Gehen und Reden haben mehr gemeinsam, als bisher angenommen: Denn die einst stummen Urmenschen haben für die Entwicklung der Sprache vermutlich einen Teil ihres Gehirns ausgebaut, der die Bewegung steuerte. Das hat eine internationale Forschergruppe um den Oldenburger Wissenschaftler Henrik Mouritsen entdeckt.
Ursprünglich hatten die Forscher Zugvögel und ihren Orientierungssinn untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass bei diesen Vögeln der für die Bewegung zuständige Hirnteil dicht bei einer Region liegt, die den Gesang steuert. „Wichtige Entdeckungen ergeben sich oft per Zufall, wenn man nach etwas ganz anderem sucht“, sagte Mouritsen.
Als die Oldenburger Wissenschaftler das Ergebnis an der heimischen Vogelart Gartengrasmücke bestätigt sahen, baten sie Kollegen in den USA um Hilfe. Die dortigen Forscher untersuchten die Gehirne weiterer Singvögel, Papageien und Kolibris mit demselben Ergebnis: Der Gehirnbereich für Gesang wirkt wie eine kopierte Vorlage des Bereiches für Bewegung.
Mouritsen vermutet, dass der evolutionär ältere Motorik- Hirnteil den Vögeln wie eine Art Schablone geholfen habe, sich auch in Sachen Gesang fortzuentwickeln. Er kommt zu dem Schluss, dass sich das Forschungsergebnis auch auf den Menschen übertragen lasse.
„Gesprochene Sprache ist die hoch spezialisierte Fähigkeit, die Bewegungen unseres Kehlkopfs zu kontrollieren. Wir vermuten, dass sich die Sprachregionen im Gehirn auf eine den Vögeln vergleichbare Weise entwickelt haben.“ Dafür seien die entsprechenden Hirnregionen während der Evolution kopiert und für den neuen Zweck des Sprechens verwendet worden. Die These werde auch von der gängigen Annahme gestützt, dass sich die Sprache des Menschen aus den Bewegungen seiner Gestik und Mimik entwickelt habe.