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Meinung Gewinnwarnungen

Eingelullte Manager erleben jetzt ein böses Erwachen

Ressortleiter Wirtschaft, Finanzen, Immobilien
Was die Gewinnwarnungen bei Daimler und BASF für uns bedeuten

Während die Wall Street neue Rekorde feiert, der Dow Jones den Sprung über die 27.000-Punkte-Marke schafft, ist die Konjunkturstimmug in Deutschland eingetrübt. Volkswirt Carsten Brzeski fasst die Woche an den Märkten zusammen.

Quelle: WELT / Dietmar Deffner

Autoplay
Von Deutscher Bank über BASF bis hin zu Daimler: Überall in der deutschen Wirtschaft kracht und rumpelt es. Sind das wirklich alles nur Einzelfälle? Oder doch Vorboten einer ausgewachsenen Krise, die wir haben geschehen lassen?

Befinden wir uns schon in einer Rezession? Akzeptiert man die gängige Faustregel – zwei aufeinanderfolgende Quartale mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung –, dann werden wir das frühestens Mitte November wissen; erst zu diesem Zeitpunkt nämlich werden die entsprechenden Zahlen für das Sommerhalbjahr 2019 vorliegen.

Die gehörige Verzögerung ist einer der Gründe dafür, dass Rezessionen häufig erst als solche erkannt werden, wenn sie fast schon wieder vorbei sind. Die anekdotische Evidenz, mit der man sich in der Zwischenzeit behelfen muss, verheißt allerdings nichts Gutes in diesen Tagen. Die Woche begann mit der Streichung von 18.000 Arbeitsplätzen bei der Deutschen Bank. Dann folgte eine Serie von Gewinnwarnungen, BASF am Dienstag, die Maschinenbauer Aumann und Krones am Donnerstag, Daimler am Freitag. Der Autobauer musste die Erwartungen an sein Geschäftsergebnis gleich zum zweiten Mal binnen nur drei Wochen herabsenken.

Beruhigend ist, dass die jeweils verantwortlichen Topmanager mit einigem Recht Sondereffekte oder Altlasten mitverantwortlich machen können. Beruhigend ist auch, dass die nun anlaufenden Restrukturierungs- und Kürzungsrunden zum Teil auch als Versuche gewertet werden können, das Haus wetterfest zu machen, ehe der Sturm richtig losbricht.

Ära der finanziellen Repression wird zum Dauerzustand

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, wie ernst die Lage ist: Die wichtigste Industriebranche in Deutschland (Auto) steckt in der Krise, die zweitwichtigste (Maschinenbau) auch und die drittwichtigste (Chemie) ebenfalls. Und jene Branche, die den Rest der Wirtschaft mit Liquidität und Kredit versorgen soll, siecht dahin – mit wenig Aussicht auf Besserung, wenn nun wirklich mit einer französischen Zentralbankchefin in Frankfurt die Ära der finanziellen Repression zum Dauerzustand wird.

Ernüchternd ist auch die Erkenntnis, dass sich offenbar nicht nur Politiker haben einlullen lassen von dem langen Aufschwung in Deutschland und der Welt – sondern auch Teile der Wirtschaft. „Wir werden nur noch dort sein, wo unsere Kunden uns wollen“, sagt Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und findet das offenbar tatsächlich bemerkenswert.

Hinzu kommt auch noch, dass sich die Faktoren, die den Abschwung in Richtung Rezession beschleunigen können, deutscher Einflussnahme weitgehend entziehen. Ob es zu militärischen Auseinandersetzungen am Persischen Golf kommt oder einem transatlantischen Handelskrieg samt Autozöllen, entscheidet sich im Oval Office, nicht im siebten Stock des Bundeskanzleramts.

Vielleicht wird man im Herbst, wenn die gesamtwirtschaftliche Bilanz für das Sommerhalbjahr vorliegt, wissend lächeln können über die Sorgen, die Daimler & Co. nun mit ihren Schockmeldungen auslösen. Vielleicht werden wir uns aber auch fragen: Warum nur haben wir, als es noch nicht zu spät war, unsere Zeit mit der „Gorch Fock“ verplempert, mit Boris Beckers Pokalsammlung und dem Parteibuch eines früheren Finanzsenators?

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