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Nasa plant bemannte Flüge zu Asteroiden

Die unbemannte Raumsonde Hayabusa landete am 12. September 2005 auf dem Asteroiden Itokawa. Bald sollen nun auch Menschen die gefährlichen Gesteinbrocken aus nächster Nähe sehen Die unbemannte Raumsonde Hayabusa landete am 12. September 2005 auf dem Asteroiden Itokawa. Bald sollen nun auch Menschen die gefährlichen Gesteinbrocken aus nächster Nähe sehen
Die unbemannte Raumsonde Hayabusa landete am 12. September 2005 auf dem Asteroiden Itokawa. Bald sollen nun auch Menschen die gefährlichen Gesteinbrocken aus nächster Nähe sehen
Quelle: dpa/DPA
Erdnahe Asteroiden sollen demnächst Besuch von der Erde erhalten. Die Entfernung ist nicht das Problem – aber die Landung. Denn auf den unebenen Oberflächen zu landen ist ein gefährliches Unterfangen.

Wenn es nach der Schönheit von Namen ginge, würde 2000SG344 in Reisekatalogen wohl kaum auftauchen. Interessant ist der Asteroid aber, weil er im Jahr 2000 relativ nahe an der Erde vorbeigeflogen ist und dies bald wieder, nämlich im Jahr 2030, tun wird. Und für zwischendurch hat sich Gegenbesuch von der Erde angemeldet.

Der rundliche Brocken im All ist zwar ein erdnaher Asteroid, während seiner größten Annäherung aber immer noch mehr als doppelt so weit entfernt wie der Mond. Als „erdnah“ bezeichnen Astronomen solche Objekte immer dann, wenn deren Umlaufbahnen auf dem Weg um die Sonne die der Erde kreuzen. Sie kommen unserem Planeten deswegen bisweilen gefährlich nahe – ein minimales Risiko der Kollision besteht immer.

Die Reise zu ihnen wäre nur ein kosmischer Katzensprung. Der für die erste Landung infrage kommende Asteroid wiegt nur etwas mehr als eine Tonne und verfügt deshalb über so gut wie keine Anziehungskraft. Ein Raumschiff müsste wenig Treibstoff mit sich führen, um sich bei seiner Rückkehr wieder aus dem Anziehungsbereich des nur 40 Meter langen Himmelskörpers zu lösen.

Unbemannt war gestern

Die Orion-Kapseln, die die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa derzeit entwickelt, könnten Astronauten in etwa drei bis sechs Monaten zu einem erdnahen Asteroiden fliegen und wieder zurückbringen. Diese Sonden wären zwar nicht die allerersten, die Asteroiden einen Besuch abstatten, doch anders als bei früheren Versuchen sollen die Kapseln für Landungen angelegt sein, sehr viel kürzer im All verweilen, und vor allem: demnächst bemannt sein.

Da eine Landung auf den Gesteinsbrocken sehr kompliziert ist, wurden bisher keine Astronauten, sondern nur Sonden losgeschickt, um im Vorbeiflug Aufnahmen oder auch Proben aus dem Schweif zu gewinnen. Ein spektakulärer Coup gelang der Nasa mit der Sonde Near Shoemaker“. Sie war zunächst nur für den Vorbeiflug am Asteroiden Eros konzipiert, landete aber am 12. Februar 2001 nach mehreren Umrundungen auf dessen Oberfläche.

Ein Rückflug war allerdings nicht möglich. Die Raumsonde Hayabusa, die die japanische Raumfahrtagentur Jaxa 2003 auf eine Reise zum Asteroiden (25143) Itokawa geschickt hatte, landete am 12. September 2005 auf dem Asteroiden. Nachdem Hayabusa Bodenproben genommen hatte, flog sie zurück zur Erde und landete am 13. Juni 2010 in Australien. Sie brachte die ersten Bodenproben von einem Asteroiden zu unserem Planeten.

Niemand weiß, was die Astronauten erwartet

Nun sollen also bemannte Sonden her. Ein bis zwei Wochen würde eine Mannschaft auf dem Asteroiden verbringen, wobei „auf“ leichter gesagt ist als getan. Der Lander müsste sich im Gestein verhaken, um Halt zu finden; die Astronauten könnten nicht aufrecht gehen, sondern müssten – ebenfalls gesichert – wie Taucher über dem Boden schweben. „Es ist ein unglaublich gefährliches Unternehmen, auf einem solchen Objekt Menschen zu landen“, warnt der Astrophysiker Harald Lesch von der Universität München.

„Das ist ein bisschen so, als wenn man versucht, von einem Flugzeug auf ein anderes zu springen – und zwar ohne Fallschirm.“ Sollte die Landung nicht präzise gelingen, könnte möglicherweise die Landefähre auf dem Himmelskörper zerschellen. Denn bei Asteroiden handelt es sich im Wesentlichen um große Steine. Normalerweise sind sie nicht halbwegs rund wie die meisten Planeten, sondern sehr uneben.

„Wir können uns Asteroiden als 50 Meter große Kartoffeln vorstellen“, so der Luft- und Raumfahrtingenieur David Akin, Direktor des Labors für Weltraumsysteme der Universität von Maryland. Einige dieser unförmigen Klumpen mögen von Staub bedeckt sein. Rotieren sie schnell genug, könnte diese Eigendrehung den Staub von ihrer Oberfläche geschleudert haben, sodass nur noch nackter Felsen übrig ist. Von den meisten Asteroiden haben die Astronomen jedoch noch nie mehr gesehen als einen kleinen Punkt im Fernrohr. „Ehe wir nicht eine Sonde oder gar Astronauten hinschicken, können wir nicht sagen, was genau wir dort finden würden“, so Akin.

2016 kommt ein unbemannter Testflug

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Beides geht die Nasa in den kommenden Jahren an. Den Anfang macht 2016 die unbemannte Mission „Osiris-Rex“. Diese Abkürzung steht für „Origins Spectral Interpretation Resource Identification Security Regolith Explorer“ – eine Sonde also, die den Staub und die feste Oberfläche eines Asteroiden im Visier hat. Sie wird eine Art Antistaubsauger an Bord haben. Er soll auf die Oberfläche des Asteroiden blasen und das aufgewirbelte Material aufsaugen.

Die Proben werden in einer Kapsel aufbewahrt und zur Erde geflogen. Nach diesem unbemannten Test soll in den 2020er-Jahren ein Abstecher von drei oder vier Astronauten zu einem weiteren erdnahen Asteroiden folgen. Der neue Schwerlastträger SLS (Space Launch System) soll eine entsprechende Mannschaftskapsel ins All schießen, die um ein Wohnmodul erweitert wird, das durch mehrere Schichten in der Außenhaut die Crew vor der kosmischen Strahlung schützt.

Am Asteroiden angekommen, könne dieses Raumschiff dann aber nicht landen, so David Akin. „Die Sonnenzellenausleger des Schiffes dürfen auf keinen Fall in Kontakt kommen mit dem Staub auf dem Asteroiden.“ Sicherheitshalber sollten die Astronauten aussteigen und sich dem Astronauten mit Raketenrucksäcken nähern. Da Asteroiden aufgrund ihrer geringen Größe aber über so gut wie keine Schwerkraft verfügen, könnten die Astronauten nicht auf ihm herumspazieren, sondern würden stets knapp über der Oberfläche des Gesteinsbrockens schweben. Die Anziehungskraft auf einem Asteroiden ist so gering, dass ein fallen gelassener Gegenstand aus Schulterhöhe etwa 30 Sekunden benötigt, um den Boden zu erreichen.

Die Internationale Raumstation soll helfen

Die Nasa hat mehrere Studien in Auftrag gegeben, wie genau das Raumschiff aussehen soll, das erstmals Menschen aus dem Erde-Mond-System heraustragen wird. Für die logistische Durchführung einer bemannten Mission zu einem Asteroiden trifft es sich gut, dass ungefähr zu diesem Zeitpunkt, Mitte des kommenden Jahrzehnts, die derzeit geplante Lebenszeit der „Internationalen Raumstation“ (ISS) endet. Sie ist zu groß, um sie am Stück abstürzen und verglühen zu lassen, müsste also vorher zerlegt werden.

Und da ist Recyceln angesagt. „Der dritte und neueste Verbindungsknoten der Station ist eines der für uns wertvollsten Elemente der ,ISS‘“, erklärt Brian Wilcox, der Chef der Abteilung für Weltraumrobotik beim Jet Propulsion Laboratory der Nasa in Pasadena (Kalifornien). Node 3 verfügt einerseits über sechs Andockmöglichkeiten, andererseits über wenig anfällige Elektronik. Er dürfte auch 2025 noch voll funktionsfähig sein und könnte als zentrales Element eines Asteroidenraumschiffs dienen, an das weitere Module docken können.

Node 3, der den Namen „Tranquility“ trägt, wurde in Italien gebaut und erst 2010 zur „ISS“ transportiert. Er ist also so gut wie neu. An zwei gegenüberliegenden Andockstutzen sollen zwei Miniraumschiffe angebracht werden, neuartige Space Exploration Vehicles (SEVs). Diese SEVs können jeweils zwei Personen aufnehmen. Ergänzt würde dieses System aus Zentralmodul und zwei Minifähren um ein aufblasbares Wohnmodul, in dem sich die Crew während der mehrmonatigen Reise zum Asteroiden und zurück aufhält. Am Ziel angekommen, steigen je zwei Astronauten um in eine der Minifähren, um mit ihr den Asteroiden zu erkunden.

Der Plan, die Nase zu überholen

Gemäß Auftrag von US-Präsident Barack Obama soll die Nasa in den 2020er-Jahren einen Asteroiden erkunden. Pfiffige Planer haben mittlerweile darauf hingewiesen, dass dies nicht unbedingt heißen müsse, dass Menschen zum Asteroiden hinfliegen – im Gegenteil: Warum nicht einen der erdnahen Asteroiden vom Typ 2000SG344 mithilfe einer automatischen Sonde und einer gigantischen Plane einfangen und in die Nähe der Erde transportieren? An einem der Librationspunkte, an denen sich die Anziehungskräfte von Erde und Mond die Waage halten, könnte der Brocken aus der Ferne geparkt werden. Astronauten würden dann von der Erde aus einschweben und ihn in Ruhe untersuchen.

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Doch es formiert sich Widerstand gegen solche Trickserei. Derweil ist ein privates Unternehmen dabei, die Nasa auf dem Weg zu einem Asteroiden zu überholen. „Das ist das Schöne an den erdnahen Asteroiden: Sie bestehen aus so vielen verschiedenen Materialien“, sagt Chris Lewicki, Präsident der Firma Planetary Resources, die auf einem erdnahen Asteroiden Bergbau betreiben will. Denn diese Himmelskörper bestehen aus Wasser, Eisen, Nickel, Kobalt, Platin und Palladium. Sie zur Erde transportieren wäre zu teuer. „Im All könnten sie uns aber behilflich sein beim Aufbau größerer Strukturen“, findet Lewicki.

Aus ihnen ließen sich etwa auch einzelne Module für eine Raumstationen bauen. Derzeit entwickelt Planetary Resources ein eigenes Weltraumteleskop namens Arkyd. Aus der Erdumlaufbahn heraus soll es geeignete Asteroiden aufspüren. Weitere Teleskope werden dann später zu den Asteroiden fliegen, die in die engere Wahl gekommen sind, und sie genau untersuchen. „Und schließlich werden wir zu Testzwecken eine geringe Menge des Materials abtragen, bevor wir schließlich mit dem industriellen Abbau beginnen werden“, erklärt Lewicki. Bereits im kommenden Jahr, so die Planung des Visionärs, soll das erste Arkyd-Teleskop seinen Beobachtungsposten im Erdorbit beziehen – und damit den Run auf die Asteroiden einläuten.

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