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Jetzt wächst die Angst vor „aktionistischen Schnellschüssen“

Grünen-Politiker Giegold, Baerbock und Göring-Eckard: Die Wirtschaft fürchtet weitere verbindliche Vorgaben Grünen-Politiker Giegold, Baerbock und Göring-Eckard: Die Wirtschaft fürchtet weitere verbindliche Vorgaben
Grünen-Politiker Giegold, Baerbock und Göring-Eckard: Die Wirtschaft fürchtet weitere verbindliche Vorgaben
Quelle: dpa
Die Grünen sind auf dem Vormarsch – und in der Wirtschaft wächst das Unbehagen. Sie fürchtet, dass durch eine Verschärfung des Klimaschutzes Verbote, Restriktionen und Aktionismus zunehmen. Eine Branche sieht die Umweltpolitik der Grünen positiv.

Sunday for Future – so nannte Sven Giegold den Wahltag. Die Wahlergebnisse haben den europäischen Spitzenkandidaten der Grünen beflügelt. Die Europawahl am Sonntag war in seinen Augen eine Bewegung für mehr Klimaschutz, ähnlich der Schülerbewegung „Fridays for Future“.

Tatsächlich befinden sich die Grünen in einem Höhenflug, den ihnen so kaum jemand zugetraut hatte. Giegolds Partei hat in Deutschland 20,5 Prozent erreicht und wurde damit erstmals bei einer bundesweiten Wahl zweitstärkste Kraft – nach der Union und vor der SPD.

Bei den Wählern haben die grünen Anliegen offenbar Konjunktur. Doch in der Wirtschaft gibt es angesichts hoher Energiekosten auch Bedenkenträger. Sie fürchten durch eine Verschärfung des Klimaschutzes weitere Auflagen, die das Geschäft belasten.

So kritisiert Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbunds: „In der Vergangenheit haben sich die Grünen immer wieder mit Verboten und Restriktionen und weniger mit Gestaltungsangeboten oder Anreizen zu Wort gemeldet.“

Veltmann hofft, dass es keine „aktionistischen Schnellschüsse“ geben werde, sondern konsequent nach wirklich zukunftsfähigen Lösungen für Mittelstand und Umwelt gesucht werde. Der Mittelstand stehe bekanntlich für Nachhaltigkeit und habe längst erkannt, dass Ökologie und Ökonomie nicht zu trennen seien.

Maschinenbauer fürchten verbindliche Vorgaben

Ähnliche Kritik kommt von Bertram Kandziora, Chef des Motorsägenherstellers Stihl: „Dass wir beim Klimaschutz noch mehr tun müssen, ist klar. Wichtig ist dabei aber, unideologisch zu handeln und nicht in Aktionismus zu verfallen.“ Jeder Schritt müsse gut überlegt sein und jede Überlegung erst mal technologieneutral.

„Es ist zum Beispiel gefährlich, den Diesel per se zu verdammen. Auch die Produktion von Batteriezellen ist nicht gerade klimaneutral“, sagte Kandziora. Er appelliert an die Politik, ohne Vorurteile zu agieren. „Bei uns in Baden-Württemberg haben wir gute Erfahrungen mit den Grünen gemacht. Ministerpräsident Kretschmann gefällt mir gut, der ist sehr pragmatisch. Wichtig ist, nicht rein ideologisch zu handeln, sondern genau auszuloten, was Klima und Wirtschaft guttut.“

Auch die Maschinenbauer wünschen sich bei der Umweltpolitik mehr Augenmaß. So sagt Naemi Denz, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA): Der Verband nehme Umweltschutz und Klimawandel ernst und beteilige sich mit Engagement bei der Umsetzung des sehr umfangreichen Umweltrechts und auch bei freiwilligen Maßnahmen.

Allerdings fürchtet die Branche weitere verbindliche Vorgaben. „Bei aller Liebe zur Umwelt müssen wir auf die Verhältnismäßigkeit achten. Die letzte Kilowattstunde für viel Geld einzusparen ist nicht der richtige Weg“, mahnt die klima- und energiepolitische Sprecherin Denz.

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Deutschland versucht schon seit einigen Jahren, mit der Energiewende eine Vorreiterrolle im Umweltschutz einzunehmen. Viele Unternehmen klagen über die dadurch entstehenden Kosten. Gleichzeitig fürchten einige um die Energiesicherheit. Warnende Worte kommen daher vom Holger Bingmann, er vertritt als Präsident des BGA die Interessen des deutschen Groß- und Außenhandels sowie des Dienstleistungssektors.

Die Umwelt- und Klimapolitik sei jetzt schon „extrem teuer“. So lägen die deutschen Energiekosten bereits heute im europäischen Spitzenfeld. Dabei hätten deutsche Firmen gute Produkte und Lösungen im Angebot. Umso mehr komme es auf die Ausgestaltung an, sagt Bingmann. „Bislang ist mein Eindruck, dass der ,deutsche Weg‘ eher als abschreckendes Beispiel wirkt.“

Rückenwind für die Umweltpolitik kam von der Elektroindustrie. Deren Zentralverband ZVEI unterstütze ehrgeizige Klimaziele und setze sich dafür ein, dass die Klimaschutzziele des „Pariser Klimaabkommens“ erreicht werden, sagte Klaus Mittelbach, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. Die Elektroindustrie fördere diese Ziele durch ihre energieeffizienten Technologien.

Das bedeutet der Kohleausstieg bis 2038

Der geplante Ausstieg aus der Kohle stößt auf ein gemischtes Echo. Umweltministerin Svenja Schulze versichert, dass die Strompreise dadurch nicht steigen werden und Deutschland infolge des Ausstiegs bis 2038 auch ein moderneres Land wird. Doch es gibt auch Kritik.

Quelle: WELT/Dagmar Böhning

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