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Mit "Wegeheld" können Handy-Nutzer Falschparker melden Bürger werden zu Ordnungshütern

Bremen. Mit der neuen App „Wegeheld“ können Handy-Besitzer falsch parkende Autos fotografieren und das Ordnungsamt davon in Kenntnis setzen.
08.04.2014, 06:30 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Bürger werden zu Ordnungshütern
Von Alexander Tietz

Eine neue Anwendung für Smartphones macht Bürger zu Ordnungshütern. Mit der Android-App „Wegeheld“ können Handy-Besitzer falsch parkende Autos fotografieren und das Ordnungsamt davon in Kenntnis setzen. Die Innenbehörde reagiert skeptisch. Und Probleme mit dem Datenschutz werden ebenfalls befürchtet.

Autofahrer, die Fahrzeuge widerrechtlich abstellen, müssen sich in Zukunft nicht nur vor Polizisten oder Mitarbeitern des Ordnungsamtes hüten. Auch Bürger könnten den Parksündern auf den Fersen sein. Mithilfe der App „Wegeheld“, die vor zehn Tagen freigeschaltet wurde, kann jeder Smartphone-Nutzer zum Ordnungshüter werden.

Die App funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Smartphone herausholen, Anwendung öffnen, Fahrzeugdaten notieren und ein Foto des falsch parkenden Autos schießen. Danach kann der Vorfall auf einem sozialen Netzwerk wie „Facebook“ oder „Twitter“ veröffentlicht werden. Ebenfalls können Nutzer den Vorfall dem zuständigen Ordnungsamt melden, nachdem der Standort der nächstgelegenen Behörde automatisch berechnet wurde.

Erste Nutzer in Bremen

In Bremen haben mehrere Nutzer bereits verschiedene Delikte gemeldet: „Fahrzeug auf Radweg/Radstreifen“, „Fahrzeug auf/vor Einfahrt/Ausfahrt“ oder „Fahrzeug auf Behindertenparkplatz“. Ein Bürger unter dem Nutzernamen „junnux“ meldete am 5. April um 11.11 Uhr, dass ein Auto in Vegesack, am Wilmannsberg 30, in zweiter Reihe parkt. Nach Angaben der Internetseite „Wegeheld“, die alle Delikte auf einer Stadtkarte speichert, hatte der Nutzer das Ordnungsamt davon in Kenntnis gesetzt.

Marita Wessel-Niepel, Leiterin des Stadtamtes, ist der Vorfall nicht bekannt. „Nach Überprüfung unserer Daten können wir keinen Eingang feststellen“, sagte die Leiterin gestern auf Nachfrage. Üblicherweise erhalten Ordnungsämter eine E-Mail, sobald der Nutzer den Vorfall postet. Weshalb dem Stadtamt das Delikt unbekannt ist, weiß Wessel-Niepel nicht.

Sollte allerdings ein Vorfall eingehen, verfährt die Behörde wie üblich. „Wir gehen jedem Hinweis nach – egal, wie er zu uns gelangt“, so Wessel-Niepel. Zunächst werde der Tatbestand geprüft. Danach wird eine Anhörung einberufen. Letztlich kann es zu einer Verwarnung oder zur Verhängung eines Bußgeldes kommen.

Die Bremer Innenbehörde teilt zwar die Auffassung, dass jeder Vorfall beurteilt werden müsse, allerdings äußert Rose-Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin der Behörde, Vorbehalte gegen die App. Bereits jetzt gebe es Bürger, die massenhaft Briefe und E-Mails an das Stadtamt schicken. „Manche schicken fünf bis sechs Anzeigen am Tag – manchmal von mäßiger Qualität“, so Gerdts-Schiffler.

165.000 Delikte pro Jahr

Ebenfalls werden Bedenken zum Datenschutz laut. Im Versenden von Fotos erkennt Harald Stelljes, stellvertretender Datenschutzbeauftragter in Bremen, einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz. „Fotos von falschparkenden Autos sind nur zulässig, wenn der Personenbezug nicht herstellbar ist.“ Unabhängig davon, ob das Kennzeichen auf den Fotos geschwärzt ist, seien Rückschlüsse auf den Halter schnell möglich. „Ein Beamter oder ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes muss zur Zieladresse gehen – und das Geheimnis ist gelüftet.“

Im vergangenen Jahr verzeichnete das Stadtamt Bremen über 165.000 Parkverstöße. 2012 waren es noch über 180.000 Delikte, 2011 sogar über 220.000. Marita Wessel-Niepel vermutet, das die rückläufigen Zahlen auf die Erhöhung der Verwarnungsgelder zurückzuführen sind. Das Bußgeld für einfache Parkverstöße wurde von fünf auf zehn Euro angehoben.

Die Entwickler der „Wegeheld“-App, die deutschlandweit nutzbar ist, machen nach eigenen Angaben andere Erfahrungen. „Parkverstöße nehmen immer mehr zu“, sagt Geschäftsführer Heinrich Strößenreuther. Entgegen der Bedenken, die App befördere Denunziantentum, sei die Anwendung eine Idee, Straßen und Gehwege sicherer zu machen. In den vergangenen Jahren hätte sich Falschparken zu einem Kavaliersdelikt entwickelt. „Es geht um das Thema Rücksicht. Und um Sicherheit.“ Viele Radfahrer und Fußgänger würden wegen der Rücksichtslosigkeit der Autofahrer leiden, so Strößenreuther.

Der Erfolg der App ist schlagend: In den ersten 48 Stunden wurde die Anwendung über 5000 Mal heruntergeladen. Mittlerweile liegt die Zahl der Nutzer bei etwa 13.000. Bundesweit wurden bislang über 600 Fälle über die App gemeldet.

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