: Das ist jetzt der richtige Rentner-Job. Da fährt man zur scheußlichen Jahreszeit in den sonnigen Süden. Aber das „Traumschiff“ ist auch nicht mehr das von früher. Damals hatte man drei Wochen Kreuzfahrturlaub und drei Drehtage. Jetzt fliegen wir dem Schiff hinterher, donnern unsere Drehtage herunter und werden wir wieder in die kalte Heimat zurückgeflogen. Aber das ist auch richtig so, nur so spart man Geld.

Welt am Sonntag: Von älteren Schauspielerinnen hört man ja öfters, dass sie keine Rollen mehr bekommen. Männer dagegen werden auch mit grauen Haaren noch für attraktive und begehrenswerte Charaktere besetzt. Wie ist Ihre Erfahrung?

Hehn: Nun, ich sehe auch, wie Kollegen älter werden. Das macht sie aber nicht weniger attraktiv. Das gilt für Frauen wie für Männer. Ich glaube, wenn Ausstrahlung – der kleine Heiligenschein hinter dem Kopf – da ist, dann ist es völlig egal, wie alt man ist.

Welt am Sonntag: Sie stehen, seit Sie fünf sind, auf der Bühne und vor der Kamera. Was war Ihre Lieblingsrolle?

Hehn: Da gab es mehrere. Die erfolgreichen können wir alle miteinander nehmen. Udo Brinckmann in der Schwarzwaldklinik, Chef-Steward auf dem Traumschiff oder später als Erster Offizier. Dann habe ich den Egmont gespielt, das war eine schöne Herausforderung. Als junger Schauspieler war für mich ein ganz großes Erlebnis, mit O.W. Fischer auf Theater-Tournee zu gehen.

Welt am Sonntag: Welche Rolle mögen Sie rückblickend gar nicht mehr?

Hehn: In meinem Leben habe ich eigentlich nur zwei ganz schlechte Rollen gespielt.

Welt am Sonntag: Und das waren?

Hehn: Reden wir nicht mehr darüber.

Welt am Sonntag: Welche Rolle würden Sie gerne spielen? Was ist Ihre Traumrolle?

Hehn: Das ist die Gretchenfrage. Ich habe mal vor 30 Jahren gesagt, dass ich gerne den Störtebeker spielen würde. Mittlerweile bin ich für die Rolle zu alt.

Welt am Sonntag: Was raten Sie jungen Menschen, die Schauspieler werden wollen?

Hehn: Dass sie sich einen ersten Job zulegen. Sprich: Sie sollten einen richtigen Beruf erlernen, der sie ernähren kann. Wenn Sie Lust haben, können sie neben dem Beruf mit der Schauspielerei anfangen. Sofern sie ganz erfolgreich sind und mit dem Schauspielern genügend Geld verdienen, können sie überlegen, ihren ersten Beruf ad acta zu legen. Aber, die Schauspielerei bleibt keine Existenzsicherheit – schon gar nicht für einen jungen Schauspieler. Wenn ich in der heutigen Zeit anfangen würde, müsste ich mir ernsthaft Sorgen machen.

Welt am Sonntag: Sie selbst haben keinen Beruf gelernt und die Realschule noch vor der Mittleren Reife abgebrochen.

Hehn: Das ist richtig. Aber ich habe schon sehr sehr früh auf der Bühne gestanden und eine große Lebenserfahrung. Die hat mich weit gebracht. Gott sei Dank.

„Lerchenberg“: ZDFneo am Donnerstag, 28. März, ab 22.45 Uhr. Im ZDF als Doppelfolgen am 05. und 12. April um 23 Uhr.

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